„Als Glaubende gehen wir unseren Weg“ (2 Kor 5,7)
Die Texte am 11. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres B, die Lesungen (Ez 17, 22–24 und 2 Kor 5, 6–10) und das Evangelium (Mk 4, 26–34), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
drei Gedanken zu den heutigen Lesungen:
- Wer die eben gehörten Verse aus Ezechiel 17 vom Rest des Textes isoliert, bekommt einen falschen Eindruck: Gott sorgt sich um Sein Volk und hilft ihm. Das ist zwar prinzipiell nicht falsch, aber der Kontext sollte beachtet werden: Ezechiel mahnt im Auftrag Gottes das Volk Israel. Denn dieses betreibt eine Politik „ohne Gott“. Es legt sich mit den Großmächten Ägypten und Babylon an und vertraut allein auf eigene Kräfte und vermeintliche Klugheit. Das wird zu nichts führen – oder vielmehr: zum Untergang. Demgegenüber wird es Gott sein, der dann eingreift und „einen zarten Zweig“ vom „hohen Wipfel der Zeder“ nimmt und ihn einsetzt: Gott wird sein Volk aus der Bedrohung retten und ihm neue Zukunft schenken. Es wird Sein Werk sein, wenn Israel im Angesicht der Völker neu ersteht.
Die Kirche hat diese Texte nie einfach nur als eine Erinnerung an vergangene Zeiten verstanden, als Gott einmal eingriff und aus der Babylonischen Gefangenschaft befreite, sondern immer auch als aktuelles Heilswort und Mahnung! Wo sind wir als Kirche, als Gemeinde Jesu in der Versuchung, alles selbst „vernünftig“ und „klug“ zu gestalten und zu ordnen? Wo meinen wir, im Sinn des vermeintlichen Zeitgeistes handeln und Kirche verändern zu müssen? Wo vertrauen wir darauf, genau zu wissen, wo und wie Wunden der Kirche verbunden und geheilt werden können? Der nötige und wichtige Dialog untereinander: wird er getragen, ergänzt und vertieft durch den ehrlichen und hörenden Dialog mit Gott? Auch hier sagt ER uns: Ich selbst werde einen zarten Zweig vom Wipfel nehmen und neu einsetzen. Das derzeitige Untergangsgeschrei über die Kirche, von links oder rechts: es sagt mir mehr über den, der schreit, als über die tatsächliche Situation der Kirche!
- Im Evangelium spricht Jesus über das Reich Gottes. ER benutzt Gleichnisse. Sie sollen nicht das Reich Gottes als solches beschreiben – denn es ist klar, dass es sich dabei um die spürbare Gegenwart Gottes unter uns handelt, die sich durchsetzt und wirkmächtig wird – sondern vielmehr die Frage, wie es gefördert, zum Wachstum angeregt werden kann. Dabei geht es darum, nicht auf den eigenen großen Einsatz zu vertrauen. Vielmehr werden wir eingeladen, das Kleine und Treue unseres Alltags im Vertrauen auf seine Hilfe zu tun: Den Samen auszusäen, den Senfkorn in die Erde zu setzen. Der „Rest“ – eigentlich ein unpassendes Wort für das, was dann passiert! – ereignet sich. Nicht durch unsere Kraft. Sondern indem Gottes Kraft, die schon längst unter uns anwesend ist und wirkt, sich auswirken kann. Wer hat uns eingeredet, dass wir diese Kirche oder gar die Welt retten sollen? Das ist nicht unsere Aufgabe, zumal sie schon gerettet sind! Wenn wir auf die Heilige Schrift schauen, dann ist es immer wieder der Ruf ins Vertrauen, darauf, Gott handeln zu lassen und uns einfach dafür zur Verfügung zu stellen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger. Angesichts eines immer größer und anspruchsvoller werdenden Leistungsdrucks in unserer Gesellschaft, der auch in der Kirche deutlich spürbar ist, klingt das verrückt! Das ist es. Es verrückt die Maßstäbe, die scheinbar gelten und vernünftig sind. Aber das hat die Botschaft Jesu schon immer getan und genau da ist sie authentisch: wenn sie gegenüber dem Zeitgeist als verrückt erscheint!
- Eine Haltung, die dem entspricht, was ich eben versucht habe auszudrücken, finde ich bei Paulus wieder. So hat er es auch im 2. Korintherbrief ausgedrückt, aus dem wir hörten: Wir gehen als Glaubende unseren Lebensweg. Und noch mehr: Paulus betont zu wissen, „dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind“ (2 Kor 5,6).
Das gipfelt dann bei ihm in der Aussage, dass er es vorziehen würde, „aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein“ (5,8).
Was ich darin entlastend entdecke: Ich stehe in Beziehung, ich bin „relativ“! Einerseits ein einmaliges Geschöpf, andererseits doch Teil eines viel größeren Ganzen. Gott „braucht“ mich nicht, ER liebt mich! ER wünscht mir, dass ER selbst durch meine Kraft und durch mein Wirken sichtbar und erfahrbar wird in dieser Welt – darin bestünde mein größter „Erfolg“.
Das Wort Gottes ist immer Frohe Botschaft – es will mich und uns von allem befreien, was uns vom Leben abschneidet. Von dem Leben, das ER uns geben will und gibt. Das steht oft im Kontrast zu dem, was allgemein gerade angesagt ist.
Amen.
Den, der sich um das Wachsen des Gottesreiches kümmert, bitten wir:
- Wir bitten Dich für alle, die im Dienst der Verkündigung stehen, die sich in Predigt, Katechese und Unterricht darum mühen, dass Dein Wort durch sie auf guten Boden falle und Frucht trage.
(Gott, unser Vater – wir bitten Dich, erhöre uns) - Wir bitten Dich für alle, die sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich für unsere Gemeinde engagieren: Lass sie dabei die Freude erfahren, die Dein Geist uns schenkt.
- Wir bitten Dich für unser Partnerbistum Nellore und Bischof Moses, der in diesen Tagen bei uns zu Gast ist: Ermutige uns, ihn dabei zu unterstützen, den Armen und Kleinen Deine Liebe zu ihnen zu bezeugen.
- Gib denen Kraft und Mut, die sich für den Frieden und die Verständigung zwischen den Völkern und Religionen einsetzen: im Heiligen Land und der Ukraine, und überall dort, wo Menschen in Unfreiheit und Unterdrückung leben.
- Für unsere Verstorbenen: dass der Same des ewigen Lebens in ihnen reiche Frucht bringen kann.
Dir dem Vater sei Dank, durch Deinen Sohn, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen