Aus dem Tod ins Leben – oder: Leben nach Ostern


- Aus dem Tod ins Leben – oder: Leben nach Ostern
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 3. Sonntag der Osterzeit über Erfolg und Misserfolg zum Download.
Die Texte des 3. Sonntags der Osterzeit des Lesejahres C der Lesungen (Apg 5, 27–32.40b–41 und Offb 5, 11–14) und das Evangelium (Joh 21, 1–19) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Die Heilige Woche im Rückblick: Am Palmsonntag zog er in Jerusalem ein: Der friedliche König Jesu, der im Verlauf der Heiligen Woche sein Werk auf Erden vollendet und schließlich über den Tod siegt.
Liebe Schwestern und Brüder,
da stimmt was nicht! Nach der Apostelgeschichte blieben die Jünger nach Ostern und den Begegnungen mit dem Auferstandenen in Jerusalem, bis sie die „Kraft aus der Höhe“ (Lk 24,49) empfangen hatten, den Pfingstgeist also. Danach startete die kraftvolle Verkündigung, die sich auch durch Hindernisse und Schwierigkeiten nicht aufhalten ließ – davon hörten wir heute in der Lesung. Eine ziemlich geradlinige Erfolgsgeschichte also!
Das Evangelium allerdings beschreibt etwas anderes: Die Jünger sind in Galiläa, wohin sie – so der Auferstehungsbericht bei Markus und Matthäus – auch gehen sollten. Johannes nun berichtet genau davon. Aber was wir da hören, lässt von Begeisterung erst einmal nichts ahnen. Da ist eher Perspektivlosigkeit zu spüren: „Was sollen wir denn jetzt machen?“ „Ich gehe fischen!“ – „Na ja, dann kommt, los …!“ Und dann stellt sich auch noch Misserfolg ein. Wie mag es den Jüngern gegangen sein? Ich kann es mir vorstellen. Ich kenne das – wie viele andere sicher auch. Gerade im Blick auf die Kirche und im Blick auf das, was wir hier bewirken. Wir sind gut darin geworden, uns das schön zu reden. Das Ergebnis ist aber klar: Die Netze sind leer!
Der Unbekannte am Seeufer fragt danach: „Habt ihr keinen Fisch zu essen?“ (Joh 21,5) Es zuzugeben: „Nein!“ Das ist keine Kleinigkeit. Der Nullpunkt. Ich muss zugeben: Da ist nichts (mehr). Da sind kein Gewinn und kein Nutzen. Gut, dass uns das Evangelium das erzählt. Das ist Teil der Frohen Botschaft, der unbedingt dazugehört, sonst stimmt es nicht: Kirche, Verkündigung, Missionsarbeit – Gottes Werk lässt sich nicht aufhalten. Werden wir als Kirche also nur Erfolg haben? Vorsicht: Das stimmt nicht!
- Die Apostelgeschichte beschreibt, wie Gottes Kraft und Geist die Kirche entstehen lassen. Wie sie durch Konflikte und Krisen eine Gestalt gewinnt, bunter und vielfältiger wird. Von Jerusalem breitet sie sich aus, unaufhaltsam. Gott bedient sich der Apostel und ihrer Gaben, um Sein Heilswerk voranzubringen. Das ist das eine. Gott lässt sich nicht stoppen. Das andere gehört aber unbedingt dazu: unser Beitrag!
Wir sind es durch unsere Kultur und Erziehung so sehr gewohnt, in den Kategorien von Erfolg zu denken und zu sprechen, dass Misserfolg Menschen in tiefe Lebens- und Sinnkrisen stürzen kann. Nicht wenige machen den Wert ihres Lebens vom Erfolg abhängig – und nicht wenige werden so auch von anderen beurteilt. „Habt ihr keinen Fisch zu essen?“ – ooooch, da ist doch noch Brot da, und Trockenfrüchte finden sich auch …
Nein! Habe ich nicht! Haben wir nicht! Auch da wieder die Anfrage an Gott: Warum hast du mir das angetan? Warum lässt Gott das zu? Hat Gott Freude am Misserfolg, am zerschlagenen Menschen?
- Schauen wir auf Gott, auf den zerschlagenen Menschen, auf DEN, der in Seiner Mission erst einmal gescheitert ist.

Unser diesjähriges Osterbild zeigt den „Abstieg in die Unterwelt“, den Karsamstag, der für die Ostkirche die Darstellung der Osterbotschaft schlechthin ist: Christus steigt nach Kreuz und Grablegung in das Reich des Todes hinab – um zu befreien! Das Kreuz, auf dem Er steht, sind die Sargdeckel Adams und Evas, die rechts von Ihm zu sehen sind. Könige des Alten Bundes sind auch dort, ebenso wie Heilige des neuen Bundes. Schlüssel und Schlösser fallen unter Christus in die Tiefe: all das, was Menschen bisher in Todesbanden hielt, hat keine Macht mehr, wird gelöst.
- Ostern bedeutet: Das Leben kommt durch Gott. ER hilft den Toten auf. ER führt ins Leben. ER führt aus der Ohnmacht und den Misserfolg in das Leben, das ER für uns bereit hält.
Zugegeben: Für junge Menschen klingt das abstrakt und vielleicht zu fromm. Aber Menschen ab der Lebensmitte, die ja meist durch einen Riss gezeichnet ist, ahnen, worum es geht: von der Autonomie in die Theonomie, vom Selbst-durchs-Leben-Kämpfen in die Bereitschaft, mich von Gott führen zu lassen.
Das gilt für den einzelnen Menschen genauso wie für Gruppen; für den einzelnen Christen genauso wie für die Kirche: Es stimmt nicht, wenn wir meinen, das Heft des Handelns liegt in unserer Hand …
Es braucht Zeit, die es den Jünger in der Morgendämmerung dämmert: dass es der Herr ist, der ihnen gibt, was sie brauchen. Wenn wir aus dieser Überzeugung zu leben beginnen, hat Ostern uns verwandelt.
Amen.
In unserer Bedürftigkeit rufen wir zu Jesus Christus. Unsere Anliegen sind ihm nicht fremd und unsere Nöte brauchen wir vor ihm nicht zu verbergen:
- Für alle Bedürftigen dieser Welt, lass sie offene Augen, aufmerksame Ohren, zärtliche Hände und weite Herzen finden.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns.) - Für alle, die sich in diesen Tagen und Wochen für den Frieden in der Ukraine einsetzen; für die, die die Not der Flüchtlinge zu lindern versuchen; für die, die durch erlittene Gewalt schwer gezeichnet sind.
- Für alle, die in Nacht und Ausweglosigkeit leben: Lass sie Menschen finden, die ihre Sorgen hören und verstehen und gemeinsam mit ihnen auf einen neuen Morgen hoffen.
- Für die, die im Alltag in vielfältiger Weise ihren Dienst an der Gemeinschaf tun und oft nicht spüren, welchen Wert ihr Tun hat: Lass sie erkennen, dass ihr Einsatz zählt.
- Für Andreas Czechowski: Begleite ihn auf dem Weg in seinen Ruhestand und lass ihn nun mit seiner Familie die Wege entdecken und annehmen, die Du ihm zeigen willst.
- Für unsere Verstorbenen (besonders für...): Zeige Dich ihnen als der, der sie aus den Fluten des Todes rettet.
Treuer Gott, Du liebst die Menschen. Lass deine Liebe in der Welt aufscheinen und erhöre unser Bitten, durch Christus unseren Herrn.
Amen.
