Was uns Halt und Kraft geben kann – oder: Ich bin DA


- Was uns Halt und Kraft geben kann – oder: Ich bin DA
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 3. Fastensonntag über Hoffnungsworte in bedrängender Zeit zum Download.
Die Texte des 3. Fastensonntags des Lesejahres C der Lesungen (Ex 3, 1–8a.10.13–15 und 1 Kor 10, 1–6.10–12) und des Evangeliums (Lk 13, 1–9) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
„ich bin der «Ich bin da»“ – wie das eben gehörte Wort aus dem Buch Exodus auch übersetzt werden kann. Um sehr persönlich zu beginnen: Genau das trägt mich in diesen beklemmenden Tagen und Wochen! Die Corona-Pandemie hatte schon viele Gewissheiten in Frage gestellt. Jetzt, mit dem Krieg, geht das alles noch einmal tiefer. Menschen sind tief verunsichert. Die alten Menschen unter uns werden an etwas erinnert, das viele von ihnen in sich vergraben hatten: Die Erfahrung von Bombennächten, Flucht, Angst, Verlust von Angehörigen. Die jungen Menschen erleben, dass ihr Weltbild, das von Sicherheit geprägt war, zerbröselt. Was mich schon zu Anfang der Pandemie beschäftigte, tut es jetzt noch einmal mehr: Was trägt, wenn nichts mehr trägt? Mit anderen bin ich Mensch, Staatsbürger, Demokrat. Aber mein Fundament ist mein Christsein! Und ich entdecke gerade in diesen Wochen: Gott sei Dank! Was ist das für ein Geschenk!
Lassen Sie uns das Bild aus dem Buch Exodus nehmen: Da brennt ein Dornbusch. Da brennen bisherige Sicherheiten, ja auch politische Überzeugungen und Haltungen. Aber: Der Busch verbrennt nicht! Denn in all dem eine Stimme: „Suche dir nicht da Halt, wo es keinen gibt! ICH bin da!“
Gott als Halt und Sicherheit?
Ja! Eine Wolke von Zeugen dafür umgibt uns hier in der Kirche – wir nennen sie Heilige, die meisten von uns sind nach einem benannt. Dazu gibt es die Erfahrungen vieler, die auch unter uns sind, gerade auch der Älteren. Wichtig ist: zu erzählen. Davon zu sprechen. Gerade jetzt. So, wie es Mose tun sollte, der sich anfangs dagegen sträubte. Der nicht wollte. Aber es war ungemein wichtig! Wie sollte sonst das Volk Israel erfahren, dass es in die Freiheit geführt werden soll?! „Mose, du musst erzählen, dass ICH da bin!“ Das sagt ER, der Herr, auch zu uns, zu jedem und jeder. ICH bin da. ICH rette. Das zu erzählen – besser noch: es zu bezeugen ist unsere Aufgabe, unsere Sendung!
- Viele von uns sind aufgrund der Skandale der letzten Monate, ja Jahre, die uns das beschmutzte Gesicht der Kirche gezeigt haben, wütend, sprachlos, enttäuscht … Nicht wenige überlegen auszutreten und viele haben es getan. Wozu sind wir noch da? Wozu braucht es Kirche? Ein Sozialverein, dafür sind wir noch gut.
Nein! Gerade jetzt sollte deutlich werden, worin unsere Aufgabe besteht, gerade auch als Gemeinschaft, als Kirche: Dass wir bezeugen, davon sprechen, dass Gott DA ist. So, wie ER sich damals Mose in der Wüste gezeigt hat. Die Wüste ist im hebräischen Verständnis des Wortes nicht in erster Linie etwas Lebensfeindliches, sondern der Ort, „an dem Gott spricht“! Gerade weil es keine Ablenkung gibt, gerade weil mir vieles von dem fehlt, von dem ich bisher glaubte, dass ich es brauche: Genau an diesem Ort kann ich etwas anderes hören!
Pandemie und Krieg richten in den Herzen vieler Menschen Verwüstung an. Sie merken, dass vieles von dem, das sie bisher brauchten und das scheinbar so selbstverständlich da war, weggebrochen ist. Und hier, in dieser Wüste spricht Gott – für die, die es hören wollen, können. Und die, die es hören, bekommen wie Mose damals den Auftrag, davon zu sprechen. Damit das Volk neue Hoffnung spürt und das unmöglich Erscheinende wagt: Aufbruch, Auszug, hin zur Befreiung.
- Hat dass alles denn noch Sinn? Können wir denn wirklich noch etwas bewirken, verändern, verbessern? Ja und Nein!
Ja: Es hat Sinn, denn es geht ums Leben, und das ist immer sinnvoll. Es ist Gottes Geschenk.
Nein: Nicht wir „machen“ etwas, sondern ER, Gott. Das ist das für mich so unsagbar Entlastende, denn Er ist der, der DA ist! Und Gott zeigt uns in Jesus, dass ER selbst einem unfruchtbaren Feigenbaum noch Chancen einräumt. Dass Er dafür sorgen wird, dass er Frucht bringt, die er als Feigenbaum bringen soll.
So wie wir Menschen: Hören wir, gerade wenn wir Seinen Namen als Christen tragen, nicht auf, den Boden umzugraben, also dazu einzuladen, Seiner Weisung mehr zu vertrauen, als allem politisch-wirtschaftlichen Kalkül. Denn wozu hat das geführt? Präsident Wolodymyr Selenskyj aus der Ukraine hat es in diesen Tagen nicht nur dem Deutschen Bundestag beschämend vor Augen geführt.
Gott ist DA. Mit Ihm dürfen wir rechnen, wenn ER – wie bei Mose – durch uns handeln darf.
Amen.
Gott, den Barmherzigen, der für uns da ist, bitten wir:
- Lass uns Christen durch unser Leben der Welt erfahrbar machen, dass Du der „Gott-mit-uns“ bist. Lass uns zu Menschen wie Mose werden, deren Leidenschaft für Dich andere ansteckt und zur Befreiung führt.
(Der Du da bist: - Wir bitten Dich, erhöre uns) - In diesen so bedrängenden Wochen bitten wir Dich für alle verantwortlichen Kriegs- und Konfliktparteien: Lass sie begreifen, wie heilig jedes einzelne Menschenleben ist und schenke ihnen die Bereitschaft, sich dem Frieden und der Versöhnung zu öffnen.
- Dein Sohn lädt uns dazu ein, Ihn durch unser Handeln zu den Menschen zu tragen: Lass uns gerade jetzt denen nahe sein, die durch Flucht und Zerstörung ihre Heimat verlassen mussten und ihnen so Deine Sorge und Gegenwart bezeugen.
- Schenke uns in dieser Fastenzeit Einsicht in begangenes Unrecht und die Bereitschaft zur Umkehr und Versöhnung.
- Schenke unseren Verstorbenen bei Dir die Heimat, auf die sie im Leben gehofft haben. Wir bitten dich für ... (Intensionen)
Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und für uns da bist, jetzt und in Ewigkeit.
Amen.
