Advent – oder: Gott bei mir ankommen lassen
Die Texte am 2. Adventssonntag des Lesejahres C, die Lesungen (Bar 5, 1–9 und Phil 1, 4–6.8–11) und das Evangelium (Lk 3, 1–6), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
der erste Teil der katholischen Messfeier heißt „Wortgottesdienst“: Im Wort der Heiligen Schrift kommt mir Gott entgegen, mit einer Botschaft, mit einer Äußerung, der Bitte um Gehör. Die feierliche Inszenierung der Liturgie soll das verdeutlichen: „Wort des lebendigen Gottes“; Leuchter, Weihrauch zum Evangelium, wir stehen dabei auf: Christus ist da, ER ist am Ankommen.
Man kann es für Theater halten, frommes und heiliges Spiel – und dann irgendwann das Interesse verlieren: Komische Texte, unverständlich, fremd … herausfordernd sind sie auf alle Fälle, denn sie sprechen von IHM, dem ganz Anderen. Wenn sie nicht herausfordernd wären, sprächen sie nicht von Gott!
- Ist es nicht eine Herausforderung, gar eine Zumutung, aus dem alttestamentlichen Buch Baruch zu hören: Jerusalem als Zeichen des Heils für den ganzen Erdkreis?! Jerusalem, das den Namen bekommt „Friede der Gerechtigkeit“ und „Herrlichkeit Gottes“?! Wort Gottes. Das hält man doch kaum aus! Eben. Es ist unser Gott, der das sagen und prophezeien lassen will, denn ER sieht mehr, tiefer, ER sieht das Ganze und den Zusammenhang und ER weiß: Erbarmen und Gerechtigkeit kommen von Ihm.
Das Wort Gottes als Herausforderung: Was also muss geschehen, damit das, was Gott will und verheißt, auch heute wieder eintreffen kann? Dass Israel, Jerusalem zu einem Ort wird, der heilend ausstrahlt in die Welt? Gewiss, wir sitzen hier nicht an den Schalthebeln der Politik – doch ist uns der Schalthebel der Gebetsmacht in die gefalteten Hände gelegt: Wie muss sich mein Herz verändern, dass Gott ein Friedensgebet erhört?
Der Wortgottesdienst: anspruchsvoll!
Wer das heutige Evangelium hört, mag in den Reflex des Märchenhörens verfallen, im besten Falle noch in die Haltung, eine geschönte Erzählung aus früheren Zeiten zu hören. Weit gefehlt! Was wir hören: Zu einer bestimmten geschichtlichen Zeit, in der konkrete Personen lebten und herrschten, kommt einer und sagt: „Es reicht! Macht’s mal anders!“ Und tatsächlich: Die Menschen machten sich auf, zogen in die unwirtliche Wüste und vollzogen eine Wassertaufe, die ihre Umkehr deutlich machen sollte.
Jetzt wird es wirklich herausfordernd und der Gottesdienst, der dem Wort Gottes den Raum bieten will, rückt an uns heran. Denn: Dieses Wort erklingt heute! Es ergeht an uns, die wir jetzt hier sitzen, hier leben, hier, unter der Regierung des konkreten Präsidenten, Kanzlers und Papstes. Hier und heute hören wir: Kehrt um! Bereitet jetzt, hier und heute, dem Herrn den Weg. Ja, unser Gottesdienst wird dann lebendig und auf fruchtbaren Boden fallen, wenn wir, wenn ich dazu bereit bin.
Jesu Wort, Seine Gegenwart, Sein Handeln an mir: dafür braucht es den leeren, den bereiten Raum in mir, in uns. Sonst geschieht – nichts! Nicht, weil Gott ohnmächtig wäre, sondern weil Er den Respekt vor meiner Freiheit lebt. Selbst dann, wenn meine Freiheit das Unheil will! Merken wir, wie wichtig es ist, immer wieder persönlich umzukehren? Welchen Heilsdienst für die Welt es bedeutet, das eigene Versagen zu erkennen und zu bekennen – damit Neues geschehen kann?
Liebe Schwestern und Brüder, der Advent kann wieder neu eine spannende Zeit werden, wenn ich es denn zulasse. Die Eucharistiefeier, die den zweiten Teil der Hl. Messe bildet und sich an den Wortgottesdienst anschließt, wird nur dann eine Hilfe sein, wenn mich Sein Wort, das ich eben hörte, aufschließen konnte. Aufschließen dafür, dass ich Ihn wirklich brauche: Für den Frieden in meinem Herzen, der Wellen schlagen wird bis hin zu den großen Konflikten in dieser Welt; für die Heilung meiner Wunden, die mich nach und nach zum Zeugen dafür machen, wie konkret ER wirkt; für die Wahrnehmung seiner Gegenwart hier und jetzt, die der Gottvergessenheit unserer Zeit ein Gegenzeugnis geben kann.
Wenn all das geschehen kann, dann spricht Paulus, von dem wir in der 2. Lesung hörten, nicht nur zu der Gemeinde in Philippi, sondern auch zu uns: „Immer, wenn ich für euch alle bete, bete ich mit Freude“! Weil wir Gottes veränderndem Handeln Raum bieten.
Amen.
Lasst uns Christus bitten und Ihm so entgegen gehen:
- Lass uns alle in dieser Zeit wieder aufmerksam werden für das, was für uns und unser Leben wirklich zählt und hilf uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
(Wir bitten: Komm, Herr Jesus – komm, Herr Jesus) - Wir bitten Dich für diejenigen, die durch bedrängende Aufgaben und Sorgen nicht mehr ein noch aus wissen.
- Mache auch unsere Gemeinde im kommenden Heiligen Jahr zu einem Ort, an dem Menschen erfahren, dass wir mit ihnen als „Pilger der Hoffnung“ auf dem Wege sind.
- Wir bitten Dich für unsere Erstkommunionkinder, ihre Eltern und Familien: Mache sie bereit, Dich in ihr Leben einzulassen und so zu entdecken, wie nahe Du ihnen bist.
- Wir bitten Dich in dieser bedrängenden Zeit um den Frieden im Heiligen Land und der Ukraine; um Hilfe für die hungernden Menschen im Sudan; um Heilung für die im Kongo Erkrankten.
- Lass unsere Verstorbenen erfahren, dass Dein Sohn ihnen entgegen kommt.
Führe uns durch Dein Wort und Deine Gnade zur Gemeinschaft mit dem Vater, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.