Erste Widerstände – oder: Heilung nicht erwünscht


- Erste Widerstände – oder: Heilung nicht erwünscht
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zu den Widerständen die Jesus erfährt am 10. Sonntag im Jahreskreis zum Download
Die Texte zu 10. Sonntag im Jahreskreis wie der Lesungen (Gen 3, 9–15 und 2 Kor 4, 13 – 5, 1) und des Evangeliums (Mk 3, 20–35) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,
was ist es nur, das die Menschen so gegen Jesus aufbringt? Wir hören im heutigen Evangelium, dass Ihn sogar die eigene Familie für verrückt erklärt und Ihn stoppen möchte!
Nach dem langen Festkreis der Fasten- und Osterzeit werden wir mit dem Markusevangelium Jesus nun wieder Schritt für Schritt folgen und Ihn so hoffentlich besser kennenlernen.
Was also hat Jesus an sich, dass Er solche Reaktionen provoziert? Markus berichtete in den wenigen Kapiteln vorher, dass Jesus predigte, erste Jünger sammelte – und heilte! Das war es wohl, das nicht passte!
Aber: Was ist denn Anstößiges daran, wenn Aussätzige wieder rein werden, Gelähmte wieder gehen und Menschen von ihren Dämonen befreit werden? Müssten sich denn nicht alle darüber freuen – einschließlich der Familie?
Jesus fällt auf. Aber nicht, weil Er auffallen will – diese Menschen gab und gibt es genug! – sondern weil ER etwas verändert: ER verhilft Menschen zur Befreiung! Eine einzelne Heilung hier und da, gut! Warum nicht?! Aber da ist mehr, viel mehr – und die Menschen spüren das: Sie kommen in Scharen!
Schauen wir es uns einmal im Detail an, was vorher von Jesus erzählt wurde:
- Eine Lähmung: Ein Mensch kann nicht (mehr) so, wie er es gerne möchte. Er wird am Laufen gehindert. Er würde sein Leben gerne verändern, aber es ist meist die Angst, die ihn hindert. Ich kenne das selbst: wenn nur diese blöde Angst nicht wäre! Angst vor dem Scheitern; vor dem, was andere sagen und denken – ja auch Angst vor Veränderung. Jesus befreit davon. Wenn das bei jedem nun so passiert…!
- Jesus, ein angeblich Frommer, nimmt einen bekannten Sündern, einen Zöllner, in Seine Gruppe auf. Was ist das denn? Was sollen die Menschen davon halten, vor allem die „echten“ Frommen? Was passiert, wenn das Schule macht? Der ist gut – der ist schlecht: Eine solche Unterscheidung nehmen wir oft vor und teilen die Menschen ein. Jesus sieht in ihnen etwas anderes – oder besser: ER sieht den Menschen, wie er wirklich ist und hilft ihm, sich zu befreien. Eigentlich eine gute Botschaft – doch leider nicht für alle!
- Immer wieder befreit Jesus Menschen von ihren Dämonen – Mächte, die sie gefangen halten, die sie unfrei machen; Mächte, die verhindern, dass der Mensch Gott ganz vertraut. Die Folgen davon können ganz unterschiedlich sein, aber immer leiden der Mensch und seine Umgebung daran. Wenn der Mensch aus dem Vertrauen gegenüber Gott leben könnte, wäre das großartig. Vieles, was uns Angst macht – und die vielen, die uns Angst machen wollen – hätten dann keine Stimme mehr!
Liebe Schwestern und Brüder, ja, wir müssen beklagen, dass unsere Kirche noch zu wenig diese befreiende Botschaft Jesu verkündet. Die Diskussionen und die Aufregung der letzten Wochen rund um die Frage der Segnungen machen das für mich deutlich. Menschen sind verunsichert, Menschen suchen nach Annahme, Menschen sehnen sich nach Halt. Die Pandemie hat diese Sehnsucht deutlich gemacht – und die Hilflosigkeit vieler, die Verantwortung tragen, auch in der Kirche.
Kirche ist zum Ärgernis geworden – aber aus den falschen Gründen! Wenn sie in der Spur Jesu bleibt, dann wird sie immer wieder das erfahren, was Er selbst erlitt und erfuhr: Ablehnung! Und das deswegen, weil Er sich für den Menschen und dessen Heilung einsetzte.
Wie sehr wünschte ich mir sicher gemeinsam mit Ihnen, dass unsere Kirche wieder mehr aus diesen Gründen Schlagzeilen macht. Ich, wir können nur daran mitwirken, dass es hier vor Ort, dort, wo wir leben und wirken, geschehen kann. Aber machen wir uns nichts vor: auch das wird schwierig, denn die Widerstände gegen eine solche Freiheit, die Christus bringen will, wird es bis in unsere Familien hinein geben – so, wie es Jesus erfuhr.
Die Frohe Botschaft, die immer auch Widerstände erfährt. Es ist paradox, aber so ist unsere Welt.
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns heilen und befreien möchte, bitten wir:
- Stärke Deine Kirche und jeden Getauften, dass wir Deine Botschaft der Freiheit den Menschen von heute glaubwürdig verkünden und vorleben, so dass sie Dir vertrauen können.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Wir bitten für die, deren Leben von Angst gezeichnet ist; für die, die sich nicht trauen, sich und ihre Begabungen zu entfalten; für die, die im Gefängnis der Depression gefangen sind.
- Sei den Jugendlichen nahe, die in diesen Wochen die Schule verlassen und eine Ausbildung, ein Studium oder ein Soziales Jahr beginnen möchten: Schenke ihnen den Mut zu entdecken, welchen Weg Du mit ihnen gehen willst.
- Wir bitten Dich für unsere Kranken und die, die sie pflegen, sich um sie sorgen: Hilf ihnen, ihre Zukunft voll Vertrauen in Deine Hände zu legen.
- Führe unsere Verstorbenen in die Heimat bei Dir, die wir auch für uns selbst einmal erhoffen.
Dir, dem Vater sei Dank, der mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
