12.08.2025
Sommerausflug Pilger der Hoffnung
In seiner nunmehr 4. Auflage führte der Sommerausflug den Ortsausschuss Erbach (OA & friends) erneut nach Vallendar. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre und im Bestreben nach CO2-Neutralität (zumindest weitest möglich), aber auch dem Wunsch neue Wege zu suchen, kamen wir auf die Idee in diesem Jahr, den Lahn-Radweg zu nutzen.
Erbach - Limburg: Eine Zugfahrt die ist Lustig
Bekanntlich liegt Erbach ja nicht an der Lahn, somit musste eine Zugreise vorgeschaltet werden. Am Samstag, dem 12. Juli 2025 treffen sich acht mutige Pilger/innen um 7 Uhr am Bahnsteig 1 des Bahnhofs Erbach. Mit der VIAS-Bahn geht es nach Wiesbaden Hbf. Für den Umstieg in die HLB nach Niedernhausen haben wir genügend Zeit, das sollte kein Problem sein. Dachten wir! Der Zug der HLB hat aber nur zwei Wagen, von denen der eine überdies defekte Türen hat. Der Zugführer wollte überdies die Mitnahme von 8 Fahrrädern verweigeren, obwohl ansonsten nur eine Handvoll weiterer Personen mitreisen möchten.
Die Fahrräder versperrten die Fluchtwege und überhaupt … Martina als Pilgerin der Hoffnung stellt sich mutig der Diskussion. Sie erläutert unsere Reisepläne und verweist auf unser Ticket, das es nicht zulasse, die Gruppe auf verschiedene Züge aufzuteilen. Schließlich hat der Zugbegleiter dann doch ein Einsehen und öffnet manuell die defekte Tür, so dass alle Fahrräder mitsamt ihren Fahrerinnen und Fahrern mitgenommen werden konnten. Halleluja!
Die kleinste Hoffnung ist besser als die schlimmste Befürchtung. Quelle: Mark Twain
Etwas verspätet fährt der Zug los und kommt dann auch etwas verspätet in Niedernhausen an. Die Umstiegszeit in den RE nach Limburg beträgt hier nur 3 Minuten. Wir steigen aus, als der RE gerade am gleichen Bahnsteig gegenüber einfährt: Punktlandung!
Limburg - Vallendar: Ein Weg für die Götter
Taktisch clever verlassen wir den Zug bereits in Limburg Eschhofen. Hier sind es nur wenige hundert Meter, bis wir die Lahn erreichen. Eine moderne Fußgängerbrücke bringt uns zur rechten Flussseite direkt zum Radfernweg. Wir unterqueren die imposanten Brückenbauwerke der ICE-Strecke Ffm.-Köln und der BAB A3 und haben an der Schleuse einen wundervollen Blick auf den Limburger Dom gegenüber. Etwas strubbelig (wir hätten über die alte Lahnbrücke fahren müssen) geht es durch ein Gewerbegebiet nach Limburg-Staffel. Wo verläuft unser Radweg? Aufmerksame Augenpaare finden die Hinweisschilder. Ab Staffel geht es durch Wiesen und Gärten am Schloss Oranienstein vorbei nach Diez. Wir haben Hessen verlassen und befinden uns nun in Rheinland-Pfalz. Ungeplant legen wir nach den ganzen Aufregungen eine kleine Kaffeepause ein.
Der anschließende Teil des Radweges entlang des Flusses ist für die meisten von uns Neuland. Die idyllische Flusslandschaft zwischen Diez und Nassau ist von überwältigender Schönheit. An vielen Stellen sind die Fahrradfahrer und die Paddler die einzigen Nutznießer dieser Schönheit, wenn die Straßen das Flusstal wegen seiner Enge und Schleifen meiden, und selbst die Bahn Abkürzungen durch Tunnel sucht. Das satte Grün der Wiesen und Wälder und die Ruhe des Flusses haben wir exklusiv. Leider haben wir keine Zeit für die ersten reifen Brombeeren am Wegesrand.
