15.08.2025
Vor Freude hüpfen
Liebe Schwestern und Brüder,
hat das heutige Fest etwas mit Hüpfen zu tun? Auf jeden Fall! Aber jetzt langsam. Worum geht es?
Ich glaube nicht, dass ich über die Bedeutung von Maria und ihre Verehrung hier in Hallgarten etwas sagen muss – das wäre wie „Eulen nach Athen tragen“! Ich möchte jetzt auch nicht einfach unseren „Kopf“ ansprechen, sondern helfen, dass wir uns miteinander richtig freuen können – über das, was wir da feiern!
Als Papst Pius XII. 1950 das Dogma von der Aufnahme Mariens in den Himmel verkündete, waren die orthodoxen Kirchen darüber etwas verwundert. Warum sollte etwas durch ein Dogma definiert werden, was doch „schon immer“ gefeiert wurde. Dabei muss ich erklären: In der Orthodoxen Kirche wird nicht so viel „definiert“ und „dogmatisiert“ wie bei uns in der lateinischen, der westlichen Kirche. Dort wird „gefeiert“ – in der Liturgie: Unzählige Hymnen werden über Maria gesungen, und die zentrale Ikone in einer Kirche stellt in der Regel Maria mit dem Kind dar. Diese Ikone macht deutlich: Gott wird durch Maria Mensch – und der Mensch, Maria, wird durch Christus gottähnlich!
So heißt der heutige Tag in der orthodoxen Kirche auch nicht „Himmelfahrt“ (oder besser: Aufnahme Mariens), sondern „Entschlafung“: Sie schläft im Tode wie wir alle ein – und „erwacht“ in den Armen Christi. Das ist das Entscheidende – und wir dürfen uns freuen, dass uns durch Maria der Weg gebahnt wurde, dass auch wir einmal aufwachen werden und uns darüber freuen können, dass es in Seinen Armen sein wird – denn: Maria steht ja nicht nur für sich allein, sie ist das Bild der ganzen Kirche!
- Aber: All das eben Gesagte hat ja doch wieder viel mit dem “Kopf“ zu tun – wo bleibt denn jetzt das „Hüpfen“?
Vom Hüpfen haben wir heute zweimal in den Lesungen gehört. Da sagt Elisabeth zu Maria: „Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. … Siehe, in dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib“! (Lk 1, 42ff.) Der Ungeborene hüpft voller Freude vor der, die das göttliche Kind in ihrem Leib trägt!
Das gab es schon einmal, das Hüpfen: wir hörten das in der 1. Lesung (ich wählte statt wie vorgesehen 1 Chr 15 die Parallele bei 2 Sam 6,12ff.!): Dort heißt es, dass König David die Bundeslade mit den 10 Geboten, die vorher in Feindeshand geraten war, in einem Triumphzug nach Jerusalem zurückbringt. Und bei der feierlichen Prozession tanzt er zur Musik voller Hingabe vor der Bundeslade, ja hier wird das Wort „hüpfen“ benutzt. In der jüdischen Übersetzung von Martin Buber heißt es sogar, dass David sich mit aller Kraft vor IHM drehte! Die Bundeslade, die 10 Gebote, versinnbildlicht die Anwesenheit Gottes. Kann man vor Gott tanzen, ja hüpfen und sich drehen? Macht man sich damit nicht lächerlich? So dachte Michal, die Tochter des früheren Königs Saul und sie verspottete David für dessen Tanz. Doch er antwortet: „Vor dem Herrn habe ich getanzt, für Ihn will ich mich gerne noch geringer machen“ (2 Sam 6,21f.) – und es heißt: Michal aber, die Tochter Sauls, bekam bis zu ihrem Tod kein Kind. Freude über Gott zu unterdrücken bedeutet also in gewisser Weise, unfruchtbar zu sein und zu bleiben!
Beim Evangelisten Lukas wird das Wort hüpfen im Sinne von „vor Freude hüpfen“ noch ein anderes Mal verwendet – und da rückt es uns nun näher: In den Seligpreisungen preist Jesus diejenigen selig, die von den Menschen gehasst und aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen werden, weil sie zu Ihm gehören: „Freut euch und jauchzt – wörtlich: hüpft vor Freude – an jenem Tag; euer Lohn im Himmel wird groß sein“ (Lk 6, 23).
Liebe Schwestern und Brüder, das heutige Fest wird in den katholischen Ländern und Regionen heute als großer Feiertag begangen, der wirklich von Freude gezeichnet ist – und ja: warum nicht auch „vor Freude hüpfen“! Freude darüber, dass wir in Maria etwas sehen, worauf auch wir zugehen. Mag das Leben aktuell auch beschwerlich sein, mit Sorgen beladen – es gibt etwas, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen: ein Fest, ein Finale, das uns vor Freude hüpfen lässt! Den Glauben zu bezeugen, hier bei uns, geschieht sicher auch durch das Wort. Aber viel glaubwürdiger ist es doch, wenn man uns überbordende Freude anmerkt, eine Freude, die uns auch zum Hüpfen bringt.
Amen
(Die Anregung, über das Hüpfen vor Gott nachzudenken, verdanke ich Papst Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) in: Die Tochter Zion, Johannes-Verlag 1977, 72ff.)
Fürbitten
Herr Jesus Christus, in Maria bist Du Mensch geworden und hast so unser Menschsein vergöttlicht. Wir bitten Dich:
- Lass in unserem Alltag immer mehr die Freude darüber spürbar werden, dass uns Deine Gegenwart unter uns geschenkt ist und wir alle unterwegs sind zu dem Fest, das Du uns bereiten willst.
(Du Sohn der Jungfrau Maria – Wir bitten dich, erhöre uns) - Wir bitten dich für alle, die von Leid, Sorgen und Kummer niedergedrückt sind. Lass sie auch durch uns Deine Nähe und Begleitung erfahren und schenke ihnen so neuen Lebensmut und Lebensfreude.
- Wir bitten Dich heute besonders darum, dass die Friedensbemühungen für die Ukraine den Krieg und das Blutvergießen beenden können und bitten Dich ebenso um Frieden und Versöhnung im Heiligen Land.
- Wir vertrauen Dir unsere Kranken und Sterbenden an, all die, die uns um das Gebet gebeten haben und die uns nahe stehen: Lass sie erfahren, dass sie in Deiner Sorge geborgen sind.
- Lass unserer Verstorbenen teilhaben an dem Fest, zu dem Du uns alle einmal einladen möchtest.
Dich, Barmherziger Vater, loben und preisen wir in Deinem Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist.
Amen.