Sein Licht lässt uns Hoffnung leben
Die Texte in der Heiligen Nacht des Lesejahres B, die Lesungen (Jes 9, 1–6 und Tit 2, 11–14) und das Evangelium (Lk 2, 1–14), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache. Dort finden Sie auch die Texte des 4. Advents und weitere für Feiern an Weihnachten.
Liebe Schwestern und Brüder,
von Stiefeln, die dröhnend daherstampfen, von Mänteln, die im Blut gewälzt sind (vgl. Jes 9,4): Kann man, darf man an Weihnachten davon sprechen? Bei diesem Fest der Liebem, des Friedens? Ob man es darf, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir es müssen, denn es geht um IHN, um Jesus Christus, den Gottessohn, der gekommen ist, um einer von uns zu werden: ganz und gar, mit Haut und Haar. Und ER tat es in einem Stall, in Bethlehem – heute ist das das Westjordanland und da stampfen Stiefel, ist die Welt in Blut getränkt, da regiert der Hass!
Wie kann ich Sein Geburtsfest feiern, ohne daran zu denken, ohne das zu erwähnen?! Die Nacht, in der Er kam, war auch nicht heil – sie war heilig!
- Was soll diese Botschaft, heute; dass ein Kind geboren ist?! Friedensabkommen wären besser und wir könnten beruhigter feiern. Meinen wir Christen es wirklich ernst, wenn wir sagen, dass die Antwort auf so viel Unheil ein neugeborenes Kind ist? Wer will denn mit einem Kind eine kaputte Beziehung kitten?
- Schauen wir doch hin: Was hat diese Geburt im Stall unsere Welt verändert – was hat dieses Licht (das „Licht von Bethlehem“ befindet sich dieses Jahr wieder in unserer Kirche!) die Welt hell gemacht. Dass wir vom Menschen und seiner Würde sprechen, dass wir vom Recht des Kranken und Schwachen sprechen; dass es Menschenrechte gibt, Armenfürsorge und das Sprechen von sozialer Gerechtigkeit. Dass wir als Gesellschaft – und als Religionsgemeinschaft! – bereit sind zu lernen, dass Liebe viele Facetten hat: All das ist diesem Kind, diesem Licht zu verdanken, dass uns morgen als das WORT entgegenkommen wird, das in unser Fleisch kam.
- Schön, aber das reicht doch nicht. Da ist doch noch so viel im Argen, noch so viel zu heilen, dem Frieden an so vielen Ecken und Enden der Boden zu bereiten. Dieses Licht: Es muss die Welt noch viel mehr erhellen. Es reicht noch längst nicht …
Und genau das geschieht an Weihnachten wieder: Wir tragen das Licht aus Bethlehem nach Hause und dann – ja was dann?
- In der Lesung aus dem Titusbrief hörten wir eben: „Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten“ – dadurch sollen wir „besonnen, recht und fromm“ in dieser Welt leben, während wir auf die Erfüllung unserer Hoffnung warten. Welcher Hoffnung? Der Hoffnung auf das Erscheinen der Herrlichkeit unseren großen Gottes und Retter! (vgl. Tit 211ff).
Wenn wir wirklich Weihnachten feiern, wenn wir es zulassen, dass Weihnachten uns auch weiterhin verwandelt, dann leben wir diese Hoffnung. Hoffnung leben meint, meine, unsere Realität jetzt schon so zu leben, dass Wirklichkeit werden kann, was heute Nacht die Engel verkünden: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden“ (vgl. Lk 2,14).
- Nein, wir hier können jetzt die Konflikte im Heiligen Land, in der Ukraine oder sonst wo nicht lösen. Aber wir können entscheiden dazu beitragen, dass sie lösbar werden, indem wir dieses Licht weitergeben und so die Finsternis der Herzen und Meinungen erhellen. Dann kann die Nacht dem Morgen weichen. Dann kann sichtbar werden, wer unter uns schon längst am Wirken ist.
Wir feiern Heilige Nacht – und setzen allem Unheiligen Sein Wort entgegen. Und wir nehmen dieses Wort auf, sagen es weiter, leben es weiter. Wie kann das geschehen?
Ein alter Rabbi fragt seine Schüler: „Wie bestimmt man die Stunde, in er die Nacht endet und der Tag beginnt?“ „Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?“, meint da einer. „Nein“, sagt der Rabbi. „Ist es, wenn man einen Apfelbaum von einem Feigenbaum unterschieden kann?“, fragt ein anderer. „Nein“, sagt der Rabbi wieder. „Die Nacht endet, wenn du in das Gesicht eines Fremden schaust und darin das Gesicht deines Bruders, deiner Schwester erkennst!“ (aus den Erzählungen der Chassidim)
Es ist dieses Licht, das ihn mich sehen lässt: den Bruder, die Schwester.
Diese Hoffnung will ich leben. Das ist mein Geschenk an Seinem Geburtstag.
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der Mensch geworden ist und uns einlädt, Ihn in unserer Welt groß werden zu lassen, bitten wir:
- Für alle Christen, dass wir das Licht Deiner Gegenwart in unserer Welt verbreiten können, und so denen neue Hoffnung schenken, deren Leben von Finsternis geprägt ist.
(Christus, höre uns - oder: gesungener Ruf) - Für alle, die unter Krieg und Verfolgung leiden und sich nach Frieden sehnen; für die, die auch bei uns unter materieller Not leiden und für all die, die heute in besonderer Weise ihre Dunkelheiten und Einsamkeit spüren: Lass sie Deine Nähe erfahren.
- Für Deine ganze Kirche, unseren Papst Franziskus und alle Hirten, dass sie in Wachsamkeit gegenüber den Zeichen der Zeit Deine Frohe Botschaft der Barmherzigkeit glaubwürdig vorleben und verkünden.
- Für die Männer und Frauen, die die Geschicke dieser Welt in Politik und Wirtschaft mitbestimmen: Öffne sie für Deinen Geist des Friedens und der Verständigung und hilf ihnen, Entscheidungen zum Wohle aller zu treffen.
- Wir bitten Dich für alle Menschen, denen wir uns heute auf besondere Weise verbunden fühlen und vertrauen Dir unsere Verstorbenen an. Sei besonders denen nahe, die einen nahen Menschen verloren haben und an diesem Fest schmerzlich vermissen.
(Kurze Stille)
In der Freude über Deine Nähe loben und preisen wir Dich mit dem Vater und dem Heiligen Geist von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.