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Die Bergpredigt – oder: Gott traut uns etwas zu

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 7. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A)
Die Bergpredigt – oder: Gott traut uns etwas zu
Die Bergpredigt – oder: Gott traut uns etwas zu
Voll kommen der Mond daher bei Vollmond. Aber ist er auch in den anderen Phasen vollkommen? © Syaibatul Hamdi auf pixabay.com
  • Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 7. Sonntag im Jahreskreis über den Ansporn zur Vollkommenheit zum Download.

Die Texte des 7. Sonntages im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Lev 19, 1–2.17–18 und 1 Kor 3, 16–23) und das Evangelium (Mt 5, 38–48), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn ich das heutige Evangelium, ja alle drei Lesungen tatsächlich höre und an mich heranlasse, kann ich dann ruhigen Gewissens sagen: „Ich bin ein Christ!“? Ich kann sagen: Ich bin auf dem Weg, ich möchte es sein, Christ. Dann aber frage ich mich selbstkritisch: Stimmt das? Will ich das wirklich?

Die Bergpredigt ist nicht irgendein Text Jesu. Sie fasst zusammen, was Ihm wichtig ist, was Seine Sendung ist und was ER sich unter denjenigen vorstellt, die Ihm nachfolgen wollen. Noch einmal: Kann ich sagen „Ich bin ein Christ!“?

Jesus geht es nicht um irgendein Verhalten. ER spricht davon, „vollkommen“ zu sein, so, wie es der Himmlische Vater ist. In der Lesung aus dem Buch Levitikus, dem 3. Buch Mose, heißt es dazu entsprechend heute: „Seid heilig, denn ich, der Herr, bin heilig“ (19,1). Für Paulus ist das sonnenklar, denn er schreibt an seine Gemeinde in Korinth – wir hörten das eben –: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid?“ (1Kor 3,16).

So gesehen bringt die Bergpredigt auf den Punkt, was es bedeutet, mit dem Herrn unterwegs zu sein. Mein äußeres Tun, mein Verhalten bis hin zu meiner inneren Einstellung gegenüber einem anderen: Sie zeigen gerade auch mir selbst, wer ich bin. Und da muss ich bekennen: Ich bin nicht vollkommen!

- Vollkommen: Gehen wir diesem Wort erst einmal nach. Von seiner Bedeutung meint es nicht, dass ich „perfekt“ im Sinne von makellos sein soll. Es meint, ich soll ganz der werden, der ich sein kann! Das bedeutet: Wenn ich ein Geschöpf Gottes bin, mich also nicht selbst gemacht habe, dann hat mich Gott so angelegt, dass es gelingen kann. Dass ich also ein Mensch werde, wie Gott ihn sich gedacht hat!
Das heißt doch: Du kannst so leben, wenn du willst! Es ist dir möglich – auch wenn es dir im Moment unmöglich scheint.

- Dann schauen wir doch einmal dieses „Unmögliche“ an: Einem, der mich schlägt, auch die andere Wange hinhalten; den Feind lieben. Ich möchte hier nicht auf den uns alle beunruhigenden Krieg in der Ukraine eingehen und damit auf die Vorschläge und Forderungen, die es dazu aus der gemütlich-warmen Position des deutschen Wohnzimmers heraus gibt. Nein, mir geht es jetzt um jeden einzelnen von uns. Mir geht es um unseren Umgang mit denen, mit denen wir uns schwertun. Mit demjenigen, der mich verletzt hat; die meinen, die unseren Alltag verdüstern; mit denen, die uns die Luft zum Atmen nehmen. Diese Menschen gibt es – in unterschiedlichen Abstufungen.

Diesem Menschen soll ich ermöglichen, dass er mich noch mehr erniedrigt? Ihn lieben? Wie soll das gehen, das kann ich mir selbst doch nicht befehlen?!

Betet für sie! Ja, beten. Was kann ich da sagen? „Freund, Jesus, ich schaffe das nicht! Dieser Mensch ist mir zuwider. Ich kann für ihn nicht mehr aufbringen als Ablehnung!“

Das wäre schon Gebet. Damit habe ich ihn oder sie schon mal ins Gespräch gebracht. Ins Gespräch mit Dem, der sagt, dass wir Kinder eines Vaters sind. Der andere und ich: Wir haben einen gemeinsamen Himmlischen Vater. Diesen Gedanken auszuhalten kann mich durchaus auch einmal eine unruhige Nacht kosten…

Dann komme ich vielleicht ein zweites Mal damit ins Gebet: „Also, Jesus, wenn der andere mein Bruder, meine Schwester ist, dann …“ Dann hat sich schon einmal etwas ganz Entscheidendes in mir verändert: Der Feind wird zum Bruder. Und dann? Das kann und wird unterschiedlich sein, aber es wird sich etwas verändern – und wenn es der Hass ist, den ich bisher verspürte. Lieben – ich merke dann mehr und mehr: Das ist nicht einfach nur ein Gefühl – das ist es auch – es ist auch eine Einstellung!

Seid vollkommen – mach dich auf den Weg, der zu sein und zu werden, der du sein und werden kannst. Darum geht es. Christsein ist nichts Statisches. Mein Christsein verändert sich ständig, entwickelt sich – so wie jede echte Freundschaft und Beziehung.

Wen ich die heutigen biblischen Texte höre und an mich heranlasse, dann muss ich mich nicht nur entmutigen lassen. Ich kann mich auch darüber freuen, was Gott mir, uns zutraut. Dann kann ich mich anspornen lassen, den Ort, an dem ich lebe, zu einem besseren Ort zu machen.

Gott traut es mir zu. Wenn ich mich darüber freuen kann, bin ich ein Christ und will es noch mehr sein.

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

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