Hochbeete, Sitzgruppen und Insektenhotel
Hochbeete, Sitzgruppen und Insektenhotel
Brach lag die Wiesenfläche an der Kindertagesstätte noch am Donnerstag dar und hatte kaum einen nennenswerten Nutzen für die Kinder. Doch dann kamen die „Heinzelmännchen“ und brachten alles auf Vordermann: Im Rahmen der bundesweiten 72-Stunden-Aktion bearbeiteten 30 Kinder, Jugendliche und Helfer der Kolpingjugend Oestrich, der Feuerwehr, der Malteserjugend, aus dem Kinderzeltlager und weitere Freunde und Bekannte die Wiesenfläche und gestalteten das Kita-Außengelände um. Schöne, große, praktische Hochbeete, Sitzgelegenheiten und ein Insektenhotel erstellten die Kinder und Jugendlichen im Alter von 9 bis 24 Jahren.
Einmal ein Held sein, das hat sich jeder schon mal gewünscht, und Rheingauer Jugendliche hatten diese Möglichkeit jetzt: unter dem Motto "Uns schickt der Himmel" konnten junge Menschen sich 72 Stunden lang an diesem Wochenende Ende April als soziale Helden beweisen. In Gruppen setzten sie sich freiwillig für andere ein und gaben so ihrem Glauben und ihren Werten Hand und Fuß. Auch nicht-katholische Gruppen hatten an der Aktion teilgenommen und zeigten, dass die Werte der Jugendverbandsarbeit uns alle angehen. Gemeinsam setzte die Aktion so ein Zeichen für Nachhaltigkeit und ein solidarisches Zusammenleben, in Deutschland und darüber hinaus. „Neben dem Erlebnis, etwas für andere zu machen und so die Welt ein Stückchen zu verbessern, ist die 72-Stunden-Aktion für die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen eine besondere Möglichkeit, gemeinsam zu lernen, wie man das Projekt umsetzt. So kann die Aktion ein Lernfeld außerhalb von Schule und Familie sein, in dem Aspekte wie Kommunikation, der Umgang miteinander, Arbeitsteilung, Zeitmanagement oder Planung sowie Spontanität beim Abweichen von dieser erlebt werden können. Daneben können natürlich auch ganz praktische Fähigkeiten beim Bauen, Pflanzen, handwerklichen Arbeiten, kreativen Gestalten und vielem mehr vermittelt werden. So fordert die Aktion Kinder und Jugendliche heraus, sich mit ihren Talenten und Fähigkeiten einzubringen.
Nicht zuletzt wird auch eines der wichtigsten Elemente der Jugendverbandsarbeit ganz praktisch gelebt: Kinder und Jugendliche können aktiv mitbestimmen. Bei der Planung und Umsetzung des Projekts bringen sie ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen ein, lernen eine eigene Meinung zu entwickeln und mischen mit. So kann Demokratie er- und gelebt werden!“, so die Organisatoren.
Initiiert wurde die mittlerweile weltweit bekannte „72-Stunden-Aktion“ 1993 bei der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) Oldenburg-Vechta. Sie griff die Idee der Fernsehsendung „Jetzt oder nie" auf, in der der Moderator in wenigen Tagen ohne Geld jeweils eine anscheinend unlösbare Aufgabe bewältigen musste. Die KLJB setzte diese Idee erstmals in kleinem Rahmen für ihre Jugendarbeit um. 1995 führte dann die KLJB Münster flächendeckend in der gesamten Diözese Münster eine 72-Stunden-Aktion durch, die ein großes Medienecho erzielte. 1998 organisierte der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) die 72-Stunden-Aktion erstmals als gemeinsame Sozialaktion aller katholischen Jugendverbände unter dem Motto „Wir können alles schaffen“. In diesem Jahr fiel am 18. April für rund 100.000 Jugendliche in sieben Bundesländern und 14 Bistümern zeitgleich um 17 Uhr der Startschuss zu der großen Jugend-Sozialaktion. In rund 2.500 Projekten zwischen Nord- und Bodensee, davon über 50 Gruppen mit etwa 1.400 Teilnehmenden im Bistum Limburg, wurden über 7,2 Millionen ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet - und damit die Welt ein bisschen besser gemacht. Egal ob sie einen Computerkurs im Altenheim gaben, ein neues Spielplatzgerät bauten oder den Kita-Garten verschönerten: alle Gruppen hatten vom 18. bis 21. April genau 72 Stunden Zeit, eine soziale, ökologische, interkulturelle oder gemeinnützige Aufgabe in ihrer Umgebung zu lösen. Dabei war die Spanne der Projektmöglichkeiten groß: von der Sanierung eines Spielplatzes, über die Gestaltung eines Begegnungsfestes oder das Anlegen eines rollstuhlgerechten Hochbeetes im Seniorenheim bis hin zu vielen verschieden Projekten für Klimaschutz war für jede Gruppe etwas Spannendes dabei.
