Der Mühlstein um den Hals – Jesu Sorge um unser Vertrauen


- Der Mühlstein um den Hals – oder: Jesu Sorge um unser Vertrauen
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore über das Heil werden und bleiben am 26. Sonntag im Jahreskreis zum Download
Die Texte zum 26. Sonntag im Jahreskreis wie der Lesungen (Num 11, 25–29 und Jak 5, 1–6) und des Evangeliums (Mk 9, 38–43.45.47–48) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
das heutige Evangelium empfinde ich zugleich als Entlastung und als Warnung!
- Die Entlastung besteht in der Sache mit dem fremden Wundertäter. Im Namen Jesu befreit er Menschen von Dämonen, heilt sie von ihrer Verstrickung in das Böse. Aber er gehört nicht zu den Jüngern Jesu, gehört nicht zu „uns“. „Lasst ihn“, sagt Jesus, „er kann nicht so schlecht von mit reden“. Bei der Parallele im Lukasevangelium heißt es: „Wer nicht gegen euch ist, der ist für euch“. Das heißt doch: Wo Menschen geheilt werden, ist Gottes Heilswillen am Werk. Ich meine jetzt nicht einfach „gesund“, sondern „heil“: Der Mensch lernt, sich selbst anzunehmen; er wird befreit von Ängsten und Mächten, die ihn unfrei machen, die verhindern, dass er der wird, der er sein soll. Wenn das in der Kirche geschieht – toll! Wenn es woanders geschieht – dann dürfen wir uns darüber freuen, denn es geht um Christus, um Sein Wirken in der Welt.
Das heißt auch: Wo die Kirche Menschen in die Gott gewollte Freiheit führt, wenn Kirche der Ort ist, an dem Menschen ganz die werden können, die sie sind, ist Christus am Werk. Wo aber dieses Zeugnis bei uns selbst verdunkelt wird, wo wir uns nur um uns selbst und unser Wohlbefinden und um unsere Bedürfnisse kümmern, werden wir das in der Ablehnung der Menschen spüren. Da sollten wir aufmerksam sein. Das ist es doch, was wir gerade erfahren. Für mich ist das eine Ermutigung: Fragen wir nach dem, was Christus will, denn nur darin liegt unsere Zukunft. Setzen wir uns wieder neu zusammen und lesen miteinander in der Heiligen Schrift – viele unter uns kennen sie nicht mehr. Damit kennen wir aber auch den Willen Christi nicht mehr!
- Es gibt aber auch Warnungen: Wer sind die Kleinen, von denen Jesus spricht? ER befindet sich in Kafarnaum, „Seiner“ Stadt, wie es auch heißt. Eine Gegend am See, die frommen Juden eher suspekt war. Es gab einen gewissen Wohlstand, man lebte vom Fischfang und von der Produktion von Öl- und Getreidemühlen: Mühlsteine gehörten zum Stadtbild und auch heute kann man noch viele von ihnen dort sehen. Mit einem solchen Mühlstein soll in den See versenkt werden, der die Menschen, die durch Jesus gerade ein neues Vertrauen in Gott lernen, zum Bösen – und damit zum Glaubensabfall! – verführt. Das Vertrauen in Gott, das Wissen um Seine Nähe, um Seine Sorge und Mitfühlen: wer das in einem anderen Menschen zerstört, lädt schwere Schuld auf sich. Machen wir es uns jetzt nicht zu einfach: Es sind nicht nur „die da oben“ oben in der Kirche, die das Vertrauen in einen sorgenden Gott stören, zerstören können!
- Damit ist das Wort von Hand, Fuß und Auge verbunden. Eine eigenartige Sprache. Vielleicht kann man sie richtig nur als Orientale verstehen? Mit der Hand greifen wir – ergreifen aber auch, nehmen etwas in Besitz; mit den Füßen können wir laufen, aber auch einen festen Standpunkt einnehmen; mit den Augen können wir sehen, aber auch etwas und jemanden fixieren. Merken wir, was da gemeint sein kann? Etwas krampfhaft festhalten – einen Menschen, eine Erinnerung, einen Groll und Zorn; einen festen Standpunkt einnehmen – nicht dialogfähig zu sein, anderen keine Entwicklung zugestehen, andere oder gar sich selbst verurteilen und negativ sehen; etwas oder jemanden fixieren – nicht fähig sein, eine andere Facette zu sehen, eine andere Wirklichkeit wahrzunehmen. All das führt nicht zum Leben!
Das Leben ist in Fluss und Gott ist das Leben selbst. Mit Ihm unterwegs zu sein bedeutet eben auch, immer wieder auf Überraschendes zu treffen: Dass ich lernen kann, etwas neu zu „begreifen“; einen Standpunkt relativieren kann; einen Blick – eine Meinung – verändern kann!
Das Leben mit Gott ist nichts Starres, es fließt und verändert sich immer neu, so wie jede echte und tiefe Beziehung. Und Jesus möchte nichts weniger als eine echte und tiefe Beziehung mit uns leben.
Wenn wir diese Flexibilität verlieren, verlieren wir nicht nur das Leben aus dem Blick! Es besteht die Gefahr, dass die wunderbar belebende Beziehung zu Gott vertrocknet, sich verflüchtigt.
Das wäre tottraurig! Davor warnt uns Jesus. Weil IHM etwas an uns liegt!
Amen.
Jesus Christus, den Herrn Seiner Kirche, der uns einlädt, dem Leben zu dienen, wollen wir bitten:
- Du bist die Tür, die zum wahren Leben führt: Wir bitten Dich für Deine Kirche und jeden Einzelnen von uns: um den Mut, der Welt ein glaubwürdiges Zeugnis des Lebens zu schenken, dass Du uns allen schenken möchtest.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Du bist das Licht der Welt und Du berufst alle Menschen dazu, mit ihren Gaben Zeuge dieses Lichtes zu sein. Lass uns mit Deinem Licht die Finsternisse dieser Welt und unseres Lebens erhellen.
- Du schenkst Dich uns in Brot und Wein: Hilf uns allen, mit unseren Händen und Füßen, Augen und Zungen den Weg der Nachfolge vertrauensvoll zu beschreiten und so den Menschen Zeugen Deiner froh machenden Botschaft zu sein.
- Wir bitten Dich heute für unser Land, alle Wähler und die zukünftige Regierung: Lass das Heil der Menschen das Reden, Denken und Handeln bestimmen.
- Lass die, die durch die Tür des Lebens gegangen sind, bei Dir ewige Heimat finden.
Denn Du bist mit uns auf dem Weg zum Vater, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
