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Sendung des Geistes – oder: die Kraft der Vergebung

Livestream & Predigt von Pfr. Nandkisore an Pfingsten 2020
Sendung des Geistes – oder: die Kraft der Vergebung
Sendung des Geistes – oder: die Kraft der Vergebung
© geralt_pixabay.com
  • Evangelium

  • Predigt

Livestream auf YouTube

Der Gottesdienst am 31. Mai um 11:15 Uhr aus Eltville mit dieser Predigt wird Live auf YouTube gestreamt. Dort finden Sie im Anschluss auch eine Aufnahme des Gottesdienstes.

Liebe Schwestern und Brüder,

das erste, was durch die Gabe des Heiligen Geistes ermöglicht wird: Vergebung! Eigenartig. Wären wir gleich darauf gekommen? Wenn man uns fragte: „Was bewirkt der Heilige Geist?“, dann würden wir doch eher antworten: Kraft, Trost, Zuversicht, Hoffnung, Glaubensstärke … Das ist ja alles richtig und doch steht hier bei Johannes: Vergebung!

Es steht so deutlich da und doch höre ich es in diesem Jahr mit neuen Ohren, vielleicht auch, weil ich den Satz unseres Gesundheitsministers so bemerkenswert ehrlich fand, der meinte, dass wir nach der Corona-Krise einander vieles verzeihen müssten!

Da hat er sicher recht. Denn diese Wochen haben nicht nur viel positiven Einsatz, Rücksichtnahme, Solidarität und Mitmenschlichkeit gezeigt; sie haben auch eine gehörige Portion Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Charakterschwäche offenbart. Auf der einen Seite wurden Beziehungen gestärkt, auf der anderen Seite lösten sie sich, zeigten sich der Krise nicht gewachsen. Das wird uns noch lange beschäftigen, im Privaten und der Arbeitswelt!

- „Wem ihr die Sünden erlasst, vergebt“: versuchen wir uns einmal von der Vorstellung zu befreien, hier ginge es um die Beichte vor dem Priester und dessen Macht, im Namen Gottes zu vergeben oder es nicht zu tun. Denn damit gehen wir an dem Text vorbei und packen ihn in eine zu enge Kiste.

Nähern wir uns dem Text: Zunächst heißt es, dass Jesus „in die Mitte“ tritt – und nicht einfach in die Mitte des Jüngerkreises. In die Mitte. In meine Mitte. „Friede euch“, Schalom, Wohlergehen, wiedererlangte Harmonie, Heil. Das ist das erste: dem verschreckten, aufgewühlten und schuldbeladenen Herzen genau das zu sagen. Friede euch. Dir. In meine aufgewühlte, verängstigte Mitte hinein. Auch jetzt, hier – bei mir, bei Ihnen: Friede dir, euch! An meinem mit Punkten markierten Sitz, auf Abstand bedacht, mit dem Wunsch nach mehr Nähe oder Vorwürfen wegen zu wenig Abstand: Friede!

Die Jünger, so heißt es in dem Text, hätten sich aus Furcht eingeschlossen. Das kennen wir. Und deshalb begegnet ihnen Jesus gerade so: Friede. So begegnet ER uns.

- Und dann öffnet Er ihnen die Augen für das Neue, das geschehen ist: das Leben aus dem Tod. An Ihm selbst zu sehen, anzufassen, zu „begreifen“. Nicht das Leid, nicht die Angst und der Tod haben die letzte Macht, sondern das Leben. Und Leben meint: die Gemeinschaft mit Ihm. Und deswegen möchte Er den Jüngern auch wieder die Gemeinschaft untereinander schenken, und das gelingt nur durch Seine Kraft, die Kraft des Geistes: die Kraft der Vergebung!

Natürlich haben sich die Jünger gegenseitig viel vorzuwerfen, alle haben irgendwie versagt, sind weggelaufen, haben Verrat geübt. Das bleibt in einer solchen Gemeinschaft doch nicht ohne Spuren! Das merken wir doch.

„Empfangt den Geist zu Vergebung“: Erkennt euch selbst und seht so, wie auch der andere sich nach Leben sehnt, nach Sicherheit, Glück, Annahme. Erkennt euch selbst darin – und vergebt.

Das ist ein Wunsch Jesu, keine moralische Forderung, mit der Generationen von Menschen geplagt wurden: Du musst vergeben! Nein, es ist ein Wunsch, der zur Befreiung führt. Es nicht zu tun hat eben auch Konsequenzen. Wenn wir nicht vergeben oder wörtlich: wenn wir sie – das Versagen, die Sünde – jemandem behalten, dann bin ich weiterhin an ihn gebunden, dann bin ich nicht frei.

Wie oft erlebe ich es, wie Menschen einander nicht vergeben können und so – auch über Ländergrenzen hinweg, über Jahrzehnte getrennt – dennoch miteinander verbunden sind: Voller Gram und Verbitterung, mit einem verborgenen Stein im Herzen, mit hassverzerrter Stimme, wenn die Sprache auf denjenigen kommt… Da schwärt etwas weiter, etwas Bedrückendes, Unheiles, Friedloses.

Das heutige Pfingstfest lenkt unseren Blick auf die Zukunft, auf unser Miteinander. Wir haben als Gemeinde, als Christen einen wichtigen Beitrag zu leisten für die Zeit, die jetzt kommt. Lassen wir uns von Gottes Geist tüchtig durchpusten, anwehen, anfeuern, denn: Vergebung tut gut. Gerade jetzt. Sie ist möglich. Sie ist die Gabe Gottes.

Das ist Frohe Botschaft. Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Pfarrer
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123 703770

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