Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten – oder: Die Vorbereitungszeit auf Neues


- Zwischen Himmelfahrt und Pfingsten – oder: Die Vorbereitungszeit auf Neues
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 7. Sonntag der Osterzeit 2021 zwischen Himmelfahrt und Pfingsten zum Download
Die Texte des 7. Sonntag der Osterzeit wie der Lesungen (Apg 1, 15–26 und 1 Joh 4, 11–16) und des Evangeliums (Joh 17, 6–19) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,
die Apostelgeschichte: ist das mehr als ein „Geschichtsbuch“? Kann sie uns etwas sagen über meine, über unsere gegenwärtige Situation? Schließlich muss es doch einen Sinn haben, dass wir sie im Gottesdienst hören – seit Ostern jeden einzelnen Tag bis Pfingsten!
- Zunächst: 40 Tage und Himmelfahrt. Es geht hier nicht um ein exaktes Datum, sondern um das Symbol der „40“: Sie steht in der Bibel für eine Zeit des Übergangs, der Veränderung auf Neues hin. Da braucht es Vorbereitung und immer wieder auch Trauerarbeit! Die Jünger müssen sich nach dem Tode und der Auferstehung Jesu erst einmal damit anfreunden, dass die bisherige Form des Miteinanders nun zu Ende geht – das geht nicht von einem auf den anderen Tag! Es braucht Zeit.
Wenn wir unsere Kirche gerade in Deutschland anschauen: 40 Jahre nun leben wir damit, dass „Volkskirche“ zu Ende geht. Anfangs war das noch nicht zu spüren – aber jetzt: Selbst beim besten Willen kann niemand mehr in eine Kirchenzeit „vorher“ zurück. 40 Jahre Veränderung und in gewissem Sinne auch Trauer, oft als Protest getarnt. Wie wäre es, wenn wir uns nach dieser langen Zeit – das geschah mit den Aposteln an Himmelfahrt – von Jesus den Blick nach vorne ausrichten lassen? In der Vergangenheit lernten die Apostel, was Jesus wichtig war: Drei Jahre Jüngerschulung rund um den See Genezareth. Jetzt, nach all den großen Veränderungen, sollen sie es wieder tun, auf eine neue Weise. Aber immer geht es um IHN. Und sie müssten aus Erfahrung wissen: das erfüllt das Leben! Kennen wir das nicht auch: dass uns ein Leben aus dem Glauben mit Kraft und Glück erfüllt? Am Himmelfahrtstag sagt Jesus zu ihnen: Geht, verkündet – geht neue Wege. Die Apostel werden eingeladen, das Trauergewand auszuziehen und dann, so erzählt es die Apostelgeschichte, werden sie von einer ganz neuen Kraft erfüllt werden. Sie sollen dabei keine eigenen Programme entwickeln – und Programme hatten wir in unserer Kirche in den letzten Jahrzehnten nun wirklich genug – sondern einfach bereit sein für das, für DEN, der da kommt, an Pfingsten!
- Und es gibt die Zeit „dazwischen“ – zwischen Himmelfahrt und Pfingsten. Da erzählt uns die Apostelgeschichte etwas ganz Wichtiges, das uns zeigt, dass die Apostel die Passivität abgeschüttelt haben, die Traurigkeit. Sie sind in der Lage, etwas ganz Entscheidendes zu tun: sich vorzubereiten! Wir hörten heute, dass sie endlich die Lücke in ihrem Zwölferkreis schließen. Sie füllen den Platz mit einem, der „mit uns die ganze Zeit zusammen war“ (vgl. Apg 1,21), der um die ganze Entstehung der Gemeinschaft um Jesus weiß. Sie tun es aber nicht, weil sie nun ein Programm hätten oder genau wüssten, wie es nun weitergeht. Sie tun es, um bereit zu sein – bereit für das Neue, das Jesus angekündigt hat. Das Neue kommt, aber es braucht unsere Vorbereitung, die Bereitschaft. Eine Bereitschaft, die nicht vom Festhalten geprägt ist und auch nicht von der Trauer verschattet ist. Eine Bereitschaft, die nicht weiß, was kommt und wie es wird, sondern vertraut, dass ein ganz anderer die Fäden zieht.
- Das ist es, was mich in diesen Wochen mehr und mehr erfüllt und hoffen lässt. Ja, wir haben in unserer deutschen Kirche eine lange Zeit des Übergangs durchlitten – nicht 40 Tage, sondern 40 Jahre! – wie die Israeliten in der Wüste nach dem Auszug aus Ägypten. Wir sind jetzt an einem Punkt an dem wir ehrlicherweise sagen müssen: Wir haben keinen Plan mehr, keine Strategie – das haben wir hinter uns und die Lösung war das nicht!
Die Apostelgeschichte ist kein „Geschichtsbuch“. Sie ist Evangelium, Frohe Botschaft für die Zeit mit Seinem Geist unter uns ist, mit Seiner Kraft, für unsere Zeit. Wie Seinen Jüngern damals lässt ER uns Zeit, uns von Vertrautem zu verabschieden, einfach deswegen, weil das menschlich ist. Wir sind keine Maschinen, die einfach von einem Moment auf den anderen „umschalten“ können. Aber Leben ist Veränderung, auch in der Kirche, die der lebendige Leib Christi ist. Und dann – jetzt! – sagt ER uns: Schaut nach vorne. Da kommt Neues. Bereitet euch vor, der Heilige Geist wird Euch führen. Frohe Botschaft – gerade heute.
Amen
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns sendet, in dieser Welt Zeugen der Frohen Botschaft zu sein, bitten wir:
- Hilf uns als Deiner Gemeinde, danach zu fragen und zu schauen, für wen wir in Deinem Namen da sein sollen, und schenke uns die ehrliche Bereitschaft, uns in Deinem Auftrag senden zu lassen.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Lass unsere Kinder und Jugendlichen auch durch das Vorbild ihrer Eltern erfahren, dass Du ein Gott bist, der ihre Namen kennt und sie auf ihrem Lebensweg begleiten möchte.
- Schenke Deiner ganzen Kirche, Christen aller Konfessionen, in der Zeit der Vorbereitung auf Pfingsten neue Zuversicht, um die Wege zu erkennen, die Du heute mit uns und allen Menschen gehen willst.
- Schenke den Mutlosen neue Zuversicht, den Enttäuschten neue Hoffnung, den Verlassenen neue Lebensfreude und allen Trauernden Deinen Trost.
- Wir vertrauen Dir in diesen Tagen besonders auch Lukas Weiss an, der sich auf die Priesterweihe vorbereitet. Stärke in mit der Freude, die nur Du geben kannst.
- Schenke unseren Verstorbenen bei Dir die Gemeinschaft, auf die sie im Leben gehofft haben.
Denn Du führst uns zum Vater, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebst und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
