Das Wichtigste – oder: die Haltung Jesu nachahmen
Die Texte am 30. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Ex 22, 20–26 und 1 Thess 1, 5c–10) und das Evangelium (Mt 22, 34–40), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
was ist für dich das Wichtigste? Das beantwortet jeder von uns anders. Das hängt vom Alter, den Lebensumständen und Lebenserfahrungen ab. Natürlich auch von einer grundsätzlichen Einstellung zum Leben. Kunterbunte Antworten sind da zu erwarten. Auch hier bei uns.
Was ist für dich in der Kirche das Wichtigste? Auch auf diese Frage gibt es sicher ganz verschiedende Antworten: Für die einen ist es die Gemeinschaft; für einen anderen die Liturgie; andere sind in der Tradition beheimatet und für sie ist der Papst und die Verbindung mit Rom wichtig. All diese kunterbunten Antworten finden sich auch hier bei uns, und das macht es interessant aber auch mühsam: Worauf wollen wir uns für den gemeinsamen Einsatz als Gemeinde einigen?
Was ist für dich im Christentum das Wichtigste? Auch diese Frage wird sicher unterschiedlich beantwortet – aber sie wird selten gestellt. Dabei ist sie so wichtig. Die Antwort erklärt, warum mir, warum uns bestimmte Dinge wichtig oder weniger wichtig sind. Diese Frage zielt auf den Kern unseres Glaubens – auf den Kern meines Glaubens!
Jesus wurde das gefragt. Seine Gegner wollten wissen, ob Er überhaupt rechtgläubig ist oder doch nur ein Unruhestifter. Sie wollten ihn „prüfen“ – diese Übersetzung ist in diesem Zusammenhang besser als „versuchen“ – und sie gehen gleich aufs Ganze: das Wichtigste im jüdischen Gesetz, das von Gott gegeben wurde. „Jesus, was ist deiner Meinung nach das Wichtigste für Gott?“
Die Antwort ist die, die ein gesetzestreuer Jude auch geben würde – das hören wir bei der Parallelstelle zum heutigen Evangelium bei Lukas.
Würden wir diese Antwort auch geben? Was ist das Wichtigste im Christentum? Die Gottesliebe! Wer würde von uns so antworten? Dabei ist diese Antwort entscheidend für die, die Jesus nachfolgen wollen, die sich dem Reich Gottes öffnen wollen.
Gleich könnte jemand einwenden: Ja, aber die Nächstenliebe ist doch genauso wichtig! Klar – aber bleiben wir doch erst einmal bei dem, was Jesus selbst als das „größte und erste“ Gebot bezeichnet hat, die Gottesliebe.
Was ist das eigentlich? Wie geht das: Gott lieben?
Um diesen Kern dreht sich bei Jesus erst einmal alles – das sehen wir auch beim „Vaterunser“. Liebe – Agape – ist keine menschliche Leistung, sie ist auch kein Gefühl. Sie ist die Antwort auf das tiefe Wissen, von Gott gesehen und gewollt zu sein, ja das ER mir gut will. Das drückt sich dann bei mir in Freude aus. Agape ist die Antwort auf die unglaubliche Erfahrung Seiner Fürsorge und Nähe. Sie ist die Reaktion darauf, dass mir die Augen für die Geschenke Gottes an mich geöffnet werden. Daraus lebt Jesus – und mit Ihm unzählige andere bis heute. Diese Gottesliebe, die mich erfüllt, drückt sich aus – vor allem in meinem Alltag. Er ist davon geprägt, gezeichnet. Sie zeigt sich in meiner Werteskala, meinem Denken, meinem Handeln.
Dass sie mir wirklich „das größte und erste“ ist, zeigt sich für Jesus deutlich in meiner Haltung dem Nächsten gegenüber, dem Menschen also, mit dem ich es hier und jetzt zu tun habe. Nächstenliebe – Agape – meint auch hier keine Leistung oder ein Gefühl, sondern die Haltung: Zeige ich mich dem anderen in der Haltung des Wohlwollens? Gebe ich ihm, was er braucht? Sage ich ihm, was er hören müsste? Das kann sich durchaus von dem unterschieden, was der andere gerne hätte oder hören würde! Die Nächstenliebe ist der Gottesliebe „gleich“, wie es direkt übersetzt heißt, denn sie ist eben auch keine Leistung, sondern Antwort auf das Geschenk Gottes an mich. Meine Freude über Gott zeigt sich in meiner Haltung gegenüber den anderen, auch dem Fremden. Gerade auch dem gegenüber, der bedürftig ist, auf Hilfe angewiesen ist, dem gegenüber ich ein Spiegel der Liebe Gottes sein möchte und sein kann.
Dabei müssen wir aber auch hören, dass auch ich selbst mich lieben soll – dass ich mich als den annehme, der von Gott liebend angeschaut wird.
Was ist das Wichtigste? Es lohnt sich, darüber ausdrücklich nachzudenken, sich darüber miteinander auszutauschen.
Amen.
Zu Jesus Christus, der uns sendet, Seine Frohe Botschaft zu verkünden und zu bezeugen, bitten wir:
- Segne alle, die in der Glaubensverkündigung tätig sind und mache sie zu Freudenboten Deiner Gegenwart unter uns.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Wir bitten Dich für die Getauften in aller Welt: dass sie aus deiner Liebe leben, von deiner Liebe Zeugnis geben und damit die Welt verändern.
- Wir bitten Dich in diesen bedrängenden Tagen um den Frieden in der Welt, insbesondere im Heiligen Land und in der Ukraine. Sende Deinen Geist der Verständigung und des Friedens, und lass den vielen bedrängten und leidenden Menschen Hilfe und Helfer zuteilwerden.
- Stärke die, die sich beruflich oder privat jeden Tag der Nöte und Bedürfnisse anderer Menschen annehmen und lass sie selbst auch erfahren, dass sie von Dir getragen werden.
- Wir vertrauen Dir auch alle an, die bereits durch das Tor des Lebens gegangen sind, dass sie bei Dir ewiges Leben finden mögen.
Denn du bist gekommen, damit wir das Leben haben. Dir sei Dank, der du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.