Du sollst an den ganzen Weg denken


Die Texte an Fronleichnam des Lesejahres A, die Lesungen (Dtn 8, 2–3.14–16a und 1 Kor 10, 16–17) und das Evangelium (Joh 6, 51–58), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
Du sollst an den ganzen Weg denken. (Dtn 8,2)
So hieß es eben in der ersten Lesung in der Rede des Mose an das Volk Israel. Es stand kurz vor dem Einzug in das Heilige Land und Mose, alt geworden, verabschiedet sich mit einer langen Rede: „Du sollst an den ganzen Weg denken“ – es war ein langer Weg, ein beschwerlicher Weg. Oft hat das Volk den Mut verloren, Manchmal sogar an Gott gezweifelt. Und doch sind immer wieder Wunder geschehen, Wunder, die die Nähe Gottes bezeugten, so, wie das Manna, das jeden Morgen bereit lag.
Mose erinnert das Volk: Denk an den ganzen Weg. Wird jeder auch weiterhin das Vertrauen aufbringen?
Du sollst an den ganzen Weg denken. In diesen Tagen beerdigte ich einen alten Mann, dessen Leben im Alter von 18 Jahren eine radikale Wende erfuhr: von einem Tag auf den anderen, von einer Stunde zur anderen, war er gezwungen, sein bisheriges Leben restlos aufzugeben. Er wurde vertrieben. Wie so viele, viele andere auch. Von jetzt auf gleich. Du bist hier unerwünscht. Wie steckt man sowas weg? Kann man das überhaupt?
Auch hierher nach Eltville kamen sie: aus Schlesien, dem Sudetenland, aus Ungarn. Willkommen waren sie anfangs nicht unbedingt. Das kam für die Vertriebenen hinzu: die Heimat verloren zu haben und an dem neuen Ort anfangs keine Heimat zu finden. Das hat sich Gott sei Dank sehr schnell verändert und im Alltag haben sich die meisten bewährt: durch ihren Fleiß, ihre Arbeitshaltung, ihr Bemühen, es richtig zu machen. Nicht wenige haben versucht, untereinander Kontakt zu halten: die „Paprikasiedlung“ steht hier in Eltville als Beispiel dafür. Manche hielten auch den Kontakt zur verlorenen Heimat, wollten sie immer mal wieder besuchen. Der Mann, den ich beerdigte, war besonders: Er hielt nicht nur den Kontakt zur Heimat, sondern er versuchte, den Menschen in der Heimat von hier aus zu helfen. Geld und Sachspenden wurden gebracht, am 50. Jahrestag der Vertreibung wurde ein Fest gefeiert: die Kirche dort wurde neu renoviert und eingeweiht. Eine Schule konnte großzügig ausgestattet werden. Was ein tiefer Absturz in seinem Leben war, wo er gefühlt alles verloren hatte, wo er sicherlich auch Anfragen an Gott hatte, hat sich im Rückblick in einen Segen verwandelt. Nicht nur für ihn selbst. Er selbst hätte sein Leben sicherlich liebend gerne in der Heimat gelebt. Das es nicht so war, war für viele zum Segen.
Du musst an den ganzen Weg denken! Wenn wir hier und heute Fronleichnam feiern, in diesem herrlichen Hof hier draußen, anschließend in einer Prozession durch Teile unseres Ortes laufen, dann wird es uns selbst nur dann verändern und die, die uns zuschauen, vielleicht berühren, wenn es wirklich ein Bekenntnis ist: Ein Bekenntnis dazu, dass unser Weg begleitet ist: Ich, wir, denken an den ganzen Weg, den ich, den wir zurückgelegt haben. Und gerade deswegen kann ich sagen: Ihm könnt ihr Vertrauen. Es lohnt sich. Zwischendurch sieht es immer mal wieder nicht danach aus. Aber auf lange Sicht komme ich zu der Überzeugung: ER ist wirklich da.
„Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben? Wie kann er uns sein Blut zu trinken geben?“ Es geht hier nicht um den biologischen Leib Jesu, es geht um das Wesen Christi: Sein Wesen ist es, sich ganz und gar hinzugeben, das ist Seine Lebenssubstanz. Das will Er uns mitteilen, immer wieder, hier! Ich bin da! Vertraut! Auf eurem Weg seid ihr nicht allein!
Dass ER uns nahe sein will, dass Er uns auf die Pelle rückt, ja sogar darunter, ist manchen Menschen nicht recht. Gerade manchen Gläubigen. Damals und heute. Sie wollen lieber ihr eigenes Ding machen, Gott auf Distanz halten und am besten kontrollieren. Dafür ist er nicht zu haben. Er lässt sich nicht kontrollieren, Er begleitet. den Weg eines jeden von uns.
Schau mal zurück: Dein Weg ist ein Heilsweg, auch wenn du selbst das nicht immer sehen kannst. Das ist frohe Botschaft. Und das lasst uns heute froh bezeugen.
Amen.
Herrn Jesus Christus, Du bist da und lädst uns ein, Dir zu vertrauen. So bitten wir:
- Eine große Volksmenge ist Dir nachgefolgt, um Dein Wort zu hören. Wir bitten für die Vielen, die auf der Suche nach Sinn sind, denen Orientierung fehlt, die nach einem Wort der Nähe dürsten. Lass uns ihnen in Deinem Namen das geben, was ihnen fehlt und lass sie so erkennen, dass du selbst sie begleitest.
(Gesungener Ruf) - Lass uns als Christen glaubwürdige Zeugen dafür sein, dass Du selbst unsere Lebenswege begleitest. Stärke auch in uns das Vertrauen in Deine Vorsehung, gerade dann, wenn wir selbst Krisen, Dunkelheiten und Leid erfahren und so unser Glaube auf die Probe gestellt wird.
- Wir vertrauen Dir unsere Kinder und unsere Sorge um eine behütete Kindheit an, und ebenso unsere Jugendlichen auf ihrer Suche nach ihrem Platz im Leben. Zeige Dich als DER, der trägt, führt und begleitet.
- Gib denen Kraft und Mut, die sich für den Frieden und die Verständigung zwischen den Völkern und Religionen einsetzen: im Heiligen Land und der Ukraine, im Sudan und Syrien, im Kongo und Afghanistan.
- Unsere Verstorbenen haben eine Lücke in unserem Leben hinterlassen. Zeige Dich ihnen als der, der ihren Hunger nach Leben stillt und lass auch die, an die keiner mehr denkt, bei Dir ewige Heimat finden.
Dir, dem Vater, sei Dank, denn Du schenkst uns alles in Deinem Sohn Jesus Christus, der mir Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