Das Jahr steht auf der Höhe, die große Waage ruht. Quelle: Gotteslob Lied 465

Balduinstein mit Blick auf die Schaumburg, Geilnau, Laurenburg und Obernhof sind die nächsten Orte an der Lahn, die wir erreichen. Zwei neu gebaute Radwegebrücken über den Fluss erlauben mittlerweile die Durchfahrung des Naturschutzgebietes in Tuchfühlung zum Fluss, wo früher noch ein anstrengender Anstieg aus dem Tal nach Scheidt und eine rasante Abfahrt nach Laurenburg erforderlich war. In Obernhof wechseln wir auf die linke Flussseite. Schluss mit lustig! Es folgt ein mühsamer Aufstieg zum Kloster Arnstein und danach ein ebenso mühsam welliger Weg durch den Wald oberhalb des Flusses. Wir sind froh, als wir die Burg erblicken, die oberhalb Nassaus thront. Sicherlich hätte das schöne Städtchen Nassau mehr von unserer Aufmerksamkeit verdient, aber wir kümmern uns vorrangig um unsere Erholung und Verpflegung im Eiscafe.
Der weitere Weg entlang der Lahn ist weniger spektakulär. Recht zügig erreichen wir Bad Ems. Manfred und Theo referieren über ihre Kenntnisse zur Bedeutung des Ortes in der deutsch-französischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Bald darauf erreichen wir die Mündung der Lahn in den Rhein und folgen nun dessen Verlauf am rechten Ufer. Obwohl die Bauarbeiten an der Brücke der B42 über die Lahn weitgehend abgeschlossen sind, ist der Weg für Radfahrer immer noch kompliziert (Grund sind die Arbeiten an den Auffahrtsrampen der Rheinbrücken) und erfordern
unsere ganze Aufmerksamkeit. So bleibt die historische Grenze zwischen Niederlahnstein (bis 1866 zum Herzogtum Nassau gehörend) und Koblenz-Horchheim (ehedem preußisch) unbeachtet, obwohl sie noch heute die Grenze zwischen den Bistümern Limburg und Trier bildet. Jetzt trennen uns nur noch einige Kilometer von unserem Ziel für heute, dem Gästehaus-Vizenz-Pallotti in Vallendar, das wir um 17 Uhr erreichen. Insgesamt sind wir heute etwa 88 Km mit dem Rad
gefahren!
Die aber auf den Herrn hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Flügel. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt. Quelle: Jesaja 40,31
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Vallendar: Gemeinsame Impulse
Christiane, Elke, Judith und Michaela kommen hinzu. Sie haben eine Fahrgemeinschaft mit dem Auto gebildet, um unsere Gemeinschaft zu vervollständigen. Das schöne Wetter lädt dazu ein, im Park zusammen zu sitzen, um das Evangelium des Sonntags, die Erzählung vom barmherzigen Samariter, zu reflektieren. Die moderne Technik ermöglicht uns, die Fürbitten der parallel stattfindenden Vorabendmesse in St. Markus, Erbach zu hören (vorgetragen von David und Marcus), in denen unsere Gemeinde an uns denkt, und eine Grußbotschaft von Pater Eric aus seiner Heimat in Kanada zu empfangen.
Vallendar - Erbach: Am Wegesrand trafen sie …
Den Sonntagmorgen nutzen wir für ein Rollenspiel, das Judith moderiert. Wir versetzen uns in die Rollen und Haltungen der Protagonisten des Evangeliums und gelangen dadurch zu anderen Sichtweisen auf diese Erzählung, die wir seit Kindestagen hören und zu kennen glauben.
Danach kehren wir nach Erbach zurück. Während die Autogruppe ihre Fahrt im selben Eiscafe unterbricht, welches die Radfahrenden am Vortag besucht haben, überquert die Radgruppe den Rhein nach Koblenz und gelangt linksrheinisch zur Autofähre bei Ingelheim, die sie nach Mittelheim bringt. Auf der Sitzbank am Leinpfad vor der DLRG Wasserrettungsstation Oestrich treffen wir unverhofft David an, der uns auch in diesem Jahr überrascht. Am frühen Morgen ist er wie im letzten Jahr mit dem Fahrrad rechtsrheinisch am Rhein entlang nach Vallendar gefahren, hat dort die hl. Messe für „ausgeschlafene Christen“ (sic!) um 11:30 Uhr besucht und ist dann ebenfalls linksrheinisch mit dem Rad zurückgefahren, aber bereits in Bingen mit der Fähre übergesetzt und hat so einen sonst eher aus der Formel 1 bekannten "Undercut" vollzogen.

