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Aussatz – oder: sich für Gemeinschaft einsetzen

Predigt von Pfr. Nandkisore am Valentinstag 2021 (14.02.)
Aussatz – oder: sich für Gemeinschaft einsetzen
Aussatz – oder: sich für Gemeinschaft einsetzen
© pixabay.com
  • Evangelium

  • Predigt

Die Festmesse zum Patrozinium des Heiligen Valentin wird am Fastnacht­sonntag, den 14. Februar 2021 um 09:30 Uhr live aus Kiedrich auf unserem YouTube-Kanal gestreamt. Dort finden Sie im Anschluss auch einen Videoausschnitt mit Evangelium und Predigt, die Sie hier lesen können.

Liebe Schwestern und Brüder,

ausgesetzt sein, nicht dazugehören, gemieden werden – wer das schon einmal erfahren hat, der weiß, wie furchtbar das ist. Sozialer Tod! Wenn heute in unserer Gesellschaft auch für die Rechte – zumindest den Respekt – für Minderheiten gestritten wird, steht sicher auch das im Hintergrund: das erlebte Unrecht der Ausgrenzung. Weil Menschen anders sind oder krank. So wie der Mann im Evangelium: der Aussätzige litt ja nicht nur an seiner Krankheit, sondern vor allem daran, „ausgesetzt“ zu sein. Sein Wunsch, seine Bitte an Jesus: rein werden! Nicht einfach nur gesund. Rein! Unreinheit zog man sich nicht nur durch Krankheit zu, sondern auch durch eine Tätigkeit, eine Handlung. Die Folgen sind die gleichen: soziale Ausgrenzung. Und eben auch: religiöse! Wie furchtbar. Was geschieht da, wenn man an kranke Menschen nicht mehr heran darf, kein Angehöriger (und auch kein Priester), denn wir müssen uns schützen. Corona macht uns deutlich, wie nahe uns die angeblich so archaische Welt des alten Israel doch ist! Gut, damals wurde das Ausgesetzt-Sein auch religiös begründet – heute fehlt demgegenüber so gut wie jedes Wort einer religiösen Autorität, die der verordneten Vereinsamung in unseren Altenheimen mit all ihren Folgen und dem isolierten Sterben unserer Familienangehörigen (was einem „Verenden“ nahe kommt) etwas entgegen setzt!

- Es heißt, dass Jesus Mitleid hatte. Aber das ist zu schwach übersetzt! Die „Eingeweide drehen sich um“, da schüttelt Ihn alles vor Mitleid, ja auch vor Erregung über dieses Unrecht. Was diesem Mann geschieht das darf nicht sein! Aus unserer Gemeinschaft darf keiner entlassen werden, gerade dann nicht, wenn er uns braucht. Wie kann man denken, auf die Vorstellung verfallen, dass Gott einen solchen Aus-satz will?!

- Unser Patron, der Heilige Valentin, steht da wohl in einer Linie mit dem Herrn: Fallsucht, Epilepsie, wurde im Mittelalter mit bösen Geistern und Dämonen in Verbindung gebracht, die als Ursache dieses „morbus daemonicus“, der „dämonischen Krankheit“ angesehen wurden. Wie schnell konnte das Mitleid mit den Kranken in eine Feindseligkeit umschlagen, wenn sich Menschen vor der Ansteckung von Dämonen und bösen Geistern in Sicherheit bringen wollten! Hier in Kiedrich fanden die Kranken einen Ort der Hoffnung, einen Ort, an dem sie nicht ausgesetzt wurden, sondern an dem man sich für sie einsetzte. Die Dankbarkeit der Pilger für diesen Einsatz können wir heute noch bewundern: Unsere Kirchengebäude hier sind Stein gewordene Dankbarkeit!

Ist unsere Verehrung dem Hl. Valentin gegenüber auch versteinert? Oder anders herum: Glauben wir denn wirklich daran, dass er dort, wo er jetzt ist, seine schützende Hand über uns hält? Trauen wir es ihm überhaupt zu? Manchmal zweifle ich daran (so wie an der Verehrung des Hl. Sebastian, dem Patron gegen die Pest, in Eltville!). Äußerliche Prozessionen sind noch kein Ausdruck inneren Glaubens! Das Gebet, das wir jetzt am Ende jeder Messe beten, es drückt doch aus: Wir sind miteinander verbunden – „überkreuz“, horizontal und vertikal! Christus, unser Mensch gewordener Gott, ER fühlt es mit – unsere Not, unsere Angst, unsere Freuden und Hoffnungen. Und wir können Teil nehmen an Seinem Mitgefühl,  bekommen Teil an Seiner Kraft, wenn wir uns dafür öffnen. Das spüren wir, das wissen wir doch: Wenn Menschen sich füreinander einsetzen – das verändert die Welt. Das sieht man gerade hier in unserem Ort!

Wir wissen nicht, wie wir aus dieser Pandemie herauskommen, aber wir wissen als Christen doch, was uns trägt und hält. Das ist doch ein unglaublicher Wissensschatz: dass das Beste noch kommt! Das ist der Kern unseres Glaubens.

Und weil er es ist, dürfen wir uns unserem Patron auch verpflichtet fühlen: indem wir uns gegen jede Form von Aussatz einsetzen, so dass Menschen hier bei uns Christen das Empfinden haben, willkommen und angenommen zu sein. Ja, auch alle Liebenden, ist unser Patron doch auch für sie zuständig – und unser Gott ein Gott der Liebe ist. Was geschah da für Unrecht – und es geschieht noch, auch in unserem Namen!

Hl. Valentin, Patron derer, die der Verachtung ausgesetzt sind – bitte für uns. Amen.

 

Fürbitten

Unseren Herrn Jesus Christus, der uns einlädt, miteinander Sorge zu tragen für das Wohl der ganzen Schöpfung, bitten wir:

- Stärke Deine Kirche und alle Getauften, dass wir in der Kraft Deines Geistes das Reich des Vaters täglich neu sichtbar machen.

(Christus, höre uns - Christus, erhöre uns)

- Auf die Fürsprache des Hl. Valentin bitten wir Dich heute für unsere Gemeinde Kiedrich: Schenke uns immer neu den Blick für die, die am Rande stehen und sich ausgesetzt fühlen, und stärke unsere Bereitschaft, dem Wohle aller zu dienen.

- Stärke diejenigen, die sich heute für diejenigen einsetzen, die in religiöser, wirtschaftlicher und sozialer Form Aussatz erfahren, und lass auch uns nicht müde werden, in Deinem Sinne Zeugnis zu geben.

- In dieser Zeit der Pandemie bitten wir für alle, die in der Angst gefangen sind, für alle Erkrankten und die, die sie umsorgen: hilf ihnen auf die Fürsprache des Hl. Valentin, das Vertrauen in Dich und das Leben zurückzugewinnen. 

- Lass unsere Verstorbenen, besonders die aus unserer Gemeinde, die in Folge der Pandemie gestorben sind, auf die Fürsprache des Heiligen Valentin und aller Märtyrer bei Dir ewige Gemeinschaft erfahren.

Du bekennst Dich zum Vater, mit dem Du in der Einheit des Heiligen Geistes lebst und herrschst in alle Ewigkeit. Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Pfarrer
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123 703770

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