13.09.2019

"Einer muss da sein, es zu sagen" - Seligsprechung von Pater Henkes

Predigt von Pfarrer Dr. Robert Nandkisore am 24. Sonntag im Jahreskreis 2019

Liebe Schwestern und Brüder,

diese Erzählungen aus dem Lukasevangelium gehören zu den schönsten Aussagen unseres Glaubens: Nicht Leistung bestimmt das Christentum, Perfektion, moralische Vollkommenheit, sondern vor allem und zu allererst der gütige und barmherzige Blick Gottes auf uns – auf jeden, auf den Einzelnen. Das verlorene Schaf, die Drachme – dem jeweiligen Besitzer sind sie nicht egal, weil er um ihren Wert weiß. Der einzelne Mensch, wer auch immer er oder sie ist – Gott geht ihm nach. Gesteigert werden diese Aussagen noch durch das Gleichnis vom Verlorenen Sohn, das sich gleich anschließt.

Der Mensch, ich habe einen Wert als der, der ich bin. Als ich mich während meiner römischen Studienjahre mehr mit der Geschichte dieser faszinierenden Stadt beschäftigte, gerade auch mit der Antike, begriff ich, warum das Christentum damals so eine Faszination ausübte: Gerade bei Entrechteten, bei Sklaven, bei denen also, die nichts galten – hier nicht und auch nicht in einem späteren Jenseits. Klar, dass das irgendwann störte: Die Ordnung, die bisher alles in Schach gehalten hatte. Wer die Ordnung stört, hat mit Konsequenzen zu rechnen.

In unserer indischen Partnerdiözese Nellore können wir das heute ebenfalls feststellen: Es sind vor allem Arme, Unterprivilegierte, die ihre Hoffnung auf Jesus setzen. Die Kirche ist ihnen Anwalt und Bischof Moses legt einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf den Bau und den Unterhalt von Schulen für diejenigen, die sich Bildung nicht leisten können. Doch dies wird beargwöhnt: Hindu-Fundamentalisten machen es der Kirche in Indien zunehmend schwerer. Die bisherige Ordnung wird gestört!

„Einer muss da sein, es zu sagen“ – es waren und sind immer wieder Einzelne, die den Mut aufbringen, dem Wort des Evangeliums Raum zu geben. An diesem Sonntag feiert unser Bistum das Fest der ersten Seligsprechung: Der Pallottinerpater Richard Henkes, 1900 in Ruppach-Goldhausen geboren und 1925 in Limburg zum Priester geweiht, gehört zu denen, die den Mund aufmachten und damit die verordnete Ordnung störten. Unser Bischof geht in seinem Hirtenbrief eingehend auf sein Leben und seine Bedeutung für uns heute ein, nicht nur im Blick auf das Bistum. So berichtet er, dass die besorgten Eltern von Pater Henkes ihren Sohn baten, doch mit seinen Aussagen vorsichtiger zu sein, da die Gestapo schon ein Auge auf ihn geworfen hätte. Doch er antwortete: „Einer muss da sein, es zu sagen“!

Es – die Botschaft Jesu! Auch wenn wir davon ausgehen können, dass damals etwas 90% der deutschen Bevölkerung einer der beiden großen Kirchen angehörte, so war das doch keine Garantie, dass die Prinzipien und Werte  des Christentums im öffentlichen Raum galten. „Automatisch“ wurden und werden Werte nicht weitergegeben. Sie müssen überzeugt gelebt und bezeugt werden. „Einer muss da sein, es zu sagen“. Wer ist dieser „einer“‘?

- Nach der christlichen Botschaft bin ich der „eine“, dem Jesus nachgehen würde, dem ER wichtig ist, wertvoll! Wenn ich das begriffen habe – und letztlich ist es doch das, was mich Christ sein lässt! – dann kann auch ich dieser und diese „eine“ sein, der es sagt. Laut und deutlich. Und wie wir in unserer gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation sehen: Zunehmend auch unbequem!

- Unser neuer Seliger macht auch deutlich, dass wir in all unseren Vorstellungen von Gemeinde- und Kirchenentwicklung nicht vergessen dürfen, das es im Christentum in erster Linie nicht darum geht, dass wir uns „wohl“ oder „beheimatet“ fühlen. Es geht um etwas ganz Entscheidendes, etwas, das das Christentum gerade dort auszeichnete, wo es einst wuchs oder heute noch wächst: Um den Wert und die Würde jedes Einzelnen. Bisher stand das bei uns nie zur Diskussion, zumindest lange nicht mehr. Wir merken, dass sich das ändert. Daher sind Christen heute wieder sehr gefragt: Dass wir da sind, es zu sagen: Die Frohe Botschaft.

Amen.

 

Fürbitten

Christus, der uns Menschen nachgeht und jeden einlädt, bei Ihm zu sein, wollen wir bitten:

- Für unsere Kirche und unsere Gemeinde, dass wir immer mehr zu einem Ort werden, an dem besonders die Deine Nähe erfahren dürfen, die im Leben benachteiligt oder ausgegrenzt werden.

 (Christus, höre uns – Christus, erhöre uns)

- Auf die Fürsprache des neuen Seligen Pater Richard Henkes bitten wir auch heute um den Mut, für Deine Botschaft auch dort einzutreten, wo sie uns Spott, Ablehnung und Nachteile einbringt.

- Wir bitten für unser Partnerbistum Nellore und die Christen in vielen Ländern der Welt, die unter schwierigen Bedingungen Zeugnis davon geben, dass bei Dir jeder Mensch Würde und Ansehen besitzt.

- Wir bitten Dich auch für unsere Zivilgesellschaft: Schenke gerade uns Christen die Möglichkeit, einen glaubwürdigen Beitrag für den Frieden und den Zusammenhalt zu leisten.

- Für unsere Verstorbenen, dass sie im himmlischen Reich am Tisch des Vaters Platz nehmen dürfen

Gott, wo Du auf uns wartest und entgegenkommst, wird das Leben zu einem Fest. Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und uns liebst in alle Ewigkeit. Amen.

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