Die Gruppen hatten die Möglichkeit, sich zwischen zwei Varianten zu entscheiden. Bei der Variante „Do It“ melden sich die Gruppen mit einem Projekt an, welches sie in den 72 Stunden umsetzen wollen. Die alternative Variante „Get It“ bietet den Gruppen eine zusätzliche Herausforderung, da das Projekt erst beim Start der Aktion bekanntgegeben wird, also am Abend des Donnerstags, den 18. April, wie bei der Kolpingjugend aus Oestrich. Die Gruppen müssen dann zunächst noch ihr Vorgehen planen, bevor sie sich an die Umsetzung des Projektes wagen. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Lisa Paus, und der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, hatten die Schirmpatenschaft für die deutschlandweite Sozialaktion übernommen.
Und natürlich hat das Projekt längst auch den Rheingau erreicht, im Raum Eltville und Geisenheim hatten sich mehrere Gruppen zusammengefunden, um vor Ort Gutes zu tun. Die „72-Stunden-Aktion” verlange von der Gruppe, dass sie sich kreativ zeige, improvisieren kann und auch Hilfe und Unterstützung sucht und findet. „Denn für große Aufgaben braucht es viele Hände. Die Erfahrung der vergangenen Aktionen des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend in verschiedenen Bistümern hat aber gezeigt, dass Freunde, Verwandte und Bekannte, Fachleute, Firmen und andere Einrichtungen den Jugendlichen bei ihren Aufgaben helfen und sie vor Ort unterstützen“, so die Organisatoren.
Auch die fleißigen Oestricher Helfer bekamen Spenden und Unterstützung für das Projekt in Presberg: Unternehmen und Einrichtungen hatten die Aktion mit Finanz- und Sachspenden unterstützt, darunter die Stiftung Clemenshaus Oestrich, die Rheingauer Volksbank, die Gärtnerei Kolb in Rüdesheim, die Druckerei Wolf in Eltville, Hagebau Rüdesheim und auch mehrere Einzelspenden gab es. „Viele haben uns schnell und spontan mit Materialien oder Fahrdiensten unterstützt. Auch das Team der Kita Arche Noah hat uns offenherzig empfangen und unterstützt. Die Eltern haben uns mit Kuchen und Essen versorgt!“, so Florian Schmitt von der Kolpingjugend. Er erläuterte auch, dass die Kolpingjugend Oestrich sich aus den Mitgliedern der Kolpingsfamilie Oestrich zusammensetzt, die jünger als 30 Jahre alt sind: „Regelmäßig gibt es Angebote für Kinder und Jugendliche wie zum Beispiel Kinoabende, Besuch einer Trampolinhalle, Spielenachmittage oder eine Übernachtung in einer Kirche, die selbst von Jugendlichen organisiert werden. Außerdem wirkt die Jugend auch engagiert bei den Veranstaltungen der Kolpingsfamilie mit. Ob in Tanzgruppen an der Fastnachtsitzung, mit der Organisation des Kinderprogramms für das Sommerfest oder als fleißige Helfer bei der Kleidersammlung – die Kinder und Jugendlichen wirken an allen Ecken und Enden begeistert mit!“.
In der Aktionsgruppe bei der 72-Stunden-Aktion waren neben Mitgliedern der Kolpingjugend auch andere Jugendliche und junge Erwachsene dabei, die sich zum Beispiel im Kinderzeltlager Oestrich-Winkel, bei der Feuerwehr oder bei der Malteserjugend engagieren. Insgesamt waren rund 30 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dabei und wirkten mit, die Welt ein Stückchen besser zu machen.
