„Pilger der Hoffnung“ – Feier zum Beginn des Heiligen Jahres
Die Texte am Silvestertag 2024 des Lesejahres C, die Lesung (1 Joh 2, 18–21) und das Evangelium (Joh 1, 1–18), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron.
Liebe Schwestern und Brüder,
„Peregriantes in spem“ – ist das Heilige Jahr 2025 überschrieben. Wir übersetzen es mit „Pilger der Hoffnung“. Das ist nicht falsch, aber ungenau. Besser wäre es zu sagen: Pilger auf Hoffnung hin! Papst Franziskus hat am Stephanustag in einem römischen Gefängnis eine Heilige Pforte geöffnet, die einzige außerhalb der vier offiziellen Heiligen Pforten: Sie soll ein Zeichen der Hoffnung sein! Der Papst sagte im Gefängnis: „Mir gefällt es, mit dem Bild des Ankers an die Hoffnung zu denken.“ Dabei benutzt er das Bild des Ankers etwas anders, als wir das gewöhnlich tun und sagte weiter: (Der Anker) ist am Ufer festgemacht und wir – auf dem Wasser - sind durch das Seil mit ihm verbunden. Verliert niemals die Hoffnung. Diese Botschaft möchte ich euch geben, allen, mir selbst zuerst. Die Hoffnung enttäuscht nie. Manchmal ist das Seil schwer und tut den Händen weh – aber mit dem Seil in der Hand, der Blick dem Ufer zugewandt, wird der Anker uns weiterziehen. Er hilft uns, weiterzumachen!“
Hoffnung meint mehr als Zuversicht und das Heilige Jahr wird uns die Gelegenheit geben, diese göttliche Tugend – neben Glaube und Liebe – wieder neu in den Blick zu nehmen.
Für die frühen Christen war der Glaube beinahe gleichbedeutend mit Hoffnung: Es ging nicht um eine „Information“ über Gott oder das, was ich glaube. Das hätte das Römische Reich nicht verändert. Es ging – und geht – darum, dass der Glaube performativ, also verändernd wirkt: Die Zukunft, die Gott uns allen schenken will und an die wir glauben, wird JETZT in die Gegenwart hineingezogen! Der Glaube ist eine Mitteilung, die Tatsachen wirkt und das Leben jetzt schon verändert! Am Fest der Heiligen Familie erzählte ich von drei Familien, in denen das Unheil eingebrochen war: In der ersten Familie durch die Drogensucht eines Kindes; in einer zweiten durch den Ehebruch des Mannes und in der dritten durch den Alkohol, dem der Familienvater verfallen war, da er dem Druck in der Arbeitswelt und der Verantwortung für die Familie nicht mehr standhalten konnte.
Was diese drei Familien verbindet ist nicht nur, dass das Unheil, aus ganz unterschiedlichen Gründen, eingebrochen war. Darüber hinaus verbindet alle drei etwas ganz Entscheidendes: Sie stellten sich der Krise als glaubende Christen! Sie suchten und fanden nicht nur kompetente Hilfe und Beratung – sie fanden den Mut, die Tür noch einmal besonders für Christus zu öffnen: für das Gebet, für die gemeinsame Suche nach einem Weg, der aus der Sackgasse, in die sie sich hineinmanövriert hatten, herausführen konnte.
Als Christ weiß ich – wie Paulus das ausdrücken würde – dass Christus mich, uns weiterführt, durchträgt, wachsen lässt. Das meint Hoffnung! Gerade wenn es dunkel ist, wenn es aussichtslos scheint, hilft mir dieser Anker, diese Hoffnung dabei, nicht aufzugeben, weiterzumachen, den Glauben daran nicht zu verlieren, dass neues Leben durch Christus möglich ist.
Die drei eben erwähnten Familien haben genau diese Erfahrung gemacht, weil sie Christus die Tür geöffnet hatten. Weil sie darauf vertrauten, dass ER neues und befreites Leben schenkt.
Papst Fanziskus hat es den Gefangen am Stephanustag auch zugesagt: An ihrer äußeren Situation wird sich erst einmal nichts ändern – aber wenn ihr Herz sich dafür öffnet, dass Neues werden kann, durch IHN, dann geschieht Heilung und ganz neue Wege werden möglich.
Dazu lade ich alle in unserer Gemeinde ein, natürlich auch mich selbst: Dass wir in diesem Heiligen Jahr in dieser Weise Pilger auf Hoffnung hin werden. Und dies dabei sowohl im Blick auf die eigenen, persönlichen Nöte, als auch auf die der Kirche, unserer Gesellschaft, der Welt. Wenn wir so unsere Herzen, unsere Gedanken mit lebendiger Hoffnung dem Herrn zur Verfügung stellen, dann wird sich etwas ändern. Denn: Es „kann da keine positive Weltgestaltung gedeihen…wo die Seelen verwildern“, sagte Papst Benedikt. So gesehen ist dieses Heilige Jahr keine katholische Privatveranstaltung, es ist ein Dienst an der ganzen Welt!
Der ursprüngliche Dialog vor der Taufe geht so: „Was suchst, was willst du?“ – „Ewiges Leben!“ Ich will, ich suche ein Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Jetzt schon und am Ende ganz und gar.
Es geht um nichts weniger!
Amen