Nun ist es wieder so weit, wir packen die Dekorationen für den Advent aus, stellen Lichter auf und gestalten den Adventskranz.
Dieser Kranz wurde von dem Theologen und Erzieher Johann Hinrich Wichern entwickelt. Er hatte ursprünglich 4 große und 20 kleine Kerzen, damit die Kinder abzählen konnten, wann endlich Weihnachten ist. So entstand außerdem immer mehr Licht – ein Symbol für unsere Vorfreude auf „das Licht der Welt“ – Jesus Christus.
Der Kranz selbst steht auch für den Erdkreis, die vier Kerzen auch für die vier Himmelsrichtungen. Damit ist es nicht mehr nur ein persönliches Leuchten im eigenen Wohnzimmer, sondern will uns verbinden mit den Menschen in aller Welt. Übersetzen wir es: Ist es nicht möglich, dieses kleine Licht in viele Lichter zu wandeln und in die Welt hinaus zu tragen?
Wir könnten die erste Kerze entzünden und unsere Augen damit erleuchten. Wenn wir das Licht in unseren Augen tragen, können wir andere Menschen anstrahlen. Wir schauen sie an, als wären sie eine einzige kleine Flamme im Wind, die so kostbar ist, dass wir sie am Leben erhalten wollen und sie schützen und achten, dass sie weiter leuchtet. Sie ist so wichtig, dass sie nicht ersticken darf in den Oberflächlichkeiten und Dunkelheiten der Welt. Wir können anderen Menschen An-Sehen schenken und sie würdigen in unserem Blick, unsere An-Sicht über sie beleuchten und ihnen zeigen, dass sie wirklich kostbar in den Augen Gottes sind, wie sie sind.
Wir könnten die zweite Kerze anzünden und ein Licht in unseren Ohren entfachen. Wenn wir das Licht in unseren Ohren tragen, können wir andere Menschen wirklich hören. Wir hören ihnen zu, als wären sie ein leises Rinnsal in einem Wald aus Lärm und Stress. Wir wollen es hören, bevor es im Strom der Medien und Beschallung der Welt untergeht, es schützen und achten, dass es weiter sprudelt. Wir können anderen Menschen Er-Hören schenken und ihre Stimme erkennen, ihre Worte in uns wiederhallen lassen und ihnen wirklich antworten. Wir können ihnen zeigen, dass ihre Stimme Gewicht in dieser Welt hat und von Bedeutung ist. Und vielleicht hören wir ganz neu, wenn wir Gutes zugesagt bekommen und Komplimente wirklich annehmen.
Wir könnten die dritte Kerze anstecken und mit diesem Licht unsere Hände aufleuchten lassen. Wenn wir das Licht in unseren Händen tragen, können wir anderen Menschen unter die Arme greifen. Wir ergreifen sie, als wären sie ein flüchtiger Augenblick wie ein Sonnenstrahl, der durch die Wolken fällt. Wir wollen ihn aufnehmen und bewahren, bevor er in der Schnelllebigkeit und Flüchtigkeit der Welt entschwindet, ihn schützen und achten, dass seine Kostbarkeit in unserem Herzen erinnert wird. Wir können anderen Menschen Be-Rührung schenken und ihnen wirklich nahe kommen. Wir können ihnen die Hand reichen, um sie zu erreichen, zu trösten, zu gratulieren oder einfach eine wirkliche Begegnung entfachen.
Wir könnten die vierte Kerze zum Brennen bringen, um unser Herz neu zu entflammen. Wenn wir das Licht in unserem Herzen tragen und die Liebe in uns in Brand setzen, können wir diese Liebe weitergeben – wir schenken anderen Menschen Würde und Respekt im An-Sehen, Interesse und Achtung im Er-Hören, Zuwendung und Freundschaft im Be-Rühren und überwinden Vor-Urteile, Über-Hören und Ab-Handlung. Wir feuern unsere Liebe an und können so wirklich Licht in die Welt hinein leuchten lassen.
Anna Schubert