Sich taufen lassen - oder: Ein anderes Leben ist möglich
Liebe Schwestern und Brüder,
ursprünglich wurde in der frühen Kirche das Gedächtnis an die Taufe des Herrn am 6. Januar gefeiert, gemeinsam mit der Erinnerung an die drei Weisen, die zum Kind nach Betlehem kamen, und der Hochzeit zu Kana, bei der Wasser in Wein verwandelt wurde. Bei diesen drei Ereignissen geht es um „Epiphanie“, um die „Erscheinung Gottes“, um die Weise, auf die sich Gott als Mensch unter uns zeigt. Also als verletzliches Kind; als der, der zum Fest der Begegnung – der Hochzeit – einlädt; und schließlich als der, der uns bei Seiner Taufe zeigt, worauf es im Verhältnis zu Gott ankommt.
Das Letztere wollen wir anschauen:
- Wenn wir von Taufe sprechen, denken wir an die Aufnahme in die Kirche, an einen Schutz Gottes, manche auch an Sündenvergebung. Johannes der Täufer hatte anderes im Sinn! Für ihn war das Leben der Menschen, gerade auch des eigenen Volkes, so selbstzerstörerisch, dass als Antwort Gottes nur Gericht und Untergang erwartet werden konnten. Die einzige Möglichkeit, die einzige Rettung: Der Mensch kehrt radikal um! Er ändert sein Leben, lässt sich „waschen“, „reinigen“ und fängt so ganz neu an. Symbolisiert wurde das durch die Taufe am Jordan.
So abwegig klingt das heute gar nicht mehr, auch wenn dieser Gedanke nicht mehr – oder kaum noch – im religiösen Gewand daherkommt: Nur die Borniertesten leugnen noch, dass wir mit unserer bisherigen Lebensweise auf eine Umweltkatastrophe großen Ausmaßes zusteuern. Allein menschliches Verhalten ist dafür ursächlich. Und eine radikale Verhaltensänderung kann das vielleicht noch abwenden. „Radikal“, von der Wurzel her, ist die Veränderung nötig, geht es doch nicht allein um ein Verhalten, sondern die darunter liegende Haltung!
Neben all den pessimistischen Erwartungen gibt es, nicht nur bei der Jugend, auch die Hoffnung, dass ein anderes Leben möglich ist.
Daran knüpfte auch Johannes an und nur so ist es zu verstehe, das auch Soldaten zu ihm kamen: Ein grundsätzlich anderes Leben muss möglich sein! Mein wirklicher Wille dazu und Gottes Segen machen das möglich.
- Genau da beginnt Jesus Seine Sendung: Er möchte anfangen, wo jeder von uns anfangen muss, wenn er sich auf den Weg der Nachfolge begibt. Kein Sich-verstecken, hinter anderen verbergen, sondern: es geht darum, sich zu stellen. In Jesus zeigt sich Gott selbst – Epiphanie – als ein Mensch, der bereit ist, das Leben so zu leben, wie wir eingeladen sind, es zu leben: indem wir alles Gott überlassen. Indem wir uns auf Gedeih und Verderb trotz aller Angst vor dem Leben Gott zur Verfügung stellen.
Das ist ein Neuanfang – und wir merken vielleicht, dass wir ihn selbst noch gar nicht so richtig vollzogen haben! Ich kann mich Christ nennen und mein Verhalten gibt davon auch immer wieder Zeugnis – aber meine grundsätzliche Haltung ist davon noch viel zu wenig geprägt. Als Kirche merken wir das schmerzlich durch die Krise, in der wir uns alle befinden, mag sie auch durch das Verhalten Einzelner ausgelöst worden sein.
- Schließlich: Wenn ich Jesus in der Haltung, die Er als Mensch vorlebte, nachfolge, gilt auch für mich: das ist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter. Durch solche Menschen, Söhne und Töchter Gottes, drückt sich Gottes Willen auf dieser Welt ganz konkret aus. Das ist doch die wunderbare und immer wieder auch erstaunliche Botschaft der Heiligen Schrift, dass immer wieder betont wird: Gott wirkt durch Menschen, damit Sein Wirken unter uns sichtbar und spürbar wird.
Es sind Menschen, in deren Gegenwart wir spüren, dass sich der „Himmel“ öffnet, sich Frieden ausbreitet. Das ist möglich. Ein solches Leben ist möglich. Für den Einzelnen und für uns als Gemeinschaft.
Jesus ruft uns dazu auf, Ihm nachzufolgen, und ER zeigt uns in den ersten Kapiteln des Evangeliums, worum es geht: Uns in Gott festzumachen.
Jetzt zeigt es sich, ob wir wirklich Weihnachten gefeiert und begriffen haben. Amen.
Fürbitten
Den allmächtigen Vater, der bei der Taufe im Jordan Jesus als seinen geliebten Sohn geoffenbart hat, bitten wir:
- Schenke uns als Deiner Kirche in diesem Jahr die Bereitschaft, uns Dir ganz zur Verfügung zu stellen, damit so Deine Nähe, Barmherzigkeit und Liebe gegenüber der Welt spürbar wird.
(Wir bitten Dich, erhöre uns)
- Schenke allen Getauften den Mut, die von Dir geschenkten Gaben und Talente in ihnen zu entdecken und sie zum Wohle aller einzusetzen.
- Schenke denen, die ihren Glauben verloren haben und die keine Nähe mehr zu Dir verspüren, die Gnade, das Geschenk ihres Lebens neu zu sehen und so ein Segen für andere zu werden.
- Lass uns als Gemeinde in diesem Jahr vertrauensvoll darauf schauen, welche Wege Du uns führen willst und dabei ohne Angst zu lernen, Neues zu denken.
- Nimm unsere Verstorbenen bei Dir auf und verzeihe ihnen dort, wo sie Dir und Deiner Führung misstraut haben.
Denn Du bist das Leben und willst, dass wir es ergreifen. Dir sei Dank mit dem Sohn und dem Heiligen Geist in alle Ewigkeit. Amen.