Kultur der Achtsamkeit - Schutzkonzept implementiert
Es tut sich was! Betroffene hören – Missbrauch verhindern
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
im Jahr 2010 tritt der Leiter des Canisius-Kollegs der Jesuiten in Berlin, Pater Klaus Mertes, an die Öffentlichkeit und macht den Missbrauchsskandal an seiner Schule bekannt. Pater Klaus Mertes tritt damit aus einer Sprachlosigkeit und bringt einen Stein ins Rollen. An vielen Stellen und Orten tritt eine Betroffenheit zu Tage, die Menschen aufrüttelt.
Daraufhin folgen viele Studien und Gutachten, Betroffene werden gehört und daraus entwickelt sich ein Umgang, der uns Menschen Wege zeigt, gegen Missbrauch aufzustehen. Eine Folge von diesem ersten Schritt war es, dass in unserem Bistum eine Präventionsordnung entstanden ist. Hierzu gehört, dass es in jeder Pfarrei mindestens eine geschulte Fachkraft zur Prävention vor Missbrauch gibt. Die Schulungen beginnen im Jahr 2012, und seitdem bin ich mit Eberhard Vogt und später dann auch mit Petra Schleider im Bereich der Präventionsarbeit tätig, die sich stetig weiter entwickelt hat. Unser Schutzkonzept, welches auch ein wichtiger Baustein auf diesem Weg darstellt, kennen Sie. Ich muss gestehen, dass es auch mir schwerfällt, nicht wieder in eine Form der Sprachlosigkeit zu gelangen. Immer wieder muss ich das Schutzkonzept und die damit verbundenen Aufgaben in Gruppierungen einbringen und Menschen auffordern, dieses anzuerkennen und auch umzusetzen.
Bei Elternabenden zur Erstkommunionvorbereitung berichte ich davon. Wenn Eltern sich ehrenamtlich an der Vorbereitung der Kinder beteiligen, muss ich sie dann auch auffordern, das Schutzkonzept anzuerkennen und eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Alle, die beim Wochenende zur Betreuung der Kinder mitfahren, müssen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Hinzu kommen nun noch Schulungen. Hier wird eingeübt, das rechte Maß von Nähe und Distanz zu haben. Weitere wichtige Aspekte bei der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und schutzbefohlenen Erwachsenen sind Teil dieser Schulung. Was mich immer wieder dabei erstaunt ist, wie Eltern darauf reagieren. Sie fühlen sich in keinster Weise bedrängt oder generalverdächtigt. Sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Wie selbstverständlich erklären sie sich bereit, all diese Maßnahmen anzunehmen und umzusetzen. Im letzten Kurs haben sich Familien bei uns dafür bedankt, dass wir auf diese Weise tätig sind. Eine Familie berichtete davon, dass sie ihre Kinder eigentlich nicht zur Kommunion gehen lassen wollten, weil sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche nicht mehr vertrauen. Dies hatte große Auseinandersetzungen innerhalb der Familie zur Folge. Unsere Präventionsarbeit war mit der Grund, warum sie wieder Vertrauen in die Kirche gewonnen haben. Ihre Kinder und mit ihnen viele andere sind auf die Kommunion vorbereitet worden. Die Eltern hatten das Gefühl wir geben den Kindern einen Raum, in denen sie sich sicher fühlen können.
Eine weiter sehr positive und Mut machende Erfahrung konnte ich mit den Teams der Zeltlager und der Fahrradfreizeit aus unserer Pfarrei machen. Wie selbstverständlich wurden alle Maßnahmen angenommen und umgesetzt. Hinzu kamen noch Rückmeldungen, die unseren Umgang mit dem Schutzkonzept verbessern. Auch bei uns in der Pfarrei schwindet die Sprachlosigkeit langsam.
Die zahlreichen Gespräche mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wie zum Beispiel aus den Büchereien, mit Kolleginnen und Kollegen aus den Kitas und anderer kirchlicher Einrichtungen machen mir dies deutlich. Sie zeigen mir aber auch, dass es notwendig ist. An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen, die mit mir ins Gespräch kommen, für ihr Vertrauen bedanken.
