19.12.2025

Das Interesse Gottes

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 4. Advent 2025 (Lesejahr A)

Liebe Schwestern und Brüder,

„ich werde um nichts bitten und den Herrn nicht versuchen“, so hörten wir es eben in der Lesung aus dem Mund von König Ahas. Vorsicht: Lassen wir uns nicht täuschen! Was hier bescheiden klingt ist nichts anderes als nackter Unglaube! Dieser König regierte im 8. Jh. in einer politisch sehr unsicheren Zeit. Die Bibel beschreibt ihn als einen der gottlosesten Könige Judas: er verehrte nicht nur fremde Götter, sondern war auch sonst ein eher schwacher König, der sich den mächtigen Nachbarreichen andiente. Vieles tat er für den Erhalt seiner Macht, nur eines nicht: Er vertraute nicht auf Gott! In einer großen Not kommt der Prophet Jesaja im Auftrag Gottes zu ihm und bietet Hilfe an: „Erbitte dir ein Zeichen“, lässt Gott ihm sagen. „Ich will nicht bitten/fordern und den Herrn nicht versuchen“ – Martin Buber übersetzt „ich will den Herrn nicht prüfen“ – und das bedeutet klar übersetzt: Ahas stellt Gottes Fähigkeit zu helfen in Frage! Ja, er lässt den Propheten „abblitzen“!

- „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen“, so beginnt die Präambel unseres Grundgesetzes. „In God we trust“, steht auf jeder US-Dollarnote. Wir könnten uns jetzt in endlosen Diskussionen darüber verlieren, inwieweit solche hehren Worte noch ein Fundament in unserem gesellschaftlichen Diskurs haben oder eher die Haltung ausdrücken „ich will den Herrn lieber nicht versuchen“! Aber bleiben wir hier in der Feier der Liturgie bei uns.

Wir gehen auf Weihnachten zu, auf das Fest, an dem wir einen „Erlöser“, einen „Retter“, einen „Heiland“ erwarten. Das sind so wunderbare Titel, die uns über die Jahrtausende überliefert und weitergegeben wurden, immer wieder neu gefüllt und bestätigt durch das Leben derer, die vor uns lebten und daraus Kraft schöpften. Dass wir hier miteinander Gottesdienst feiern zeigt ja erst einmal sehr deutlich, dass wir Gott einen Platz in unserem Leben einräumen, dass wir uns bemühen, ein Leben als Christen zu führen. Aber wir dürfen uns auch fragen: Wie weit geht mein, unser Vertrauen? Wage ich es, mein Leben Gott so anzuvertrauen, dass ich es wirklich aus Seiner Hand immer wieder neu empfange: in guten wie in schlechten Tagen; bei Lebenskrisen und Abbrüchen; in Nullpunkt-Situationen und Weggabelungen?

- Das Evangelium erzählt uns von Josef, der auch an einem kritischen Punkt seines Lebens angelangt ist. Er muss sich fragen, was er angesichts der vermeintlichen Untreue seiner Verlobten tun kann und soll. Es heißt, dass Josef „gerecht“ war, dass er also ein Mann war, der sein Leben an Gottes Geboten ausrichten wollte. Was soll er also in dieser sehr außergewöhnlichen Situation tun? Dafür gibt es keine Beispiele, keine Modelle, an denen er sich orientieren könnte. Was ist jetzt richtig? Ein Traum gibt ihm einen entscheidenden Hinweis. Ist er dadurch wirklich klüger? Zumindest wagt er so einen Sprung ins Ungewisse – seine „Gerechtigkeit“ lässt ihn mehr darauf vertrauen, dass Gott auch Ungewöhnliches fügen kann als darauf, seinem Instinkt zu folgen.

Liebe Schwestern und Brüder, Vertrauen in Gott ist nichts, was wir an Naturgesetzen oder vermeintlichen Beweisen lernen könnten. Es ist ein Sprung darüber hinaus, ein Sprung, der Gott Gott sein lässt, der eben nicht Teil unseres Systems ist.

Wir fragen, ob Gott wirklich die Macht hat, spürbar und machtvoll auf unsere Geschicke einzuwirken. König Ahas hat das für sich verneint – und er stand und steht mit dieser Haltung ganz sicher nicht alleine da.

Josef gibt Zeugnis von einer anderen Haltung. Es kann uns Christen nicht darum gehen zu beweisen, ob oder dass Gott Macht hat. Es geht darum zu bezeugen, welches Interesse Gott hat! Durch Jesus Christus wissen wir, dass Gott ein „Gott-mit-uns“ ist, dass ER wirklich Interesse hat und dies im ursprünglichen Sinn des Wortes: Inter-esse, dazwischen, dabei sein, mitten drin! Interesse am Menschen, an unserem Geschick, an meinem Lebensweg.

Dies zu glauben ist wirklich unglaublich! Nichts weniger aber ist die Botschaft von Weihnachten. Und in dieser Haltung muss dieses Fest nicht perfekt geplant und durchgeführt werden – es muss schlicht und einfach Platz für die Freude bleiben. Das reicht. Dann wird die Botschaft der Engel ankommen, die wir vielleicht schon leise hören können: Ehre sei Gott und Friede den Menschen.

Amen.

Fürbitten

Unseren Herrn Jesus Christus, dessen Ankunft wir erwarten, bitten wir:

  • Josef stand vor einer schwierigen Entscheidung als ihm ein Engel im Traum erschien: Wir bitten Dich für diejenigen, die sich in diesen Tagen sorgen, die um eine Lösung drängender Probleme ringen, die nach Orientierung Ausschau halten.
    (Christus, höre uns – Christus, erhöre uns)
  • Josef überlegte, sich in aller Stille von Maria zu trennen: Wir bitten für alle Paare, die es schwer miteinander haben und nicht wissen, wie es weitergehen soll.
  • In diesen Tagen wollen wir diejenigen nicht vergessen, die durch Krieg, Flucht, Vertreibung, Hunger und Not nicht wissen, wie es weitergehen kann. Lass ihre und unsere Hoffnung auf ein besseres Leben nicht vergeblich sein.
  • Wir bitten Dich auch für die Menschen, mit denen wir die kommenden Feiertage verbringen werden: Schenke uns die Aufmerksamkeit dafür, uns über die Anwesenheit Deines Geistes unter uns zu freuen.
  • Wir bitten Dich in diesen Tagen auch für unsere Verstorbenen, besonders für diejenigen, die seit dem letzten Weihnachtsfest von uns gegangen sind: dass sie im hellen Glanz Deines Lichtes leben dürfen.

Dir sei Dank mit dem Vater und dem Heiligen Geist in alle Ewigkeit.

Amen. 

Die verschiedenen Texte am 4. Advent des Lesejahres A finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.

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