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Selig die Armen im Geiste – oder: Vom Mut, Gott handeln zu lassen

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 4. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A)
Selig die Armen im Geiste – oder: Vom Mut, Gott handeln zu lassen
Selig die Armen im Geiste – oder: Vom Mut, Gott handeln zu lassen
In der aktuellen Einheitsübersetzung (EU16) lautet die Stelle in der Bergpredigt "Selig, die arm sind vor Gott" – aber "Selig die Armen im Geiste" hat sich scheinbar vielleicht auch durch die Missverständlichkeit ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Seien Sie also nicht dumm, sondern aufmerksam und hören und lesen Sie noch mal genau nach! (Im Bild ist übrigens Johannes 3,16 markiert; was nicht direkt etwas mit der Bergpredigt zu tun hat sondern hier nur symbolisch für genaues lesen stehen soll) © Pexels auf pixabay.com
  • Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 4. Sonntag im Jahreskreis über die wahre Bedeutung von "Arm im Geiste" zum Download.

Die Texte des 4. Sonntages im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Zef 2, 3; 3, 12–13 und 1 Kor 1, 26–31) und das Evangelium (Mt 5, 1–12a), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,

die Bergpredigt: Klar, die kennen wir! Die Seligpreisungen gehören doch zu den Klassikern der Literatur. Manche mögen sie ansatzweise auswendig daher sagen: „Selig die Armen im Geiste, ihnen gehört das Himmelreich; selig die Frieden stiften, selig die ein reines Herz haben …“. Schön. Und? Was bedeutet das hier und jetzt? Die Armen und Benachteiligten sind im Zentrum der Aufmerksamkeit Jesu und damit Gottes? Schön und gut: Zumindest sind sie bei Ihm im Blick, wenn schon nicht im Alltag der Christen …

Die Bergpredigt und die Seligpreisungen gehören zu einer der zentralen Reden Jesu. Was macht sie hier und jetzt zu Froher Botschaft für mich, zu einer Botschaft, die mich gleichzeitig tröstet und herausfordert?

- Schauen wir uns die 1. Seligpreisung an: Die „Armen im Geiste“ – neu übersetzt: die „arm sind vor Gott“! Das Wort, das Matthäus für „arm“ verwendet, heißt  (ptochos) und es meint eine Armut, die radikal ist: Ein solcher Mensch hat tatsächlich nichts und ist für sein alltägliches Leben auf Gaben angewiesen. In diesem Sinne „arm“ sein? Was heißt das?

Die Tradition, in der Jesus steht, weiß vom Propheten Zefanja, von dem wir in der ersten Lesung hörten. Dort geht es um den gläubigen Rest Israels, einen Rest, der wirklich auf Gott baut und Gott nicht einbaut in das eigene oder gesellschaftliche Schachern um Macht, Geld und Einfluss. Diese Armen setzen wirklich auf Gott, auf Seine Vorsehung, Sein Walten. Sie vertrauen darauf, dass Gott der Treue ist. Dass ER sie in ihrer täglichen Sorge nicht vergisst – mehr noch: dass ER ihnen mehr gibt, als sie brauchen!

Dem korrespondiert die 6. Seligpreisung: Selig, die einen reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen. Selig also die, die wirklich, echt und natürlich aus dem Vertrauen gegenüber Gott leben, die als Geschöpfe dem Schöpfer vertrauen und das mit einer Selbstverständlichkeit, die dem Vertrauen von Kindern gegenüber ihren Eltern vergleichbar ist.

- Die Zuhörer Jesu im „Quasi-Heidenland“, in Galiläa, fernab der Zentren religiöser und politischer Macht, sind die einfachen und abgehängten Menschen, diejenigen, die nicht viel zu melden haben. Sie müssen in ihrem Alltag zusehen, wie sie über die Runden kommen. Zu ihnen spricht Jesus. Genauer hingeschaut: Er spricht zu Seinen Jüngern, die sich um Ihn versammeln, und damit eben auch zu denen, die sich um diese herum zusammenfinden. Vorher rief Jesus diese Jünger zusammen, sammelte sie, da Er in ihnen genau das sah, was Er nun in die Seligpreisungen fasst: Die prinzipielle Offenheit für Gott.

- Liebe Schwestern und Brüder, die Krise, in der sich unsere Kirche gerade in Deutschland befindet, wird oft thematisiert. Die Gründe dafür sind erschreckend und lassen niemanden kalt. Wozu aber führt das? Immer wieder gab und gibt es die Versuchung, die Kirche zu „machen“, sie so zu gestalten, wie es Einzelnen, einer Gruppe, Herrschenden, einem Mainstream gefällt – oft aus durchaus guten und einsichtigen Gründen. Doch von Anfang an war das nie die Kirche Jesu! Als wir vor drei Jahren begannen, einen Erneuerungsprozess zu versuchen und ihn „Synodaler Weg“ nannten, war ich mit vielen anderen davon sehr angetan. Die Ernüchterung machte sich bald breit und Papst Franziskus hat schon sehr früh gemahnt, sich doch zuallererst auf den Weg des Hörens auf das Wort Gottes und des gemeinsamen Betens zu machen. Es sind Grundhaltungen des Weges Jesu! Aber nein, es musste gehandelt werden, gesteuert und organisiert – die Freude verpuffte zusehends, Grabenkämpfe wurden sichtbar und mittlerweile stehen wir kurz vor einem Schisma!

Worum geht es in der Kirche? Um Macht und Prävention von Machtmissbrauch? Geht es nicht – bei Haupt und Gliedern – wieder neu um ein Armwerden im Geiste, um eine Reinheit des Herzens, um wirklich zu begreifen, zu spüren und zu entdecken, dass und wie Gott unaufhörlich am Werk ist?

Ich versuche, die Seligpreisungen neu kennenzulernen. Sie trösten mich und mahnen mich, die Spaltung nicht zu vertiefen und nicht in Resignation zu verfallen. Ich möchte Ihm den Raum geben, den es gerade jetzt mehr als zuvor braucht. Ich möchte so bezeugen, dass ER den Weg immer mit uns zusammen geht - ‘ - eine Synode in Seinem Sinne also, die nie spaltet, sondern zusammenführt.

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

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