Mundpropaganda – oder: Für wen halten mich die Menschen?
Die Texte am 21. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Jes 22, 19–23 und Röm 11, 33–36) und das Evangelium (Mt 16, 13–20), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
„wo finde ich einen guten Arzt?“; „ist dieser Metzger zu empfehlen?“; „wo kann ich gut und nicht zu teuer essen gehen?“.
Mundpropaganda wirkt! Und wir verlassen uns auf sie, gerade wenn wir der befragten Person vertrauen. Im Rückblick kann ich gar nicht mehr sagen, wie viel ich Menschen zu verdanken habe, die mir durch einen Hinweis, einen Rat, eine Erfahrung geholfen haben und mein Leben letztlich mitbestimmten. Ihre „Mundpropaganda“ hat mein Leben in jedem Fall bereichert!
Für Kiedrich gilt das genauso. Über Jahrhunderte haben Menschen zueinander gesagt: „Geh zum hl. Valentin, der hilft dir!“ Warum tut er das? Weil er ein Heiliger ist, ein Freund Christi. Heute hingegen können wir selbst Menschen aus unserer eigenen Pfarrei kaum noch anlocken!
- „Für wen halten mich die Menschen?“ Das ist die Schlüsselfrage! Da gibt es unterschiedliche Antworten. Petrus gibt die eine, die richtige: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“. Das allein ist die richtige Antwort. Woher hat Petrus diese Antwort? Nicht aus „Fleisch und Blut“ – also nicht aus Büchern, nicht durch Diskussionen oder Gremiensitzungen. „Mein Vater im Himmel“ hat es ihm offenbart: Petrus hatte den Mut, die Erfahrungen mit Jesus im Licht seines Gewissens zu deuten, genau hinzusehen. Das Gewissen als innerstes Geheimnis des Menschen; ein Heiligtum, das mir hilft, der zu sein der ich sein soll – von Gott her. War das ein besonderes Privileg des Petrus? Nein, es lässt eher darauf schließen, dass Jesus nicht der einzige war, der eine Nacht im Gebet verbrachte!
- Petrus und die anderen Jünger: Vor allem auf ihnen ruhte das Missionswerk der frühen Kirche. Und es nahm rasch an Fahrt auf. Dabei ging es nicht um Theorie und Diskussion – es ging um das beeindruckende und glaubwürdige Lebenszeugnis, das ansprach. Diese „Mundpropaganda“ hat das Leben Vieler verändert.
Mir ist das während meiner Ferien wieder besonders deutlich geworden, als ich Station in Assisi machte und die Zeit nutzte, mich wieder einmal näher mit dem hl. Franziskus zu beschäftigen. Innerhalb weniger Jahre schlossen sich diesem „Verrückten“ junge Menschen aus ganz Europa an. Das Feuer verbreitete sich rasch: Mundpropaganda! Dieser Mann hatte etwas. Er hatte etwas, das jedem von uns geschenkt werden kann: ein Leben aus der Freundschaft mit Jesus!
- „Für wen halten mich die Menschen?“. Die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie über die Religiosität der Deutschen, die vor 1 ½ Jahren veröffentlicht wurde, geht mir nicht mehr aus dem Kopf: Ein großer Teil der Katholiken, die noch mit der Kirche verbunden sind und sich auch als Teil einer aktiven Gemeinde verstehen, glauben nicht an die Gottessohnschaft Jesu, nicht an die Trinität und nicht an die Auferstehung der Toten. Ist das zu fassen? Ich kann es nicht!
Es gibt nicht mehrere Wahrheiten und als Mitglied der Kirche auch keine diversen Ansichten im Blick auf die Grundpfeiler unseres Credo!
Aber merken wir, warum eine Valentinuswallfahrt kaum mehr jemanden anlockt? Unsere „Mundpropaganda“ zieht nicht. Was erzählen wir anderen?: „Komm, wir sind als Gemeinschaft unterwegs!“ – das gibt es woanders auch, zudem meist jünger! „Das ist eine lange Tradition, die darf nicht sterben!“ – schön und gut, aber irgendwie mache ich mich damit auch lächerlich!
Es gibt sie, auch unter uns, die sagen können: Ich habe Heilung erfahren. Körperlich. Seelisch. Ich habe neue Lebensfreude gefunden, neuen Trost der von Jesus kommt. Und deswegen kann ich sagen, ER ist der Christus, der Sohn Gottes. Und Sein Freund, der Heilige Valentinus, sorgt sich in Seinem Namen um uns.
Kommt her, die ihr beladen, traurig, hoffnungslos seid. Hier ist jemand. Real. Wirklich.
Wo finde ich neuen Lebensmut, vielleicht sogar Heilung meiner Wunden? – Hier! Wo finde ich neu den Sinn meines Lebens? – Hier! Wo kann ich entdecken, dass mein Leben einmalig ist und Gott für mich eine Sendung hat? – Hier!
Unsere Mundpropaganda – wenn sie aus einer authentischen Erfahrung kommt, kann das Leben anderer verändern. Radikal.
Amen.
Zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Sohn Gottes, rufen wir:
- Wir bitten Dich um den Mut, heute neu von Dir Zeugnis zu geben: Von Deiner Nähe, Deiner Freundschaft, Deinem machtvollen Wirken im Leben so vieler Männer und Frauen, die durch Dich Heil und Heilung erfahren haben.
(Du Freund Deiner Freunde – wir bitten Dich, erhöre uns) - Du Freund Deiner Freunde, lass unsere Gemeinde immer mehr ein Ort werden, an dem Menschen auf die Fürsprache des Heiligen Valentin Heil und Heilung erfahren und so ihr Leben in Dankbarkeit annehmen können.
- Wir bitten Dich auf die Fürsprache des Heiligen Valentin für alle Menschen, die mit psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen leben: Lass sie auch durch uns erfahren, wie sehr Du sie liebst.
- Wir bitten Dich für unsere Verstorbenen, für die vielen Pilger, die im Laufe der Jahrhunderte in Kiedrich ihre letzte Ruhe gefunden haben, für unsere Freunde und Wohltäter: schenke ihnen die Gemeinschaft, in die unser Heiliger Valentin ihnen vorausgegangen ist.
Dir, dem Vater danken wir, der du uns Menschen Kraft zum Zeugnis für Christus gibst, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.