Erbach - Vallendar: Der zweite Versuch
Er schreibt dazu: Die Pallottikirche schließt über den Sommer, das hatte ich Samstagsabend nach der Messe in Erbach auf der Homepage gelesen, stattdessen findet die Messe oben in der Hochschulkirche statt, also genau dort wo die Radlergruppe übernachtet, und überdies auch noch eine halbe Stunde später als sonst! Ideale Bedingungen also um mein Scheitern vom letzten Jahr wettzumachen: Im letzten Jahr hatte ich ja etwas nach Kamp-Bornhofen (aber vor Filsen mit der Radwegekirche) eine Wäscheklammerfeder mit dem Vorderreifen aufgesammelt, der infolgedessen schnell an Luft verlor und gewechselt werden musste, was Unmengen an Zeit fraß und in dessen Folge ich verspätet und etwas zerknirscht in der Messe ankam.
Das konnte ich so natürlich nicht auf mir sitzen lassen! Die 90km bei 20km/h machen 4h 30min Fahrzeit + 30min Pause + 30min Puffer. Wenn man also um 11:30 Uhr da sein möchte, ist das Ausschlafen für diesen "Gottesdienst für ausgeschlafene Christen" eben nur im übertragenen Sinne gemeint. Nebenstehend auf der Karte sehen sie die Strecke, die blauen Punkte sind Pausen, wobei deren Anzahl ab Oberlahnstein signifikant zunimmt: Ab dort sind es nämlich fast nur noch Ortsdurchfahrten was mit Ampeln, Umleitungen und Baustellen einhergeht, die oft in Standzeiten (auch Pausen genannt) münden. Persönliches Highlight: Ein 200m langer Radweg von der Lahnbrücke an die Lahn, der erst eine mehrspurige Straße kreuzt, dann eine 180° Wende über einen Parkplatz führt und schließlich nach einer weiteren Straßenkreuzung ohne Vorwarnung nur noch von Fußgängern benutzt werden darf, ersichtlich an den Umlaufgittern und dem blauen Fußgängerschild. Einer Passantin, der ich wohl ob dieses Schildbürgerstreiches leid tat und mir den (Rad)Weg wies war sichtlich amüsiert darüber, dass ich tatsächlich versuchte mich an Schilder zu halten. Das würde hier sonst niemand tun und fragte, ob ich den von weit weg käme.
Trotzdem erreichte ich schließlich Vallendar unfallfrei, ohne ungeplante Verzögerungen und sogar eine gute Stunde zu früh, da ich trotz der Ortsdurchfahrten auf ganze 22km/h Durchschnitt kam, also 30min weniger Fahrzeit. Die gewonnene Zeit investierte ich sodann in einen kurzen Besuch beim örtlichen Bäcker. Mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt: Die Radlergruppe besucht den Gottesdienst nicht, da er doch sehr spät ist und man um die Zeit wieder unterwegs sein wollte. So kam es wie es kommen musste: Während ich drinnen in der Kirche auf den Beginn der Messe wartete, fuhr draußen vor der Kirche die Radlergruppe los. So berichtete mir zumindest eine Gottesdienstbesucherin später, während wir den kurzen Regenschauer nach der Messe abwarteten.

Vallendar - Erbach: Zurück auf Anfang?
Das Wetter wurde besser und meine Laune war keineswegs getrübt: Wie auch, die Messe hatte mir gut gefallen, auch ohne den restlichen Ortsausschuss. Aber stimmt schon, wenn man erst um 13 Uhr in Vallendar losfährt: Wann will man den da zu Hause ankommen?!
