Eine Gedankenreise - oder: Vertrauen schenkt Freiheit
Liebe Schwestern und Brüder,
die Sommerferien haben begonnen und ich möchte Sie hier jetzt zu einer Gedankenreise einladen, zu einer „Reise“ ins Heilige Land! Wer schon einmal da war, der weiß: dort liest und hört man die Heilige Schrift, gerade auch die Evangelien, ganz anders, unmittelbarer! Die Seligpreisungen, die Bergpredigt – sie bekommen einen ganz anderen Klang, einen „ursprünglichen“. Für mich ist gerade die Gegend um den See von Galiläa, wo Jesus die meiste Zeit Seines öffentlichen Wirkens verbrachte, eine besondere Gegend: hier predigte Er, unterwies Seine Jünger, heilte.
Dort am Ufer zu sitzen – stellen Sie es sich vor, sei es im bunten Frühling oder im alles verbrennenden Sommer.
Wenn man dort sitzt kann es passieren, dass man merkt: manches in den Evangelien klingt eigenartig künstlich, gestelzt, irgendwie nicht „normal“. Die ersten Verse des heutigen Evangeliums gehören dazu: „Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen hast …“ Das ist eine feierliche Sprache aber sie erreicht mich nicht. Was wird da ausgedrückt? Wie würde das Jesus mit meinen Worten sagen oder zumindest so, dass ich es verstehe? Wenn Er sich da am Ufer des Sees neben mich setzen würde?
Was diese Worte ausdrücken ist ein restloses Vertrauen Jesu gegenüber Dem, den ER Vater nennt! Alle Worte von Klugen und Weisen werden Ihn nicht davon abbringen, Seine befreiende Botschaft zu verkünden, eine Botschaft, die die religiös und politisch Mächtigen beunruhigt – bis heute! Menschen, die aus einem solchen Vertrauen leben, sind faszinierend und beunruhigend zugleich. Wir sehen das beispielhaft an der Haltung der Mächtigen in Politik, Gesellschaft und Kirche gegenüber der Umweltenzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus. Er findet deutliche Worte über unsere Haltung zu Fragen der Umwelt und verbindet sie mit dem Evangelium. Die Enzyklika wird tot geschwiegen!
Jesus wusste, was Er tat und er tat es aus der Haltung eines Vertrauens heraus, das Ihm Kraft und Sicherheit gab. Natürlich gab es Zweifel, Fragen und dunkle Stunden – davon berichten die Evangelien – aber all das war unterfangen von einer Grundsicherheit.
- Ich stelle mir also vor: ich sitze dort am See von Galiläa und höre diese Worte des Vertrauens. Das bringt etwas in mir zum Klingen. Gerade in dieser so verrückten Zeit der Angst und Unsicherheit locken solche Worte, beeindruckt eine solche Haltung: Vertrauen! Und ich merke für mich: das möchte ich auch leben, aus einer solchen Kraft heraus. Das würde allem anderen einen ganz anderen Wert zumessen…
- Und dann fügt Jesus etwas an, als ob Er spüren würde, dass dieses Wort des Vertrauens fasziniert: Er lädt ein – nur Matthäus überliefert das! – zu Ihm zu kommen, von Ihm zu lernen, Sein Joch auf uns zu nehmen. Also dieses Vertrauen gegenüber dem Vater zu übernehmen, es auch zu leben. Das ist es, worum es geht: Woran – oder an wem? – nehme ich Maß? Wonach richte ich mein Leben aus?
Wozu Jesus einlädt ist klar: Vertrauen gegenüber einem göttlichen Grund, den Er Vater nennt. Es ist die Einladung, diesen Weg zum Glück zu wählen und so bei mir selbst anzukommen. Es ist die Einladung, ganz der zu sein und zu werden, der ich bin – in Fortsetzung des Evangeliums vom letzen Sonntag: Trau dich! Lebe dein Leben! Lebe aus einem Vertrauen, nicht aus einer Angst und Unsicherheit heraus! Es gibt eine Hand, die sich schützend um dich legt. Dieses Vertrauen wird dich frei machen – egal, was Weise und Kluge sonst dazu sagen würden…
Ich gebe zu: ein solches Leben lockt mich! Es markiert einen Unterschied zu dem, was sonst um uns herum geschieht. Es atmet einen anderen Geist als den, den wir gerade in dieser Zeit um uns herum spüren. Dabei geht es nicht um eine Einladung zu Leichtsinnigkeit – es geht um ein Leben, das sich getragen weiß. In allem!
Eine Gedankenreise ins das Land der Heiligen Schrift, für die ich etwas Ruhe und Abstand brauche, kann ja auch ein Geschenk von Ferien sein. Und so Mut schenken, mich mehr auf das einzulassen, wozu Jesus einlädt.
Amen.
Fürbitten
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns zum Vertrauen gegenüber dem Vater einlädt, bitten wir:
- Für diejenigen, die durch Enttäuschung, Schicksalsschläge, Krankheit und Einsamkeit keine Freude am Leben mehr erfahren.
(Christus, höre und - Christus, erhöre uns)
- Gib allen Christen den Mut und die Bereitschaft, aus dem Vertrauen gegenüber dem Vater zu leben und so Zeugen einer tiefen Freude zu sein, die anderen Hoffnung schenken kann.
- Sei denen nahe, die in diesen Tagen die Schule verlassen: Las sie in einer Ausbildung, einem Studium, einem freiwilligen sozialen Jahr entdecken, wofür sich der Einsatz ihres Lebens lohnt und lass sie gute Gesprächspartner finden.
- Lass alle, die in diesen Wochen Erholung suchen, eine erfüllende und friedvolle Zeit erleben und lass sie gesund und wohlbehalten wieder zurück kommen.
- Lass unsere Verstorben die Freude erfahren, die das Leben in Deiner Gemeinschaft schenkt.
Mit Dir preisen wir den Vater, mit dem Du in der Einheit des Heiligen Geistes lebst und uns liebst in alle Ewigkeit. Amen.