"Ostern erfahren II"


Liebe Schwestern und Brüder,
Ostern erfahren! Ostern feiern ist schön, nach der Fastenzeit wieder schlemmen. Klar. Aber das reicht nicht. Nach den frühen Zeugnissen der Christen geht es darum, dass Menschen Ostern erfahren und genau diese Erfahrung weitergeben – nicht als Konserve! Sondern als Ermutigung, ja als Erwartung, dass sich mir, dass sich uns der Auferstandene zeigt. Um nichts weniger geht es! Spannend.
„Glaub ich nicht!“ – Ja, ich weiß: Wir sehen es, wir spüren es. Glaubenstradition lässt sich in unserer Gesellschaft nicht mehr vermitteln. Vielleicht haben wir das zu lange versucht und meinen, nur so ginge es – nur so kann ich mir das hilflose Schreiben Papst Benedikts in der letzten Woche erklären! Damit lässt sich jedoch keine Kirche bauen, keine Gemeinde. Aber: Ostererfahrung – kann man das machen? Feiern können wir organisieren. Aber Erfahrungen?! Natürlich nicht! Deswegen: Hören wir in diesen Tagen doch einmal wieder genau hin, wer Erfahrungen gemacht hat, was das für Personen waren: Die Apostel, Maria Magdalena, Jünger auf dem Weg nach Emmaus…
- Da sind zwei Menschen unterwegs. Nein, nicht unterwegs. Die wollen weg. Weg von Jerusalem und der Gemeinschaft, die sich um Jesus versammelte. Die beiden treten aus! Nicht aus Protest, Empörung – viel Schlimmer: Sie sind tief enttäuscht. Mehr noch: Die halten es nicht mehr aus. Ihnen ist zum Heulen zumute, wie Maria Magdalena. Man hat ihnen mit Jesus alle Hoffnung auf ein anderes, ein neues Leben genommen. Wohin gehen sie? Weg! Hauptsache weg!
Ein „Wohin“ gibt es erst einmal nicht, nicht mehr. Wer ihnen da auf dem Weg begleitet, knüpft an alte Hoffnungen an. Doch der Zweifel meldet sich – klar. Hier ist es Kleopas: Das kann nicht sein, das ist kaputt – das kommt nicht wieder. Aber da lebt noch etwas anderes und daran knüpft der Fremde auf dem Weg an: An die Erfahrung von Glaubwürdigkeit, die sie mit Jesus gemacht hatten. Wie wichtig ist es, als Kind, als Jugendlicher die Erfahrung von Glaubwürdigkeit des Glaubens zu machen – daran lässt sich später einmal anknüpfen. Mit dem Fremden lesen sie die Bibel neu – auch das ist ein Geschenk des Auferstandenen: Die Bibel neu lesen! Tun wir das? Hat sie, die Bibel, einen Platz bei uns?
Aber das ganz Entscheidende: Die Bitte „Bleib bei uns!“ Das ist die Einladung, die Jesus nicht ausschlägt. Nie. Da, dann werden ihnen die Augen aufgehen.
- Versuchen wir, das auf uns heute zu beziehen, auf uns als Kirche, als Gemeinde. Für nicht wenige ist das Gefühl da, das Maria Magdalene ausdrückt: „Man hat mit Jesus weggenommen!“ Vielleicht nicht für sich persönlich aber für die Kinder und Enkel. Die leben, als gäbe es das alles nicht: Glaube, Kirche, Tradition. Das ist zum Heulen.
Oder es laufen Menschen weg – von Jerusalem. Von der Gemeinschaft. Wie die Emmausjünger. Sie treten aus. Das ist doch alles hoffnungslos. Da wurde alles zerschlagen, mutwillig. Da geht es nur um Macht – aber Jesus hat doch etwas anderes gebracht!
Wenn wir das so spüren – dann sind wir am Ende der Karwoche angelangt, ja eigentlich schon am Ostermorgen. Aber an dem Punkt können wir nichts mehr machen. Osterfahrungen bekommen wir geschenkt…
Es liegt uns irgendwie im Blut, dass wir auch das noch organisieren wollen. Die Gefahr besteht auch hier: Wir schauen zurück; wir wollen es so, wie wir es kennen. Obgleich wir wissen, dass es da kein zukünftiges Leben mehr gibt. Wie Maria von Magdala: „Wo hast du ihn hingelegt – dann kann ich ihn holen“ – zum Begraben! Dann sind wir dem Tod zugewandt. Aber das Leben ist Wachstum und Veränderung. Und das wollen wir ja auch in allen Bereichen unserer globalisierten Welt. Es aber genau in der Kirche, in der Gemeinde zu beklagen oder gar zu verhindern, ist nicht dem Leben zugewandt...
Es braucht Zeit: Bei Maria ist es der Name, mit dem sie gerufen wird. Bei den Emmausjüngern, nach der langen Klage und einem neuen Verständnis für die Schrift, die Erfahrung, dass ER bleibt, sich so zu erkennen gibt.
Ich bin bei Dir, ich bleibe bei dir – das ist das Schönste, was wir einander sagen und bezeugen können. Und wenn Jesus es sagt, der, dem die Todesgrenze nichts mehr anhaben kann, dann besteht doch Grund genug, sich darauf zu verlassen.
Die Erfahrung, dass ER bleibt, in allem Wandel – das ist Ostern. Auch heute. Und davon müssen wir erzählen. Mehr als gestern.
Amen.
Fürbitten Ostern 2019
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns heute mit der Botschaft des Lebens beschenkt, bitten wir:
- Mache uns in der Gemeinschaft aller Christen zu glaubwürdigen Zeugen der Freude, die aus der Begegnung mit Dir entspringt.
(Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat)
- Für diejenigen, die wie Maria von Magdala oder die Emmausjünger tief erschüttert wurden, am Leben und auch an Dir verzweifeln: schenke ihnen neu die Erfahrung Deiner Gegenwart und Begleitung.
- Wir bitten Dich für alle Neugetauften und für unsere Kinder, die sich auf die Erstkommunion vorbereiten: Lass Deine Freundschaft zum Fundament ihres Lebens werden.
- Wir bitten darum, dass wir es mehr und mehr wagen, von unseren Erfahrungen mit Dir gerade denen zu erzählen, die nicht an Deine Wegbegleitung und ein Leben in Fülle glauben können.
- Führe unsere Verstorbenen, deren Namen Du kennst, zur Auferstehung und zur Gemeinschaft mit Dir.
Denn Du lebst und befreist uns aus allen Fesseln des Todes, der Du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.
