Verklärung - oder: die Kraft der Sternstunden


Lesen Sie eine Predigt von Pfr. Nandkisore zur Sonntags-Lesung auf dieser Seite.
Liebe Schwestern und Brüder,
ja, es gibt sie: Sternstunden! Augenblicke, Situationen, die für mein eigenes Leben, unsere Beziehungen und mein Verständnis für Gott und die Welt ganz entscheidend sind. Angesichts der „Sternstunde“ auf dem Berg Tabor drei Gedanken dazu:
- Jesus zieht sich nach ersten Erfahrungen, die Er mit Jüngerberufung, Heilungen, Reich-Gottes-Verkündigung, aber auch mit scharfer Ablehnung gemacht hat, mit drei Jüngern auf einen Berg zurück. Was Er da erfährt, stärkt Ihn und gibt Ihm Kraft für den Weg, dessen irdisches Ende Ihm da schon ziemlich klar gewesen sein muss. Mose und Elija erscheinen Ihm: Mose steht für die Befreiung aus der Knechtschaft. Ein mühsamer Weg, der manchmal in die Versuchung führt, die frühere Verknechtung in der Erinnerung zu verharmlosen! Elija wiederum steht für die Befreiung von allen Götzen, allen Baalen, die die Menschen beherrschen wollen. Sie machen Angst und unfrei! Wer von ihnen befreien will, wird von den Menschen oft selbst als Gegner angesehen! Die Summe beider: das ist der Weg Jesu! Dafür ist Er da! Das ist Seine Bestimmung!
Mir über meinen Weg klar werden, meine Aufgabe. Das kann mich zutiefst frei und froh machen. Ja, auch wenn ich merke: die Aufgabe ist doch viel zu groß! Was ich tue, ist doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein! Ich kann doch nicht alle Probleme der Menschen lösen! Und dennoch: Von einer großen Aufgabe kann ich einen Teil übernehmen, dann ist sie nicht mehr ganz so groß. Ein steter Tropfen höhlt den Stein, lässt ihn zumindest etwas abkühlen – ein erster Schritt, auf dem andere aufbauen können! Ein einziges Problem, das ich durch meine Tätigkeit für einen anderen löse, ist ein Baustein, durch den diese Welt ein weniger besser wird. Wenn mir klar wird, wenn mir von Gott gezeigt wird, wofür ich da bin, ist das ein Taborereignis, eine Sternstunde!
- Die Jünger, die mit Jesus auf dem Berg sind, erkennen, erfahren, sehen – das wohl besonders das „Sehen des Herzens“ meint – wie Jesus wirklich ist. Das ist eine Sternstunde. Der, für sie Lehrer, Meister war, der ihnen neue Orientierung für ihr Leben gegeben hat, ist für sie nun ohne jeden Zweifel Sohn Gottes. Dem können sie folgen. Ihm gehört ihr Leben. Aber: konservieren können sie diese Erfahrung nicht – Hütten bauen wollen! Sie werden von dieser Erfahrung leben, zehren müssen – bis hin zur erschütternden Erfahrung auf dem anderen Berg, dem Berg Golgota!
Sternstunden, die mich einem anderen Menschen nahe bringen, die uns das Besondere eines anderen sehen lassen. Augenblicke, Momente einer solchen Nähe und Übereinstimmung, dass daraus Kraft für einen gemeinsamen Weg, ein gemeinsames Leben, ein gemeinsames Projekt gezogen wird. Kraft, die mich auch in schweren Zeiten durchhalten lässt. Und auch das Gegenteil: Ich sehe, erkenne: Mit diesem Menschen geht es nicht zusammen. Auch das ist eine Sternstunde, die Befreiung von einer Illusion!
- Als Christ sehe ich noch etwas ganz Entscheidendes in der Erzählung der Verklärung: Die Sternstunde, in der Jesus als Mensch etwas ganz Wesentliches über Seinen Vater und Sein Verhältnis zu Ihm erkennt: „Auf Ihn sollt ihr hören!“ – in Jesus erkennt ihr den Willen des Vaters! Der Vater ist ganz mit Ihm. Das wird Jesus immer wieder stärken – gerade dann, wenn der Weg nach Jerusalem führt, an den Ort also, an dem es erst einmal so aussehen wird, als ob Jesus gescheitert wäre – und Er sich das auch selbst fragen wird. Der Vater vertraut Ihm – dann kann ER auch dorthin gehen, wo es finster ist.
Ja, eine Sternstunde meines Glaubens, meiner persönlichen Berufung, die mir etwas Entscheidendes von Gott zeigt. Ich muss in schweren Zeiten immer wieder darauf zurückkommen, um nicht zu verzweifeln – angesichts unserer Kirchenkrise: Das ist doch zum Jammern! Aber ich weiß: Gott führt. Das hat mir eine „Sternstunde“ des Glaubens gezeigt (die übrigens auch Abraham erfahren hat, von dem uns die 1. Lesung erzählt. Er erkennt, dass Gott eben nicht ein Gott ist, der das Opfer des Sohnes fordert! Wer mag: weiter unten stehen dazu frühere Gedanken von mir dazu).
Sternstunden sind Ausnahmestunden, nicht die Regel. Sie sind wichtig für unseren Lebensweg, gerade im Glauben. Wie sehen meine Sternstunden des Glaubens aus? Ich kann die Zeit heute nutzen, um sie wieder lebendig werden zu lassen.
Amen.
Fürbitten
Jesus, in dem wir den Willen des Vaters erkennen können, bitten wir:
- Auf dem Berg Tabor wurde Dir Deine Sendung klar vor Augen geführt: Stärke besonders diejenigen, die in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche schwer tragen an der Last ihrer Verantwortung und Aufgaben und lass sie den Wert ihres Dienstes erkennen.
(Christus, höre uns – Christus erhöre uns)
- Deine Jünger erkannten in Dir den Sohn Gottes. Wir bitten Dich heute besonders für die Ehepartner, die die Liebe, Begeisterung und Überzeugung des Anfangs nicht mehr verspüren. Lass sie neu die Kraft des Sakramentes erfahren, durch das Du selbst Dich ihnen verbunden hast.
- Du hast auf dem Berg der Verklärung Deinen Himmlischen Vater neu erfahren. Wir bitten heute für die, die durch Enttäuschungen und Verluste das Vertrauen in Dich verlieren. Schenke ihnen neu die Erfahrung Deiner Nähe.
- Wir bitten für alle Kranken und ihre Angehörigen; wir bitten für sie Sterbenden und die, die von ihnen Abschied nehmen; und wir vertrauen Dir die Verstorbenen an: Stärke unser Vertrauen in Deine Sorge.
Dir vertrauen wir uns an, der Du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.
