„Peanuts“ – oder: um welchen Einsatz geht es?
Die Texte am 33. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Spr 31, 10–13.19–20.30–31 und 1 Thess 5, 1–6) und das Evangelium (Mt 25, 14–30), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
es sind beinahe 30 Jahre her, als ein Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank Millionenbeträge als „Peanuts“ bezeichnete und einen Sturm der moralischen Entrüstung losbrach. Mit einem solch moralisch fragwürdigen Menschen haben wir es auch im heutigen Evangelium in der Gestalt des reichen Mannes zu tun. Unglaublich hohe Summen übergibt er seinen Knechten und bezeichnet später diese Summen als „Weniges“, also „Peanuts“. Zwei der drei Knechte haben den ihnen übergebenen Einsatz verdoppelt – was sicher nur mit sehr fragwürdigen Mitteln bewerkstelligt werden konnte. Offensichtlich hatten diese beiden die Vorgehensweise ihres Herrn nachgeahmt: der erntet, wo er nicht gesät hat; der sammelt, wo er nicht ausgestreut hat. Der dritte Knecht hatte Angst: vor seinem Herrn und offensichtlich auch davor, so zu werden wie dieser!
Wir haben uns angewöhnt, dieses Gleichnis so zu hören, dass wir darin aufgefordert werden, die von Gott in uns gelegten Gaben zu nutzen und „gewinnbringend“ in der Welt einzusetzen – gewinnbringend für das Reich Gottes!
Aber: Als Jesus dieses Gleichnis erzählte, war ein „Talent“ eben noch keine Gabe oder Fähigkeit, sondern schlicht und einfach ein sehr hoher Geldbetrag – von dem die allermeisten Seiner Zuhörer nur träumen konnten. Kein Traum war es aber, dass viele der Zuhörer die Willkür und Rücksichtslosigkeit reicher Menschen zu gut kannten, die „ernten, wo sie nicht gesät haben“! Wie hörten sie dieses Gleichnis? War für sie der angeblich faule und feige Knecht nicht eher der Held, der eben nicht so werden wollte, wie sein Herr?
- Wir begegnen in diesem Wort des Evangeliums einem Jesus, der verstört. ER möchte nicht gefallen, auch auf die Gefahr hin, Anhängerschaft zu verlieren. Matthäus gehörte der Tradition nach zu Seinen Jüngern und so überliefert er uns dieses eigenartige Gleichnis. In der Parallele bei Lukas, der selbst wohl kein Augen- und Ohrenzeuge Jesu war, wird dieses Gleichnis in einen fremden Kontext eingebettet und auch etwas abgemildert – denn dieser Jesus kann anschrecken!
Was will Jesus sagen? Was ist Frohe Botschaft daran?
- Wir stehen am Ende eines Kirchenjahres. Wir dürfen uns als Einzelne und als Gemeinschaft fragen, womit wir dem Reich Gottes zum Wachstum verholfen haben. Ich unterstelle jedem von uns: Wir haben uns bemüht! Wir haben uns eingesetzt, auf sehr vielfältige Weise, auch um der Kirchenresignation etwas entgegen zu setzen. Wir sind dabei geblieben!
Ich höre einen Jesus, der mich provoziert! ER stellt eine Person als Modell vor, die mich in ihrer Skrupellosigkeit abschreckt. Ich ringe mit diesem Jesus. Ich will Ihn befragen, was ER denn damit bezweckt, worum es Ihm geht.
Und damit bin ich am Kern Seiner Verkündigung: Es geht Ihm um das Reich Gottes, um das Reich Seines Vaters. Der Vater hat einen Plan mit Seiner Welt: ER möchte sie umgestalten, wandeln – mit uns, mit mir. Dafür braucht es Einsatz. Rücksichtslos! Dafür braucht es „Biss“, einen unbedingten Willen: So wie bei denen, die sich – rücksichtslos – so weit hocharbeiten, dass sie Millionenbeträge als „Peanuts“ bezeichnen können!
Habe ich solch‘ einen Biss? Der wirkliche Gutsherr ist natürlich kein rücksichtsloser Millionär, sondern der Barmherzige Vater. Der mir viel anvertraut hat. Ich frage mich: Habe ich nicht immer wieder viel zu viel Angst, sie einzusetzen, diese Gaben, diese Talente?
- Wie viele von Ihnen – so vermute ich jetzt – leide ich an der Kirchenkrise in unserem Land. Ein Ende ist nicht in Sicht. Lösungen auch nicht. Reformen und Reförmchen sollen es bringen. Auf all das vertraue ich nicht (mehr). Vielmehr schaue ich mir an, was diejenigen auszeichnet, die – wie die beiden Knechte im Evangelium – das Vorbild ihres Herrn vor Augen hatten: Wir nennen sie Heilige – oder werden sie so nennen (wie Mutter Elvira von der Gemeinschaft Cenacolo). Sie haben nicht etwas eingesetzt, sondern sich selbst. „Nimm teil am Freudenfest deines Herrn“ – das feierten wir kürzlich, an Allerheiligen. Darum geht’s.
Die Botschaft des Evangeliums macht mich zurzeit nicht froh – sondern unruhig.
Amen.
Unser Herr Jesus Christus, der jeden Menschen dazu ermutigt, die eigenen Gaben für das Reich Gottes einzusetzen, wollen wir bitten:
- Lass jeden von uns die Talente entdecken, die Du in uns gelegt hast, damit wir so am Aufbau Deines Reiches mitarbeiten.
(Christus, höre uns - Christus, erhöre uns) - Hilf uns als Deiner Kirche, dass wir denen eine Stimme verleihen, die im Getriebe dieser Welt untergehen, die arm sind und am Rande leben.
- Erleuchte in diesen bedrückenden Wochen und Monaten alle, die politisch Verantwortung tragen, dass sie ihre Gaben und Talente für den Frieden und die Versöhnung einsetzen.
- Lass die Jugendlichen unserer Gemeinde, die vor einer Woche gefirmt wurden, den Weg des Glaubens froh und entschieden gehen und so ein Segen für die Welt werden.
- Lass unsere Verstorbenen erfahren, dass sie teilnehmen dürfen an Deiner Freude, an der Freude ihres Herrn.
Denn Du bist ein Gott, der Leben gibt. Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.