04.07.2025

Die Bitte um Arbeiter für die Ernte – oder: Wofür werden sie gebraucht?

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 14. Sonntag des Jahreskreises (Lesejahr C)

Liebe Schwestern und Brüder,

als ich in der Vorbereitung für diese Predigt das Evangelium betrachtete, habe ich spontan etwas für mich Ungewöhnliches getan: ich öffnete die KI ChatGPT, die sich auf meinem Handy befindet, und fragte: „Jesus bittet uns im Evangelium, um Arbeiter für die Ernte zu bitten. Meine Frage: Wofür braucht es die Arbeiter? Was ist die Ernte?“

Die Antwort, die ich erhielt – von einer KI – ist bemerkenswert: „Jesus bittet im Evangelium, um Arbeiter für die Ernte zu beten, weil viele Menschen bereit sind, Gottes Liebe anzunehmen, aber es braucht Menschen, die ihnen davon erzählen und sie begleiten.“ Dabei, so die KI weiter, geht es gar nicht unbedingt um Amtsträger oder kirchliche Angestellte. Jeder, der das Evangelium weitergeben möchte, ist angesprochen – weil nur so Menschen, die die Botschaft Jeus nicht erreicht, von Jesu Liebe erfahren!

Wie sehr unterscheidet sich das von dem, wie wir bisher das Bitten um Arbeiter für die Ernte verstehen?! Denken wir nicht – und ich schließe mich da selbst natürlich ein! – dass es da um diejenigen geht, die dafür zuständig sind, dass unser kirchliches Leben in den Pfarreien weiter laufen kann, und haben so meist das Bild von Priestern im Kopf, die es immer weniger gibt?

Jesus spricht im Evangelium nicht davon, Gruppen, Kreise oder Gemeinden aufzubauen. ER sendet Seine Jünger vielmehr aus, um auf fremdem Terrain Zeugnis von der Frohen Botschaft zu geben und die Menschen in Kontakt mit der Liebe Gottes zu bringen, die sie noch nicht kennen.

Wenn wir heute diese Bitte Jesu um Arbeiter aufnehmen, so müssen wir uns fragen: Worum bitten wir? Was ist unser Anliegen? Und: Ist das auch das Anliegen Jesu? Die von mir befragte KI spricht von Menschen, die von der Liebe Gottes noch nichts gehört haben – und ich gehe davon aus, das für die Menschen, die sich hier bei uns in der Pfarrei aufhalten, die zu uns gehören, die Liebe Gottes nichts Fremdes ist!

- Aber auch die Antwort auf den zweiten Teil meiner Frage an die KI ist bemerkenswert: „Die Ernte im Evangelium meint: Menschen, die offen sind für Gott und bereit, sich auf ein Leben im Glauben einzulassen: es ist der Moment, in dem Menschen in die Gemeinschaft mit Gott gerufen werden, um Leben in Fülle zu empfangen, wenn sie ihr Herz für Gott öffnen“.

Auch hier wird deutlich: Es geht nicht um „Ernte“ hier bei uns. Es geht um die Ernte, die Gott durch uns bewirken kann – und zwar nicht hier, sondern „dort“, an Orten, die nicht durch das Leben unserer Pfarrei abgedeckt werden.

Ich möchte nicht missverstanden werden: Es ist verständlich, dass sich viele bei uns darum sorgen und mehr darum kümmern möchten, dass das, was in unserer Pfarrei und den Kirchorten noch lebt, erhalten bleibt. Das macht Heimat aus. Und hier ist immer wieder auch Enttäuschung zu spüren, dass es nicht mehr so ist, wie es einmal war. Da gibt es die Hoffnung, dass wir das Steuer doch noch herumreißen könnten. Ob das möglich ist oder nicht, darüber kann ich nichts sagen. Ich entdecke aber, dass uns das Evangelium zu einer anderen Blickrichtung einlädt: Eine Ernte, die wir möglicherweise viel zu wenig im Blick haben; ein Anliegen Jesu, das ER mit uns teilen möchte.

Dazu gehört Mut! Über den Glauben zu sprechen empfinden viele als sehr schwierig, als sehr privat, ja intim. Es geht aber dabei doch nicht darum, dass wir anderen Glaubenssätze um die Ohren hauen oder das Glaubensbekenntnis aufsagen. Es ist die Einladung, von einer Beziehung zu sprechen, die uns selbst wichtig, ja überlebenswichtig geworden ist; von einer Freundschaft, ja einer Liebe, die unser Leben prägt und trägt. Es geht darum, ins Wort zu bringen, wo Lebenswunden geheilt werden können, wo und wie Einsamkeit überwunden werden kann.

Meine Erfahrung ist: Danach sehnen sich Menschen –  Menschen außerhalb unseres Gesichtsfeldes. Und ich verstehe das heutige Evangelium so, dass Jesus auch uns dorthin senden möchte. Wenn ER der Auftraggeber ist, dann bin ich sicher, dass auch wir – wie die Jünger damals – mit einer Erfahrung zurück kommen, die wir nicht für möglich gehalten haben. Und damit letztlich auch das Leben unserer Pfarrei bereichern!

Amen.

Fürbitten

Unseren Herrn Jesus Christus, der uns sendet, Seine Nähe den Menschen zu bezeugen, bitten wir:

  • Wir bitten Dich für Deine Kirche weltweit, dass sie die Botschaft Deiner befreienden Nähe, Deines Friedens, überall glaubwürdig verkünden und bezeugen kann.
    (Christus, höre uns – Christus, erhöre uns)
  • Wir bitten Dich für Deine Kirche und alle, die in ihr ein Amt innehaben: Lass sie selbst aus der Freiheit leben, die Deine Nähe schenkt, und so glaubwürdige Zeugen Deiner Freundschaft sein.
  • Wir bitten Dich für die Krisen- und Konfliktgebiete unserer Welt, dass der Friede in die Herzen der Menschen einziehen kann.
  • Wir bitten Dich für die, die in diesen Tagen Erholung suchen: vertiefe ihre Lebenskraft, erneure ihre Lebensfreude und lass sie gesund wieder nach Hause kommen.
  • Führe unsere Verstorbenen in das Reich der Friedens, das Du uns allen verheißen hast.

Dir, dem allmächtigen Vater, sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.

Amen.

Die verschiedenen Texte vom 14. Sonntag des Jahreskreises des Lesejahres C finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.

Zum Anfang der Seite springen