Heil werden zum Fest der Heiligen Familie 2021
Die Texte zum Fest der Heiligen Famile wie der Lesungen () und des Evangeliums () finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Dies ist die Predigt zum Fest der Heiligen Familie am 26.12., die Predigt vom 24.12. zur Heiligen Nacht unter dem Titel "Der Tausch" und zum Weihnachtsfest am 25.12. mit dem Titel "Das Licht, dass in der Welt leuchten will" finden Sie ebenfalls hier auf der Homepage.
Die Gottesdienste mit diesen Predigten finden unter 3G (bzw. teilweise 2G) Bedingungen statt. Eine Anmeldung war dringend zu empfehlen da Plätze aufgrund des Abstandsgebotes eng begrenzt sind – die Ordnerinnen & Ordner werden Personen ohne Anmeldung eventuell den Zutritt verweigern müssen – bitten haben Sie dafür im Interesse aller Verständnis!
Wir wünschen Ihnen allen frohe und gesegnete Weihnachtsfeiertage!
Liebe Schwestern und Brüder,
heilig – das heißt nicht „heil“! Also: Heilige Familie, nicht: „Heile“ Familie. Diesem Missverständnis gilt es gleich zu Anfang vorzubeugen, sonst besteht die Gefahr, gleich ganz abzuschalten: Heile Familie – schön und gut, wer wünscht sie sich nicht. Gerade an Weihnachten ist die wieder gefragt – und klar: Es ist wunderschön, mit Familienangehörigen zusammen zu sein, Zeit zu verbringen, zu feiern, einfach deswegen, weil man zusammen gehört, sich kennt. „Blut ist dicker als Wasser“ heißt es. Und gleichzeitig werden gerade an Weihnachten die Bruchstellen der Familien sichtbar: Streitigkeiten und Zerwürfnisse, oft schon sehr alt; Enttäuschungen, die durch Small-Talk übertüncht werden. Dann sind auch die Familienverhältnisse nicht mehr so klar, Patchwork-Familien sind für viele der Alltag. „Hauptache den Kindern geht es gut“ hört man dann – gut, aber: wie stellt man das fest? Wenn dann die Kirche heute, am Sonntag der Weihnachtsoktav, das Fest der Heiligen Familie feiert, dann kann leicht ein schiefes Bild entstehen und sich die Vorstellung von Kitsch und Sentimentalität entstehen – mit unserem Leben hat das nichts mehr zu tun.
Weit gefehlt! Schauen wir richtig hin: Zunächst ist Joseph nicht der leibliche Vater in der Familie. Schutzpatron der Kirche ist er immerhin! Und dann – wenn wir das eben gehörte Evangelium einmal von der dicken Schicht der Frömmigkeitsgeschichte befreien – sehen wir einen jugendlich-pubertären Jesus, der sich einerseits etwas „präpotent“ mit den Gelehrten misst (welcher Lehrer kennt so etwas nicht?!) und andererseits Seinen Eltern recht rücksichtslos schlaflose Nächte und sorgenvolle Tage bereitet. Es ist gut, dass das so im Evangelium steht – es ist befreiend, wenn der Gottessohn in allem uns Menschen gleich geworden sein soll. In allem. Auch darin, Kind und Jugendlicher zu sein. Die christliche Tradition bewahrt das sogenannte „Kindheitsevangelium des Thomas“ aus dem 2. Jahrhundert. Dort werden noch ganz andere Dinge über Jesus erzählt, der als Kind Seine göttlichen Kräfte ausprobiert – nicht für alle Beteiligten lustig!
- Was feiern wir? Dass Gott in unserem Leben ankommt, das so ist, wie es ist. Und: dass wir eingeladen werden, unsere eigene Gebrochenheit anzuschauen, um so heil und letztlich „heilig“, „ganz“ zu werden. Als Christ weiß ich: Das kann ich selbst nicht machen, das muss mir geschenkt werden – das ist Weihnachten! Christliches Leben – auch als Zeugnis in dieser Welt – heißt eben nicht, dass wir besser und „ordentlicher“ wären als andere. Ganz und gar nicht. Aber wir machen die Erfahrung, dass Gott uns etwas schenkt, ein neues Miteinander, eine Versöhnung, eine Weise der gegenseitigen Annahme, die Platz lässt für die Eigenheit eines jeden. Du bist ein Geschenk Gottes – darum geht es und das gilt es, einander zuzusagen und es selbst auch zu glauben. Das kann ein langer Prozess sein. Familien sind ein privilegierter Ort, um das zu leben und zu lernen und sie sind und bleiben unverzichtbar: Kernzelle und Keimzelle von gegenseitiger Liebe, Kirche im Kleinen – auch für einen Staat unerlässlich. Wo es heile Familien gibt ist das ein Schatz und ich wünsche mir, dass sie davon erzählen, von ihren Erfahrungen, ihren Kämpfen. Denn die muss es geben: Das Ringen darum, heil zu werden. Vielleicht tut es gut, das einmal von einer ganz anderen Seite anzuschauen:
Ich denke immer wieder an einen jungen Drogenabhängigen, den ich in der Gemeinschaft Cenacolo kennengelernt habe. Bevor er da landete: Ein Schrecken in der Schule, ein Schrecken für die Nachbarschaft; ein Schrecken für die, die das Pech hatten, mit ihm näher zu tun zu bekommen; ein Schrecken für die Familie, die ihn als Kind adoptiert hatte. Zurückhaltend war er, als ich ihn kennenlernte, cool. Irgendwie fasste er Vertrauen, fragte nach einem Gespräch, nein, nach der Beichte! Und er erzählte. Immer mehr. Immer Schockierendereres. Beim Krebstod seiner Mutter zwei Jahre vorher konnte er keine Gefühle zeigen, war kalt, abweisend. Da durfte ich ihm etwas sagen: „Weißt du, wie sehr Gott dich liebt?“ – Man hörte beinahe, wie dieses Wort die harte Schale durchdrang – und er anfing zu weinen, erst leise, dann hemmungslos und dann mit mir zusammen. Am Ende konnte wir schließlich feiern: Sein Leben. Ein Leben, das langsam heil wurde. Ein Leben in und mit einer Familie, die lernte, heilig zu sein.
Amen
Allmächtiger Gott, Dein Sohn ist Mensch geworden und war in allem uns gleich. Wir bitten Dich:
- Wir bitten Dich für unsere Familien: dass in ihnen erfahrbar ist, dass im Vertrauen auf Deine Vorsehung Leben gelingen und heil werden kann.
(Gott unser Vater - Wir bitten dich, erhöre uns) - Für die Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machen: Stärke sie in dem Vertrauen, dass Du keinen aus Deiner Sorge entlässt.
- Für die Kinder, die ohne Eltern aufwachsen müssen: Lass sie durch andere Menschen Nähe, Geborgenheit und Wärme erfahren, so dass sie dem Leben mutig begegnen können.
- Für die Eheleute, die sich auseinander gelebt haben: Eröffne ihnen durch das Geschenk der Vergebung neue Wege in die Zukunft.
- Für die, die in verschiedenen Formen der Partnerschaften oder in Ordensgemeinschaften leben: Dass sie als die angenommen und geliebt werden, die sie sind und immer mehr sein sollen.
- Für unsere Verstorbenen: Lass sie als Brüder und Schwestern Jesu Seine Gemeinschaft erfahren.
Sei Du mit uns auf unserem Weg durch die Zeit, der Du mit dem Sohn und dem Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.