Sicher begegne ich auch Menschen die Widerstände deutlich machen. Dankbar bin ich, wenn ich mit ihnen in klärende Gespräche kommen kann. Und eben diese Gespräche sind es, die mir Mut machen, weiter an der Prävention vor Missbrauch zu arbeiten. Ermutigend war auch der Hinweis einer Kollegin, dass ich im Blick habe, dass durch diese Arbeit Kinder, Jugendliche und schutzbefohlene Erwachsene geschützt werden. Mich selbst hat dies alles auch verändert. Ich versuche, den Menschen ins Besondere den Kindern so zu begegnen, dass sie von sich aus sagen können wie Nahe ich ihnen kommen darf. Hierzu ein Beispiel aus einer Begegnung mit einer Mutter und ihrem Kind im Gottesdienst: Die Mutter möchte zur Kommunion gehen und bringt ihr Kind mit. Ich frage das Kind, ob es von mir gesegnet werden möchte. Die Mutter antwortet: „Natürlich!“, das Kind sagt, ganz selbstbewusst: „Nein!“ und geht einen Schritt zurück. Die Mutter und ich waren doch sehr erstaunt und ich habe dem Kind alles Gute gewünscht. In diesem Zusammenhang denke ich an Jesus. Ich mach das in Zukunft wie er und frage: „Was willst Du, das ich dir tue?“
Eine Kultur der Achtsamkeit entstehen zu lassen, ist der richtige Weg. Mit unserem Handeln dürfen wir Menschen nicht klein machen, sondern stärken, damit sie nicht durch Machtmissbrauch an Leib und Seele verletzt werden.
Herzliche Grüße
Elisabeth Schulz, Gemeindereferentin
Achtsamkeit bedeutet, behutsam sein mit sich selbst, seinem Nächsten
Roswitha Bloch
und allen Geschöpfen dieser Erde.
Wir leben eine KULTUR DER ACHTSAMKEIT
Grundhaltung
Die „Kultur der Achtsamkeit“ besagt, dass wir Kindern mit Respekt, Wertschätzung und Vertrauen begegnen und dass wir sie in ihrer Persönlichkeit stärken. Diese Grundhaltung leben wir auch in einem wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander und untereinander, sowohl zwischen Mitarbeitern als auch mit allen beteiligten Personengruppen in unserem Umfeld.
Kultur der Achtsamkeit
Des Weiteren besagt die "Kultur der Achtsamkeit", dass wir die Rechte und die individuellen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und schutzbefohlenen Erwachsenen achten, ihre Gefühle ernst nehmen und ansprechbar sind für die Themen und Probleme, die sie bewegen.
Wir respektieren und wahren die persönlichen Grenzen und gehen verantwortungsbewusst, sowie achtsam mit Nähe und Distanz um.
Institutionelles Schutzkonzept zur Prävention vor sexualisierter Gewalt
Die einzelnen Einrichtungen sorgen verantwortungsbewusst für das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder und schützen sie vor jeder Form von Übergriffen, Missbrauch und Gewalt. Hierbei bedarf es einer klaren Grundhaltung jedes Einzelnen, so dass eine „Kultur der Achtsamkeit“ aufgebaut werden kann.
Ziel des Institutionellen Schutzkonzeptes
... ist die Etablierung der „Kultur der Achtsamkeit“ im Alltag der Pfarrei im Sinne eines umfassenden und professionellen Schutzes für Kinder, Jugendliche und schutzbefohlene Erwachsene. Die Prävention wird so zum integralen Bestandteil der Kinder- und Jugendarbeit und ist bei allen Maßnahmen und Angeboten der Pfarrei mitzudenken.
Bausteine des Institutionellen Schutzkonzeptes
Verhaltenskodex
Kernstück des Institutionellen Schutzkonzeptes zur Verhinderung von grenzüberschreitendem Verhalten und sexualisierter Gewalt ist ein allgemeingültiger Verhaltenskodex für unsere Pfarrei St. Peter und Paul Rheingau.
Der Verhaltenskodex enthält eine Zusammenfassung von Verhaltensregeln, der die wesentlichen Werte und Grundüberzeugungen unserer Arbeit in der Pfarrei St. Peter und Paul definiert.
Wir, als Träger und Mitarbeiter der Kindertagesstätten, haben uns dem, vom Gesetzgeber vorgeschriebenen, ISK der Pfarrei angeschlossen und maßgeblich an der Erstellung mitgearbeitet.
Für alle Mitarbeitenden hat die Pfarrei, auf der Grundlage der Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vom 18. November 2019, folgenden Verhaltenskodex formuliert:
- Atmosphäre des Vertrauens
- Gestaltung von Nähe und Distanz
- Angemessenheit von Körperkontakt
- Angemessenheit von Auftreten, Sprache und Wortwahl
- Beachtung der Intimsphäre
- Vorgabe und Einhaltung von Regeln
- Zulässigkeit von Geschenken
- Veranstaltungen mit Übernachtung
- Umgang mit und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken
- Pädagogische Maßnahmen
- Konsequenzen bei Nichteinhaltung des Verhaltenskodex
Eine KULTUR DER WERTSCHÄTZUNG ist die beste Prävention vor Missbrauch.