Zumutungen – oder: das Fest des Lebens JETZT feiern!
Liebe Schwestern und Brüder,
wir leben in einer Zeit der Zumutungen: Für uns alle bedeutet die Pandemie Einschränkung und Verzicht. Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich: Angst und Vorwürfe; Verharmlosung und Panikmache; Gelassenheit und Geduld. Wir alle müssen uns, ob wir wollen oder nicht, mit grundlegenden Fragen beschäftigen: der Frage nach Endlichkeit und Tod; nach Sinn und Erfüllung; nach Freiheit und Verantwortung füreinander. Diese Zeit mutet uns zu, über all das nachzudenken. Je länger das alles dauert, umso grundsätzlicher.
- Da passt es gut hinein, dass sich auch die Evangelien in diesen Wochen mit Zumutungen nicht zurückhalten. Oder anders: Ich lese, höre und verstehe in diesen Wochen die Evangelien gerade im Hinblick auf die Zumutungen, die sie eben auch darstellen. Frohe Botschaft als Zumutung!
Wir brauchen uns jetzt nicht mit der Frage aufzuhalten, inwieweit die 1. Christengeneration die ursprünglichen Worte Jesu verändert bzw. aktualisiert hat. Es reicht zu erkennen, dass einige Ungereimtheiten heute im Text stehen: Wie können geladene Hochzeitsgäste die Boten ermorden? Der König reagiert mit einer militärischen Großaktion, eine ganze Stadt wird verwüstet – und dann wieder zum Fest eingeladen, wo doch die Speisen die ganze Zeit bereit stehen. Da stimmt im Bild so manches nicht, das für unsere Ohren heute eine Zumutung ist. Die Zumutung besteht aber nicht im Bild, sondern in der Aussage – die uns heute trifft, so, wie sie früher die Zuhörer traf. Evangelium – Wort Gottes heute, für uns, für mich.
- Der König lädt ein, zur Hochzeit, dem Fest schlechthin. Eingeladene kommen nicht. Der König steht für Gott – und der lässt sich vom Fest nicht abhalten: da werden eben andere eingeladen. Sind sie bereit, sich darauf einzulassen?
- Zumutung: auch wenn ich möglicherweise zum Kreis der Eingeladenen zähle – ein Dauer-Abo ist das nicht! Gläubige Menschen, die vorgeben zu glauben, aber dann eben doch nicht offen sind für das Handeln Gottes. Sich mit Gott im Leben einrichten und doch ohne Ihn auskommen – eine große Versuchung. Am Fest nicht teilnehmen wollen. Aber: was genau ist denn dieses Fest? Im Evangelium ist es das Bild der Hochzeit: Lebensfreude, Fest der Liebe, der Zukunft. Dieses Fest ist – immer „Jetzt“! Nicht später, in einem Jahr, am Ende des Lebens. Jetzt! Hier und jetzt bekomme ich die Augen für Gottes Gegenwart geöffnet oder nicht – die Hochzeit des Himmels mit der Erde. Dass ich gesegnet bin, mein Leben Geschenk ist; dass ein Sinn darin liegt, dass ich da bin – hurra! Das ist doch immer wieder Grund zur Freude! Was entgeht mir alles, wenn ich das nicht sehen kann, sehen will! Die Pandemie: sie kann uns die Augen dafür öffnen, womit wir beschenkt sind. Sie kann uns auch abschließen in die Angst, die Enge. Von einer Hochzeitsfeier – jetzt – will ich da nichts hören!
- Wer zur Feier geladen wird, braucht ein Kleid. Es ist unserer Tradition der Kindertaufe geschuldet, dass wir nicht mehr wissen, was damit gemeint ist: das neue Kleid, das bei der Taufe angezogen wird! Paulus sagt: „Ihr alle … habt Christus als Gewand angezogen“ (Gal 3,27). Christus „anziehen“ Seine Haltung, Sein Denken nachahmen, mich davon „anziehen“ lassen. Das wird mein Leben verändern und ich werde entdecken, welches Fest das Leben darstellt. Und von diesem Fest will ich erzählen; an diesem Fest will ich andere teilnehmen lassen, denn: „Fratelli tutti“, wir sind alle Geschwister!
- Noch ein kurzes Wort zu den Boten, die zum Fest einladen. Es wird gerne übersehen, dass auch von ihnen die Rede ist. Ohne sie wüssten die Eingeladenen gar nichts vom Fest. Für mich ist ihre Rolle die unserer Gemeinden, unserer Kirchen. Ob wir dabei abgelehnt werden oder nicht. Sicher wird es auch davon abhängen, wie wir diese Botschaft verkünden. Es ist aber unsere Aufgabe, sie zu verkünden. Glaubhafte Boten sind wir, wenn man uns ansieht, in unserer Nähe spürt, dass uns das Fest des Lebens schmeckt. Jetzt!
Ja, diese Zeit ist eine Zeit der Zumutung: sie mutet jedem von uns zu, neu zu entdecken, woraus und wovon wir leben. Amen.
Fürbitten
Zu unserem Herrn, der uns JETZT um Fest des Lebens einlädt, wollen wir rufen:
- Für alle christlichen Kirchen: um die Freude am Glauben und die Bereitschaft, anderen von dieser Freude zu künden.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns)
- Für die jungen Menschen, die nach Sinn und Orientierung Ausschau halten: lass sie auch Deine Stimme hören und schenke ihnen den Mut, sich Deiner Botschaft zu öffnen.
- Für all die, die in dieser Zeit verängstigt sind und sich um Angehörige und Freunde sorgen: Lass sie neu darauf vertrauen, dass wir alle in Deiner Vorsehung geborgen sind.
- Für alle Erkrankten und Leiden, für die Einsamem und Verzweifelten: schenke uns Mitgefühl und Phantasie, um gerade sie die Freude am Leben spüren zu lassen.
- Für unsere Verstorbenen: lass sie Teilnehmen am Himmlischen Hochzeitsmahl.
Allmächtiger Gott, Du lädst uns JETZT zum Fest des Lebens, zum Fest der Begegnung mit Dir ein. Dir sei Dank mit dem Sohn und dem Heiligen Geist, jetzt und in alle Ewigkeit, Amen.