Am Donnerstagabend hatten sie erfahren, dass ihr Projekt die Umgestaltung einer Wiesenfläche an der Kindertagesstätte Natur- und Familienhaus „Arche Noah“ in Presberg sein wird. „Die Aufgabe beinhaltete unter anderem das Bauen mehrerer Hochbeete, das Bepflanzen verschiedener Bereiche der Wiesenfläche mit Blumen und Sträuchern und die Errichtung einer Sitzgruppe. Außerdem blieb der Gruppe auch noch Freiraum, selbst Ideen zur Gestaltung des Bereichs zu entwickeln und umzusetzen. Ziel war es, dass durch die Aktion ein Ort entsteht, an dem sich Bewohner von Presberg begegnen, Eltern neben der KiTa zum Beispiel in einer Eingewöhnungsphase oder bei Wartezeiten verweilen oder Wandernde den Ausblick genießen können.
Und dann ging es los: unter dem Motto „Ab ins Beet“ verwandelten die Jugendlichen in 72 Stunden die Wiesenfläche in einen echten „Urban Garden“, in dem sich Menschen aus Presberg treffen, und Gemüse und Früchte ernten oder einfach nur ausruhen können. „Nachdem wir am Donnerstagnachmittag in Wiesbaden unser Projekt erhalten hatten, startete die Aktion um 17:07 Uhr mit einem Treffen im Kolpingraum. Hier wurde zunächst geplant, wie das Projekt umgesetzt werden kann. Dazu gehörte auch Recherchieren, wie zum Beispiel ein Hochbeet gebaut wird!“, so Florian Schmitt. Am Freitagmorgen dann gingen die verschiedenen Gruppen im Baumarkt oder in Gärtnerei erst mal einkaufen, bevor es am Nachmittag dann mit dem Werken an der Kita endlich los ging. Und die Arbeiten waren zahlreich: das Zurechtschneiden der Bretter und anschließende Zusammenbauen für die Hochbeete, Umgraben von Erde und die Befestigung der Rahmen für die geplanten Erdbeer-Beete und das Pflanzen von Sträuchern, die einmal einen Sichtschutz zu den Autostellplätzen bilden sollen, standen an. Bis in den Abend hinein dauerten die Arbeiten, die Hochbeete wurden abgeschliffen und lasiert und vieles mehr. Zum Abschluss wurde gemeinsam gegrillt und übernachtet wurde auch vor Ort. Auch am Samstag waren wieder zahlreiche Helfer vor Ort. Jetzt standen das Aufstellen der Hochbeete und die Verankerung im Boden an. Tontöpfe wurden bemalt, in die später „Perlenketten-Windspiele“ aufgehängt wurden. Pflastersteine wurden künstlerisch gestaltet, die zur Verschönerung auf dem Gelände platziert wurden. Auch die Weiterarbeit am Bau der Rahmen von Beeten und die Befüllung der Hochbeete mit Grünschnitt, Kompost und Pflanzerde musste erledigt werden. Außerdem bauten die Jugendlichen auch zwei Paletten-Bänke, bauten eine Picknickbank zusammen und ein Insektenhotel.
Dabei gab es auch große Herausforderungen zu überwinden, denn vor allem das schlechte Wetter mit Regen, Hagel und sogar Schneefall machte die Arbeit draußen teilweise sehr unangenehm und anstrengend. Ebenfalls schwierig war die große Entfernung zwischen Presberg und Oestrich beim Transport von Material und Personen.
Trotzdem schafften die Jugendlichen alles, was sie sich vorgenommen hatten. Am Sonntag standen die letzten Arbeiten wie das Bepflanzen der Hochbeete mit Kräutern, Erdbeeren und Zierpflanzen auf dem Programm, bei wärmeren Temperaturen soll auch das Gemüse folgen. Die selbstgemachten Windspiele und Insektenhotels wurden aufgebaut. Die Picknickbank und Palettenbänke wurden aufgestellt. Danach kam das Aufräumen und Saubermachen und dann gab es riesiges Lob für die gelungene Aktion. „Für die Kinder der Kita Arche Noah, aber auch für die Menschen aus Presberg und alle, die sonst noch dort vorbei kommen, wurde hier ein wirklich sehr schönes Gelände geschaffen!“, lobte auch Ortsvorsteher Simon Weimann stellvertretend für viele begeisterte Presberger das Engagement der jungen Leute. Die hielten fest, dass es viel Spaß gemacht habe, zusammen zu arbeiten und etwas Großartiges in der Gemeinschaft zu schaffen.
Sabine Fladung