Ausruhen – oder: zu leben wagen


- Ausruhen – oder: zu leben wagen
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore über das Ausruhen nach dem 16. Sonntag im Jahreskreis zum Download
Die Texte zum 16. Sonntag im Jahreskreis wie der Lesungen (Jer 23, 1–6 und Eph 2, 13–18) und des Evangeliums (Mk 6, 30–34) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,
das ist doch wie für uns gemacht: „Kommt mit an einen einsamen Ort … und ruht ein wenig aus!“ (Mk 6, 31). DER Start in die Ferien schlechthin! Danach sehnen wir uns: Ausruhen und Abstand von dem vielen, was uns bedrängt! Irgendwie auch „anders“ leben: mehr Zeit für – ja wofür? Wenn wir jetzt sammeln, was kommt da zusammen?
- Wir nehmen es uns zumindest vor, als Vorsätze; als Hoffnung, die Träume der letzten Zeit zu verwirklichen. Hoffentlich werden wir uns dann, wenn wir uns nach den Ferien wiedersehen, davon erzählen können, wie es uns geglückt ist!
Denn: Die Kinder haben gemeinsam mit Pit & Paula eben auch eine andere Erfahrung gemacht: Wir haben Schwierigkeiten damit, den Augenblick zu leben, den Moment also, der uns gerade geschenkt ist. Oft, viel zu oft sind wir im Planen und Entwerfen der Zukunft. Um im Bild zu sprechen: Da ist Jesus im Boot meines Lebens dabei und ich bin mit meinen Gedanken dort, wo ich mir mein Leben schön entwerfe. Statt Leben also Phantasie!
Ich kenne dabei aber auch noch eine Versuchung: Dann, wenn mir die Ruhe und Stille, auf die ich mich lange freute, endlich geschenkt sind, wieder in die Abwechslung zu fliehen! Nicht wenigen, die ein sehr anspruchsvolles und hektisches Leben führen, fällt es schwer, plötzlich Stille auszuhalten oder einfach „Nichts“ zu tun! Ja, statt einfach die Überfahrt mit Jesus im Boot zu genießen, werden Pläne gemacht, die Abwechslung ausgemalt, statt – ja statt was?
Es geschieht immer wieder, wenn ich Menschen mitnehme zu Exerzitien, zu stillen und ruhigen Tagen in einem Kloster: Da wird nicht miteinander gesprochen, da gibt es kein Telefon und kein Fernseher. Der ganze Tag – die ganzen Tage! – sollen dazu dienen, sich selbst einmal auszuhalten! Das stellt nicht wenige vor eine enorme Herausforderung. Fluchtimpulse stellen sich ein! Warum? Was passiert da?
Ganz einfach: Ich begegne mir selbst! Meinen Fragen und Sorgen, dem, was ich vor mir selbst immer so gut verberge; meine Sehnsüchte und Fragen, meine Unzufriedenheit, meine Verletzungen. Je mehr da zusammengekommen ist, umso schwerer wird es, das auszuhalten und anzuschauen.
Der entscheidende Schritt: ich schaue all das in der Gegenwart Jesu an! Er ist „im Boot“ und lädt mich ein: „Lass uns das zusammen anschauen!“ Traue ich mich?
- Das gehört zu meiner Erfahrung: Meine sogenannten „dunklen“ Schätze kann ich nicht alleine heben! Dafür brauche ich Hilfe: ein aufmerksames Ohr, ein mitfühlendes Herz. In der Stille beginne ich damit – und dann kann ein intensives Gespräch mit einem vertrauten Menschen hinzukommen. Erzählen, was mich wirklich ausmacht, wer ich wirklich bin, geworden bin.
Oft sind Ferien ein solcher Ort, wo das geschehen kann: Der Abstand vom Alltag hilft – und eben der Mut, sich dem Nichtplanen zu stellen, dem Augenblick; dem, was in der Ruhe plötzlich nach oben gespült wird. Natürlich: Ich muss das nicht tun! Ich kann mich in das Vergnügen stürzen, in die Abwechslung … so wie das eben im Spiel von Pit & Paula dargestellt wurde. Dabei entgeht mir aber ganz Entscheidendes: Nicht nur das Angebot Jesu, diese Zeit mit mir zu teilen, sondern ganz entscheidend auch mein eigenes Leben: Das, was zu meinem Leben gehört und nach Erholung schreit – und ich überhöre es. So werde ich Freizeit finden – aber wohl kaum Erholung, Erholung, die dem Leben dient.
- Und noch etwas macht das Evangelium deutlich: Jesus wollte sich und Seine Jünger vor der Abfahrt über den See Ruhe und Abstand gönnen. Das ist Ihm wohl gelungen. Denn nach der Ankunft, als Er die vielen Menschen sieht, ist ER nicht mürrisch oder unwillig – Er weiß, was zu tun ist, denn es ist das, was Seine Aufgabe ist. Dafür ist Er da!
Auch dazu dienen Ferien, der Abstand: Ich kann nicht nur wieder neu starten. Ich weiß, wofür ich da bin, wofür ich meine Arbeitskraft, meine Leistung einsetzen möchte. Wofür mein Leben dient.
Ferien sind wichtig. Nutzen wir sie. Sie dienen meinem Leben.
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der weiß, was wir brauchen, bitten wir:
- Du lädst Deine Jünger ein, an einen ruhigen Ort zu kommen: Wir bitten Dich für diejenigen, die in diesen Wochen in Ferien sind. Schenke ihnen wahre Erholung an Leib und Seele und lass sie gesund wieder nach Hause kommen.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Du sagst denen, die Dich suchen, Dein rettendes Wort: Schenke besonders denen, die erschöpft sind und sich nach Ruhe sehnen, die Begegnung mit Dir: In einem Wort der Schrift, einem Gespräch, einem Gebet, einer Stunde der Stille.
- Wir bitten Dich für unsere Familien: Lass sie in diesen Wochen wieder neu die Freude des Miteinanders entdecken und so gestärkt wieder in den Alltag starten.
- Wir bitten auch für diejenigen, die in diesen Tagen ihre Einsamkeit und Not besonders spüren: Schenke ihnen den Mut, sich von Dir das rettende und heilende Wort sagen zu lassen.
- Wir bitten Dich für unsere Verstorbenen: Führe sie in das Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens.
Lass uns mit Dir den Vater loben, der in Gemeinschaft mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen
