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„I have a dream“ – oder: von der Kraft der Visionen

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 2. Adventssonntag (Lesejahr A)
„I have a dream“ – oder: von der Kraft der Visionen
„I have a dream“ – oder: von der Kraft der Visionen
Martin Luther King, am 28. August 1963. Während das gezeigte Bild frei ist, ist die Rede selbst noch bis 2038 urheberrechtlich geschützt. Die Erben führten einige Gerichtsverfahren unter anderem geben CBS und BBC, sodass in Filmen & Dokumentationen sehr selten das Original zu hören ist. Die Rechte gehören heute einem Musiklabel. Ob das Teil des Traums wahr? © Rowland Scherman, United States Information Agency
  • Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 2. Adventssonntag über die Kraft der Visionen nach Jesaja 11,1-10 zum Download.

Die Texte des 2. Adventssonntags des Lesejahres A, die Lesungen (Jes 11, 1–10 und Röm 15, 4–9) und das Evangelium (Mt 3, 1–12), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,

es gibt sie: Visionen, die uns begeistern können. Visionen, die uns helfen, Kräfte zu mobilisieren, etwas zusammen auf die Beine zu stellen. Es sind immer wieder Einzelne, die einer Vision ins Leben verhelfen: „I have a dream“, sagte jemand vor beinahe 60 Jahren und löste eine nie geahnte Veränderung aus. „Yes, we can!“ erscholl vor 14 Jahren und machte Menschen in vielen Teilen der Welt Mut. „Wir schaffen das!“ war ein Wort in einer chaotischen, nie zuvor dagewesenen Situation und appellierte an die besten Tugenden der Deutschen, gemeinsam eine Krise zu meistern – und es gelang!

- Es scheint, dass uns Menschen immer wieder in bedrängender Zeit Visionen und Visionäre geschenkt werden, die eine enorme Kraft entfalten können. Später erinnern wir uns daran, spätere Generationen erzählen davon: „Damals, weißt du noch, da passierte etwas…“! Wie ist das heute?

Wie hören jedes Jahr im Advent von einer solchen Vision. Jesaja erzählt sie. Er ist überzeugt, von Gottes Vision zu berichten. Einem traurigen, verlorenen Volk, das in Babylon im Exil sitzt und scheinbar alles verloren hat – selbst verschuldet! – sagt er zu: Da kommt einer. Vertraut. Der wird alles verändern: „Der Geist des Herrn ruht auf ihm!“ Das ist das eine. Das andere ist aber, was dann geschieht – und dabei werden Bilder benutzt: Der Wolf findet Schutz beim Lamm. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind!

Weil auf einem der Geist Gottes ruht, brechen Zustände aus, wie Gott sie sich erträumt! Weil einer da ist, lassen sich andere davon anstecken. Jesaja spricht davon, dass das Land plötzlich erfüllt wird „von der Erkenntnis des Herrn“! Die Menschen sind dafür offen, weil einer es lebt, vorlebt.

„Erkenntnis“ meint im Hebräischen nicht, wie wir es verstehen, eine Angelegenheit des Verstandes. Im Orient meint es: ich spüre, dass das richtig ist. Da ergreift mich etwas, das mich in Bann zieht, dem ich mich ganz und gar hingebe, wofür ich mich einsetzen möchte. Ich erkenne: Das ist richtig!

- Liebe Schwestern und Brüder, wenn nicht jetzt, wann dann braucht es Menschen die eine andere Vision vom Miteinander der Menschen haben, das sich von dem unterschiedet, was wir gerade erleben, worunter wir leiden?!

Menschen wenden sich in Scharen vom Christentum, von der Kirche ab. Augenscheinlich wegen unserer Skandale. Aber – und davon bin ich überzeugt! – viel tiefer liegt doch die Enttäuschung darüber, dass wir nichts mehr von der Vision Gottes ausstrahlen: Von Seiner Vision für diese Welt, für unser Miteinander.

Diese Vision spricht nicht von einem Glaubensaufbruch; nicht von vollen Kirchen; nicht von steigenden Berufungen; nicht davon, dass sich Jugendliche und Erwachsene in Scharen in der Kirche engagieren. Diese Vision Gottes spricht von einem Miteinander der Menschen, wie Gott es sich wünscht: Eben Panther und Böcklein, Kuh und Bärin, Säugling und Natter. Wie können diese Gegensätze überbrückt werden? Jesaja ist da ganz deutlich: Weil die Gotteserkenntnis das Land erfüllt! Weil Menschen da sind, die diese Erlkenntnis leben. Die dem Geist der Bergpredigt ihre Hände und Füße zur Verfügung stellen. Und die neugierig darauf machen, welche Kraft man sich in Kirche und Gottesdienst holen kann. Eine solche „Erkenntnis“ bringt Früchte!

„Ein junger Trieb aus dem Baumstumpf der Kirche“ – der kann ich sein, jeder und jede von uns! Stellen wir uns das doch einmal vor: Indem einer anfängt, auf dem der Geist Gottes ruht – und wir sind „Christen“, die Gesalbten, auf denen dieser Geist ruht! – wird es geschehen, dass sich etwas ändert!

Wir glauben nicht daran! Es brauchte damals in Babylon Zeit, bis sich die Versprengten Israels dafür öffneten: Zu sehr waren sie mit den eigenen Wunden, dem eigenen Selbstmitleid und auch der eigenen Schuld beschäftigt.

Ja, es ist auch bei uns Trauer über den Verlust zu spüren, und Ärger über die Missstände. Wäre es nicht dennoch Zeit, uns der Vision zu öffnen, die Gott hat. Da es Seine Vision ist, wird sie kein Traum bleiben, wenn wir uns ihr öffnen.

„I have a dream“, bekommen wir heute wieder gesagt. „Yes, we can!“, behaupte ich. „Wir schaffen das!“, wäre eine tolle Antwort, die wir hier heute geben können.

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

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