06.06.2025
Pilger der Hoffnung – Festmesse in Kloster Eberbach
Liebe Schwestern und Brüder,
mit dem heutigen Evangelium sind wir wieder am Ostersonntag angekommen. Jesus ist da. Auferstanden. Mitten unter Seinen Jüngern. Unglaublich. Dabei war alle Hoffnung gestorben – vorher, am Karfreitag. Träume, Wünsche wie es hätte werden können – es wäre doch möglich gewesen, doch kam es dann völlig anders. Mit all dem fertigzuwerden, die Trauer auszuhalten, war bestimmt nicht leicht. Und ich kann mir vorstellen, dass bei dem einen oder anderen sich auch berechtigt oder unberechtigt ein Schuldgefühl gemeldet hatte. So etwas kann eine Gruppe sprengen. Aber sie blieben zusammen – außer einem, der bei diesem Abend nicht dabei war.
Und plötzlich ist ER da. Und das Erste, was Er sagt, was ER schenkt: Friede sei mit euch. Shalom. Es ist alles in Ordnung. Der Friede, die Zuversicht, die ihr nur bei Gott findet, die Er euch schenkt, lasst sie auch in euer Miteinander einfließen. Geht, macht diese Zuversicht bekannt.
- Leben nach Ostern. Das kann wirklich ein Leben sein, das anders ist, das der Hoffnung Raum gibt. Aber Moment: heißt das, man muss nur Hoffnung haben und dann wird alles gut: Jede Krise im Leben, im privaten Umfeld, im Beruf – alles löst sich in Wohlgefallen auf, alles wird gut? Es wäre ein fatales Missverständnis, würden wir so glauben und würden wir das so verkünden. Denn da würde etwas ganz Entscheidendes fehlen und damit nur Enttäuschung produzieren!

„Pilger der Hoffnung“ – Sie sehen es auf Ihrem Liederheft: Da sehen wir nicht nur eine Gruppe, die Halt aneinander findet. Der entscheidende Anker ist das Kreuz, ist Christus selbst. An Ihm halte ich mich, halten wir uns fest und so können wir unterwegs sein – als Kirche, als Glaubende. Und das nicht nur, wenn alles rund läuft, also bei gutem Wetter, sondern gerade auch bei Flaute oder gar im Sturm. In die Hoffnungslosigkeit des Abendmahlssaales kommt nicht irgendetwas – da kommt ER. Und ER tröstet nicht nur – Shalom – sondern ER gibt auch eine Richtung: Nichts wird so, wie es vorher war, aber gemeinsam mit MIR wird alles gut. Ich sende euch. Ich gehe mit euch!
- Ist das nicht eine Botschaft, die wir heute aus dieser alten Klosterbasilika nicht nur nach Hause tragen können, sondern auch an die Menschen um uns herum weitergeben dürfen? Gemeinsam mit IHM wird alles gut. Nicht so, dass meine oder unserer Vorstellungen, Hoffnungen und Erwartungen erfüllt würden; nicht so, dass meine oder unsere Sorgen und Ängste sich einfach auflösen und es dann wieder „schön“ ist. Nein. Es wird so, wie es sein soll. Und damit ist es gut. Das Kreuz zieht mich nicht in den Tod, es zieht mich, uns nach vorne! Damit sind wir Pilger der Hoffnung, auf Hoffnung hin. Pilger, die hinter Christus herlaufen.
Und wie es das Logo des Heiligen Jahres so einfach zeigt: wir sind dabei ganz unterschiedlich, bunt, groß und klein. Wir haben unterschiedliche Meinungen zu unterschiedlichen Themen, es gibt unterschiedliche Zugänge und Zuständigkeiten, aber uns eint die Treue zu Christus. Wir hängen aneinander, der eine gibt dem anderen Halt: Vertrau auf Christus! Dann wird alles gut!
- Und so lassen Sie uns auch anschauen, wozu Christus die Jünger – uns alle hier – sendet und wofür Er Seinen Geist gibt. Wir hörten es eben (im Johannesevangelium fallen Ostern und Pfingsten zusammen): Vergebt, erlasst den Menschen die Sünde!
Ich weiß um den Missbrauch dieses Wortes und so möchte ich gleich zum eigentlichen Kern kommen: Sünde ist es, Gott aus der Gleichung meines Lebens herauszunehmen; IHN keine Rolle mehr spielen zu lassen, IHM nicht zu vertrauen – aus welchen Gründen auch immer. Und wenn ich Gott keine Rolle mehr in meinem Leben spielen lasse, dann lasse ich Ihn nicht mehr an mir handeln und in der Konsequenz verfehle ich mein Leben. Das meint Sünde. Absonderung – Absonderung vom Lebensstrom, der nur in Gott zu finden ist.
Genau da einander zu helfen, um Vertrauen wieder wachsen zu lassen. Nicht als Besserwisser, sondern durchaus auch so, dass wir unsere eigenen Wunden und Verletzungen ins Spiel bringen. Wunden, von denen wir wissen, dass sie dadurch heilen konnten, weil Christus wieder neu an uns herankommen konnte.
Wie werden es gleich die Kinder singen: „Es gab eine Zeit, da ging gar nichts mehr – da sagte eine Stimme in mir: da ist noch so, ja noch so, da ist noch so viel, ja noch so viel Hoffnung in mir“ – weil Christus in mir lebt, in mir, dem Pilger der Hoffnung.
Amen.