„Weg von mir, Satan“ – oder: Sich Gottes bemächtigen
Die Texte am 22. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Jer 20, 7–9 und Röm 12, 1–2) und das Evangelium (Mt 16, 21–27), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
„weg von mir, Satan!“ - das sind erst einmal harte Worte Jesu, die Er dem Petrus entgegen schleudert. So redete Jesus nach den Evangelien sonst nur noch ein einziges Mal, als er dem Versucher dies in der Wüste mit den gleichen Worten entgegen schleudert: „Weg von mir, Satan!“
Was macht Petrus falsch? Und wo müssen wir aufpassen, nicht in die gleiche Falle zu tappen?
- Der heutige Text ist eine direkte Fortsetzung dessen, was wir am letzten Sonntag hörten: Für wen halten mich die Menschen? – Für wen haltet ihr mich? – „Du bist der Messias!“ Das allein ist die richtige Antwort! Die Antwort, die der Fels ist, auf dem die Kirche ruht. Was folgt aber daraus?
Die drei Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas führen nach dem Petrusbekenntnis noch aus: „Er (Jesus) befahl ihnen, niemand zu sagen, dass er der Messias ist“ (Mt 16,20). Eigenartig! Er möchte Seine Botschaft doch verbreiten, zur Befreiung einladen. Wäre es denn dann nicht passend, gleich auch zu sagen, mit welcher Autorität Er spricht?
Genau hier liegt für mich die Erklärung für das harte Wort Jesu an Petrus: Schon das 1. Gebot des Dekalogs spricht davon, dass wir uns kein Bild von Gott machen dürfen. Da geht es nicht einfach nur um Götzenbilder, da geht es um etwas weitaus Gefährlicheres: Dass wir Menschen immer wieder in der Versuchung stehen, uns Gottes zu bemächtigen! Dass wir meinen zu wissen, was und wie Gott denkt, was in dieser Situation „im Namen Gottes“ das Richtige ist.
Genau das geschieht zu Beginn des heutigen Evangeliums: Petrus tritt Jesus entgegen und möchte verhindern, dass dieser den Weg geht, von dem Er gerade gesprochen hat: den Weg des Leidens, des Todes. Petrus hat ein Bild davon im Kopf, wer und was der Messias zu sein hat, wie Gott zu handeln hat, was im Sinne Gottes richtig ist. „Weg mit dir, Satan, tritt hinter mich!“ – ein klares, ein scharfes Wort. Klar, hier geht es nicht um eine Kleinigkeit! Nein, Gott Vorschriften machen zu wollen ist wahrhaft keine Kleinigkeit! Gott geht es nicht um das, was uns gefällt oder nicht – Ihm geht es um Alles oder Nichts, um Tod oder Leben!
- In unserer deutschen Kirche erleben wir zurzeit eine handfeste Krise: ich meine die, die durch die Bewegung „Synodaler Weg“ ausgelöst wurde. Es ist völlig legitim, Probleme zu benennen, Herausforderungen, die sich heute anders stellen, als vor 30 Jahren und auf die wir eine glaubwürdige Antwort geben müssen: Priestermangel, gleichgeschlechtliche Liebe, Sexualität und Freiheit, Geschlechtergerechtigkeit … Die Kirche in vielen Ländern und Kontinenten steht vor dieser Herausforderung. Was aber gefährlich ist: zu wissen meinen, was in dieser Situation das Richtige ist und wie es im Sinne Christi gelöst werden muss! Daraus folgen Forderungen, die nicht wenige vor den Kopf stoßen, denn: Wer Forderungen stellt, hat die Diskussion schon verlassen! Er weiß, was richtig ist.
Aus diesem Grund wird Papst Fanziskus nicht müde zu betonen, dass vor allem das gemeinsame Gebet, das Hören auf den Geist Gottes das Wichtigste sei. Erst daraus wird sich eine Handlungsoption ableiten lassen. Schon vorher zu wissen, wie diese aussieht oder auszusehen hat, ist Ausdruck genau der Haltung, die Jesus an Petrus kritisiert!
Der Weg, den Jesus gehen will, ist der Weg, den der Vater Ihm zeigt. Und es ist dieser Weg, den Er um der Menschen willen gehen will. Es geht Jesus um den Menschen, um seine Befreiung, um Sein Heil um sein Leben in Fülle! Das ist es, was wir in der Nachfolge Jesu betrachten müssen. Was dient dem Menschen wirklich? Was führt zu einer größeren Freiheit und zu einem Menschsein, dass Gott dem Menschen wünscht?
Die Kirche hat in ihrer Entwicklung dem Zeitgeist immer zuerst kritisch gegenüber gestanden – sie muss das tun, weil es um den Menschen geht und weil sie Verantwortung trägt. Eine Verantwortung, die sie von Christus übertragen bekommen hat. Dabei lässt Er die Kirche nicht allein: „Hinter mich!“, ruft Jesus dem Petrus zu. Hinter Jesus her – das ist unsere Aufgabe. Hinter Ihm her und dabei mit Ihm im Gespräch zu sein, zu hören, was ER will.
Keine leichte Aufgabe. Aber der einzige Weg.
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns auch heute dazu ermutigt, dem Vater zu vertrauen, bitten wir:
- Für alle Getauften, dass wir durch unser Leben immer glaubwürdiger davon Zeugnis geben, dass wir uns Deiner Botschaft verpflichtet fühlen, die dem Menschen dienen will.
(Christus, höre uns - Christus, erhöre uns) - Wir bitten Dich für Deine Kirche weltweit, dass sie nicht der Versuchung erliegt, um des gesellschaftlichen Beifalls willen gefällig zu sein. Hilf ihr vielmehr, auch gegen Widerstände Dein Wort des Lebens zu verkünden.
- Wir bitten Dich für unsere Kinder und Jugendlichen und alle Lehrer: dass sie nie die Freude daran verlieren, die Gaben und Talente zu entdecken, die Du in sie gelegt hast.
- Lass diejenigen, die unter der Last ihres Kreuzes zu zerbrechen drohen und die an Deiner Liebe zweifeln, Deine Nähe auch durch uns erfahren.
- Wir bitten Dich für unsere Verstorbenen: Lass sie erkennen, wer Du bist und nimm sie in Deine Gemeinschaft auf.
Allmächtiger Gott, erhöre unsere Bitten, auch die, die wir im Herzen tragen, der Du lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.