01.11.2025
Wofür ich Zeuge bin
Liebe Schwestern und Brüder,
am Beginn eines jeden Gottesdienstes bezeichnet sich jeder von uns mit dem Kreuzzeichen. Es bedeutet – wenn wir es nicht rein mechanisch und gedankenlos machen – dass wir, dass jeder einzelne von uns zu Christus gehört, zu Ihm gehören will. Ich gehöre zu Dem, der auch für mich gekreuzigt wurde. Dieses Kreuz, oder besser: die Botschaft dessen, der für mich gekreuzigt wurde, soll wiederum auch mich prägen, soll immer mehr Raum greifen in meinem Leben.
Wenn ich so den Gottesdienst beginne, dann wird mir auch bewusst, dass diese Prägung noch nicht ganz gelungen ist, die Nachfolge immer noch mit Kompromissen behaftet ist, dass ich aus welchen Gründen auch immer hinter meinen Möglichkeiten zurück bleibe. So ist es angebracht und auch zu verstehen, dass wir gleich im Anschluss an die Eröffnung der Heiligen Messe ein Schuldbekenntnis sprechen. Ich sage damit auch: Ich will mich mit meinen Unzulänglichkeiten nicht abfinden, ich möchte weiterhin dem Heiligen Geist eine Chance geben, mich zu verändern. Obwohl: will ich das wirklich? Oder habe ich damit abgeschlossen, in der Nachfolge noch konsequenter zu werden?
Wir feiern heute mit der ganzen Kirche ein Fest: Wir feiern, dass es möglich ist, sich von Christus, von Seinem Kreuz prägen zu lassen. Heilige sind Zeugen – das ist die Bedeutung des Wortes Märtyrer – für ein Leben, das sich so hat formen lassen. Dabei wird auch sichtbar: Jede einzelne Heiligengestalt ist einmalig, nicht verwechselbar, hat ein eigenes Profil. Auf eine je eigene Weise hat sich die Prägung durch Christus in ihrem Leben gezeigt.
Ja, die Kirche feiert sie heute. Wie sieht es mit uns aus? Feiern wir sie, weil sie Ansporn für uns sind, Ermutigung, nicht nachzulassen mit unserem eigenen Bemühen? Oder feiern wir sie zwar festlich, aber doch mit einer inneren Distanz? Ist uns ihr Zeugnis möglicherweise auch unverständlich geworden? Da haben Menschen wegen ihres Glaubens – wegen unseres Glaubens! – Nachteile in Kauf genommen; da haben sie eher das Dienen als das Herrschen gewählt; da haben sie sich nicht in Sicherheit gebracht, wo es ihnen möglich gewesen wäre, sondern tapfer stand gehalten. Die Beispiele sind beliebig vermehrbar. Und: Ist uns das wirklich so fremd?
Gibt nicht jeder von uns mit seinem Leben davon Zeugnis, wofür er, wofür sie steht? Da gäbe es z.B. die Familie, eine Arbeit, eine Überzeugung: dafür stehen wir ein, dafür setzen wir uns ein und das verteidigen wir auch. Oder auch, natürlich: Fußball! Was können Menschen da leidenschaftlich werden und alles andere als objektiv, wenn es um ihren Verein geht! Da ist uns etwas wichtig, es macht uns aus, ist Teil unseres Lebens. Wird es angegriffen, kritisiert, gibt es Schwierigkeiten, können wir zu unserer Höchstform auflaufen und zeigen Einsatz. In solchen Situationen zeigen wir, wer wir sind, zeigen wir, was uns prägt.
Und damit sind wir schon wieder bei den Heiligen angelangt. Sie sind gar nicht so sehr verschieden von uns. Was sie unterscheidet: was genau sie prägt!
Aber genau damit werden sie doch auch wieder interessant: Sie machen uns deutlich – und das durchaus auch über Jahrhunderte hinweg – mit welcher Leidenschaft sie von Jesus erzählen – durch ihr Leben! Es ist ja nicht so, dass uns Christus egal wäre – überhaupt nicht, sonst wären wir heute auch nicht zum Gottesdienst erschienen. Aber wie ein Heiliger alles auf die eine Karte Jesus Christus zu setzen? Andererseits: Ist das nicht auch faszinierend? Da gibt es Menschen, die haben etwas an Ihm entdeckt, was sie hat Grenzen überspringen lassen. Da ging es nicht um eine Meinung, da ging und geht es darum, dass eine Entscheidung für Christus nicht nur das eigene, sondern ebenso sehr auch das Leben vieler anderer verändert, spürbar und nachhaltig.
Könnte es sein, dass die Heiligen etwas entdeckt haben, was mir noch verborgen geblieben ist? Und das hat damit zu tun, welche Macht ich dem gebe, den ich am Anfang dieses Gottesdienstes durch das Kreuzzeichen bekannt habe. Wenn wir heute die Heiligen in der rechten Weise ehren wollen, dann könnte jeder von uns sich doch jetzt im Stillen fragen: Habe ich zumindest die Sehnsucht danach, Seiner Macht in meinem Leben mehr Raum zu geben? Es IHM hier und jetzt anzuvertrauen und mit den Gaben auf den Altar zu legen, könnte ein guter Anfang sein.
Amen.
Fürbitten
Zu Christus, der uns einlädt, in Seinem Licht zu leben, bitten wir:
- Für die Menschen, die sich bemühen, aus dem Geist der Bergpredigt die Sorge Jesu zu teilen: für die Verkünder der Frohen Botschaft, für die Missionare und Ordensleute, für alle, die als Christen auf vielfältige Weise dem Weg der Heiligkeit folgen.
(Du Quell der Heiligkeit – wir bitten Dich, erhöre uns) - Für diejenigen, die mit Liebe und Verständnis gerade in dieser Zeit der vielfältigen Krisen für andere da sind: in der Seelsorge, in den Pflegeberufen, in unseren Familien.
- Für die Menschen, die sich einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit unter den Völkern und Staaten; die Verantwortung dafür tragen, dass gerade die Schwachen und Benachteiligten Hilfe und Schutz erfahren.
- Für unsere Jugendlichen, die sich in diesen Tagen auf das Sakrament der Firmung vorbereiten: Dass wir sie auf dem Weg zur Heiligkeit ermutigen und ihnen selbst darin Vorbild sind.
- Für alle, die in diesen Tagen beim Gedenken an einen lieben verstorbenen Menschen trauern: Stärke sie alle mit der Botschaft Deiner Auferstehung.
- Für unsere Verstorbenen, die wir Dir heute besonders anvertrauen möchten: HIER folgt die Liste der Verstorbenen)
Barmherziger Gott, mit allen Heiligen loben und preisen wir Dich durch Jesus Christus, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.