Gedanken zum Sonntag: Auf dem Weg nach Emmaus
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(Aus technischen Gründen ist die Audiobotschaft als hier voranstehendes Video eingebunden. Es enthält die Predigt von Pfarrer Ralph Senft umrahmt von Orgelstücken von Dr. Markus Frank Hollingshaus. Sie finden die kompletten liturgischen Texte im Online-Schott der Erzabtei Beuron. Im folgenden der Text der Predigt zum Mitlesen)
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
Liebe Schwestern und Brüder in Christus!
Menschen auf dem Weg
Menschen prägen unser Leben, unser Denken und unser Fühlen. Menschen haben Einfluss auf unser Verhalten und auf unsere Einstellungen zum Leben und zu dieser Welt. Unsere Umwelt hat einen großen Einfluss auf unser Leben. Die familiären, sozialen und kirchlichen Gegebenheiten bedingen Voraussetzungen, in welchen Bahnen unser Leben verläuft. Oft sind es Menschen aus der Kindheit und der Jugend, die unsere Lebensweichen gestellt haben. Darüber hinaus sind es Menschen, mit denen wir tagtäglich Umgang haben, deren Verhalten uns beeinflusst. Menschen in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Freizeit. Sie prägen unser Bild von der Welt, unser Bild vom Leben – positiv oder negativ. Diese Menschen beeinflussen in der Regel auch das, womit ich mich im Alltag beschäftige, meine Vorlieben, meine Hobbys. Diese Menschen verändern aber auch mein Verhalten oder meine Einstellung, indem sie mich oder meine eigenen Ansichten in Frage stellen und ihre Sicht der Dinge mitteilen. Dadurch regen sie mich an, persönlich Stellung zu beziehen.
Wovon das Herz voll ist …
Diese Gedanken können wir auf die beiden Menschen übertragen, von denen heute im Evangelium die Rede ist, Kleopas und sein Begleiter. Sie stammen aus dem gleichen Dorf, haben die gleiche Herkunft, haben wahrscheinlich eine ähnliche Einstellung zum Leben und zum Glauben. Das gemeinsame soziale Umfeld wird ihre Lebensbahnen in dieselbe Richtung gelenkt haben.
Die Begegnung und der Umgang mit dem Rabbi Jesus hat sie jedoch nachhaltig geprägt und verändert. Sie sehen in ihm mehr als nur einen Propheten, der gesandt ist, das Volk Israel zu erlösen. Dieser Jesus hat ihrer Sehnsucht und ihrer Hoffnung nach Freiheit und Selbstbestimmung eine Stimme gegeben. Dieser Jesus hat neue Gedanken und Kräfte in ihnen freigesetzt. Dieser Jesus hat sie in eine neue Gemeinschaft geführt, in der sie den Anbruch einer neuen Zeit schon gespürt haben. Er hat ihr Leben und ihre Gedanken verändert, er hat ihre Gottesbeziehung erneuert und neue Horizonte eröffnet. – Umso größer ist ihre Enttäuschung, als sie mit dem Tod Jesu ihre neuen Visionen wie eine Seifenblase zerplatzen sehen.
Die Rückkehr in die alte und vertraute Umwelt, in das Heimatdorf, scheint dann eine Rückkehr in das alte Leben zu werden. Doch die entscheidende Wendung für diese beiden Menschen kommt mit dem Fremden, der sich zu ihnen gesellt. In seiner Gegenwart sprudelt aus ihnen heraus, was sie umtreibt. In diesem Menschen begegnet ihnen jemand, bei dem sie all das loswerden können, was ihnen auf dem Herzen liegt. Mit Hilfe dieses Menschen entdecken sie aber auch, was sie vermissen. Ihnen wird sicherlich schon auf dem Weg klar, dass die Rückkehr in das Heimatdorf nicht der Weg in die Zukunft ist. Denn mit diesem Fremden erkennen sie, was ihnen wirklich wichtig ist, was die Grundlage ihres Lebens und ihres Glaubens, was die Grundlage ihrer Sehnsucht und ihrer Hoffnung ist. Nach und nach werden sie stiller und der Begleiter eröffnet ihnen eine neue Vision, einen neuen Aufbruch. Das gemeinsame Mahl ist dann nur noch der letzte Schritt, der ihnen die Augen öffnet, damit der innere Aufbruch, zu einem äußeren Aufbruch nach Jerusalem wird.
Wenn die Augen aufgehen
Solche Schlüsselsituationen können uns Menschen die Augen öffnen – damals den Jüngern Jesu und heute uns. Das Evangelium von den beiden Emmaus-Jüngern stößt uns darauf, in unsere eigene Lebensgeschichte zu schauen und ihre Wendungen zu entdecken. Denn in jedem Leben gibt es Enttäuschungen und zerplatzte Sehnsüchte. In jedem Leben jagen wir Visionen nach, die sich nie erfüllen. Diese Ostererzählung kann uns Menschen von heute gerade deshalb eine Hilfe sein, weil Jesus sich nicht sofort als der Auferstandene zeigt, sondern Schritt für Schritt mit den Emmaus-Jüngern und ihrer Enttäuschung mitgeht. Erst in der Rückschau erkennen die Jünger, dass es Jesus war, der sie von Anfang an begleitet und geführt hat.
Oft erst im Rückblick auf schwierige Zeiten und Situationen erkennen wir, dass der Herr uns von Anfang an begleitet und geführt hat, dass er unser Wegbegleiter geworden ist. Vielleicht wird uns gerade dies in diesen vom Corona-Virus beherrschtem schwierigen und zugleich österlichen Wochen geschenkt: dass wir spüren und erkennen, dass der Herr uns führt und stützt. Unsere Sehnsüchte und unsere Visionen bekommen durch ihn einen anderen Stellenwert. Von Ostern her gesehen können wir erfahren, dass der auferstandene Christus auch uns begegnet und mit uns auf dem Weg ist.
Seien wir offen dafür!