Mit den selben Gedanken, die mich auch auf der Hinfahrt beschäftigten und doch verändert durch den bisherigen Weg und die Erlebnisse, machte ich mich daher dann auch auf den Rückweg, allerdings etwas zielloser als auf dem Hinweg, da ich ja wusste, dass durch die Baustelle in Rüdesheim rechtsrheinisch der Weg versperrt wäre – wenn ich nach 150km nicht zufällig noch die Kraft aufbringen würde bergan über das Niederwalddenkmal zu fahren…
Durch diverse Umleitungen gelangte ich aber unverhofft plötzlich auf eine kleine Bahn & Fußgänger-Brücke über den Rhein und so fuhr ich dann gemütlich mit nur noch 20km/h Durchschnitt und ein paar mehr Pausen auf der anderen Seite Richtung Heimat. Lustig wäre es ja schon, wenn ich die anderen Radler doch noch treffen würde, aber doch etwas unwahrscheinlich, wusste ich ja nicht mal welchen Weg sie genommen hatten…
Am Lenkrad habe ich eine kleine Dashcam montiert. Leider hatte ich nicht an zusätzliche Speicherkarten gedacht, sodass die Hinfahrt überschrieben wurde und nur Impressionen von der Rückfahrt verbleiben… in durchwachsener Bildqualität, aber das kann auch seinen ganz eigenen Charme haben…
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Eigentlich schon ganz schön verrückt: 180km Radfahren nur für den Besuch eines Gottesdienstes. "Auf so Ideen kannst aber auch nur du kommen" hätte meine kürzlich verstorbene Grußmutter gesagt. "Kennst doch deinen Enkel" hatte ich noch nach dem Besuch von Eschborn-Frankfurt am 1. Mai (den meisten wohl noch als "Rund um den Henninger-Turm" bekannt) geantwortet – natürlich mit dem Rad, sind ja auch nur 60km bis dahin. Von dort hatte ich eine Trinkflasche mitgebracht, aus der ich jetzt in Oestrich auf der Bank am DLRG Häuschen lächelnd den letzten Schluck nahm.
Als es plötzlich "David?!" schallte – just in diesem Moment war das Unmögliche eingetreten: Die Radlergruppe hatte mich eingeholt, obwohl ich später losgefahren war – Wirklich verrückt! Zwar bedurfte ich keiner Hilfe, trotzdem ließ es die Gruppe sich nicht nehmen, auf dass sich das Schriftwort des heutigen Evangeliums erfülle:
[Sie] brachte[n] ihn zu einer Herberge und sorgte[n] für ihn. Quelle: Lukas 10, 34b
Nach 180 gefahreren Kilometern an diesem Tag in 8 Stunden und 30 Minuten (plus 1 Stunde und 30 Minuten Pause unterwegs) war dann doch langsam nicht nur die Wasserflasche (und der Rucksack mit Nachschub) leer. Obwohl ich sagen muss: Außer einem leichten Sonnenbrand auf den Knien (eingecremt hatte ich nur die Arme…) war ich völlig Beschwerde frei – dabei fahre ich sonst deutlich weniger km … im ganzen Monat! Den anderen Radlerinnen und Radlern ging es da sicher ähnlich. An dieser Stelle sei daher erneut auf Jesaja 40,31 verwiesen:
Die aber auf den Herrn hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Flügel. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt. Quelle: Jesaja 40,31

Fazit – oder: Auf ein Neues?
Ob alleine oder in der Gruppe auf dem Rad, bzw. in der Fahrgemeinschaft: Unsere Wallfahrt nach Vallendar eröffnete uns die Möglichkeit über unser Leben nachzudenken, uns auszutauschen und somit neue Hoffnung und Kraft für die Arbeit in der Gemeinde zu schöpfen.
Wenn dieser Rückblick nun bei Ihnen Interesse geweckt hat: Auch im nächsten Jahr machen sich sicher wieder Gruppen auf den Weg mit Auto, Zug oder Fahrrad – sprechen Sie uns einfach an, es dürfen gerne weitere Mitglieder aus unserer großen Pfarreigemeinde dazustoßen. Nicht umsonst heißt es: "OA and friends".
Wie sie sehen, ist ja auch für alle etwas dabei: Ob nun mit dem Auto dazukommen, mit dem Fahrrad an der ganzen Tour teilnehmen oder eventuell doch mit der Bahn abkürzen (die Streckenplaner achten darauf, dass dies möglich ist im Falle eines Falles). Selbst (über)ambitionierte Radfahrer finden die gewünschte Herausforderung in dem sie kurzerhand alles an einem Tag fahren.
So oder so sind wir alle gemeinsam unterwegs, mit auch teils ganz unterschiedlichen Herangehensweisen, aber schließlich mit dem gleichen Ziel. Das gibt uns Hoffnung für die Zukunft – Ihnen auch?
Impressum
Der Rückblick stammt von Theo Müller für die Radlergruppe bzw. von David Kalnischkies insofern es seinen Einschub zu seiner eigenen Rundreise betrifft. Er übernahm auch die finale Ausgestaltung des Artikels im Ganzen. Für die Bilder sind die Urheber jeweils direkt angegeben.