28.11.2025

Advent: Unsere Not im Blick

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 1. Advent 2025 (Lesejahr A)

Liebe Schwestern und Brüder,

bedenkt dies: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht Quelle: Evangelium nach Matthäus 24,43

Eigenartige Worte zu Beginn des Advents. Eigenartig deswegen, weil sie so gar nicht zu dem passen, was wir mit dem Advent verbinden. Wir sind im Advent in einer anderen Stimmung: Kerzenschein, Adventslieder, Vorweihnachtszeit, besondere Familienzeit …!

Das soll niemandem genommen werden, gerade weil es schön ist und uns so gut tut. Wie bekommen wir das mit dem zusammen, was wir da in den Lesungen hören und das auch am kommenden Sonntag seine Fortsetzung findet? Sind wir bereit, für diesen Gottesdienst „umzuschalten“ und zu hören?

Es klingt bedrohlich: „Wenn der Herr des Hauses wüsste“! Kurz vorher hieß es gar:

Wie die Menschen vor der Flut nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach Quelle: Evangelium nach Matthäus 24,38ff

Ja, das klingt bedrohlich und so ist unser Leben. Nachrichten, die uns erschrecken, kommen doch oft wie aus heiterem Himmel. Erinnern wir uns daran, wie Corona vor fünf Jahren alles veränderte; wie durch den Beginn des Ukraine-Krieges unser Weltbild und unser Sicherheitsgefühl zusammenbrachen. Solche Bedrohungen erfahren Menschen täglich in den Behandlungszimmern von Ärzten; eine Entlassung kommt völlig unerwartet; eine Ehe, eine Beziehung versandet; berufliche oder private Konflikte erreichen ein Level, das nur Zerstörung übrig lässt. Jeder von Ihnen kann eigene Episoden aus dem Leben gedanklich hinzufügen – ich tue es auch!

- Wir fragen dann: Warum ist das so? Wir fragen nach Schuld und Schuldigen. Es ist zutiefst menschlich, so zu fragen. Wir versuchen, irgendwie Kontrolle zurückzuerhalten. Aber: Hilft das wirklich? Was hilft, in der Katastrophe die Gegenwart zu leben? Was trägt uns da?Nicht: was? Sondern: wer?

Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet Quelle: Evangelium nach Matthäus 24,44

Gott will ankommen, das ist Advent. ER will einen Weg zu uns, zu einem jeden bahnen und dies gerade dann, wenn es bedrohlich wird!

Der Advent kann uns verzaubern und dazu einladen, in etwas Heiles und Bergendes zu fliehen, und sei dies auch nur für kurze Zeit. Es ist dann wie ein Aufatmen, ein Für-den-Moment-Vergessen, doch ändert das wenig an dem, was ist.

Der Advent kann uns aber auch in einer besonderen Weise stärken: Wenn wir uns zusagen lassen, dass in all dem Bedrohlichen jemand zu uns sagt: Ich bin da! Das ist der ursprüngliche Gottesname. Ich bin da, ich bin dabei, ich lasse dich, ich lasse euch nicht allein. Wer das Geschenk echter Nähe und Freundschaft kennt, der weiß, was das bedeutet. Die Situation, die uns ängstigt, wird nicht weggezaubert, aber sie wird tragbarer, weil wir uns getragen, begleitet wissen. Und dies nicht nur von irgendwem, sondern von IHM! Vertrauen in IHN ist ein Lernprozess und so kann jeder Advent dazu dienen, in diesem Vertrauen zu wachsen, auf dieses Vertrauen zu bauen. Dabei helfen mir die Heiligen des Advent, da können uns unsere wunderbaren Traditionen im Advent eine Hilfe sein:

Barbara – scheinbar tote Zweige in die Vase stellen. Abwarten. Wo ist Abgestorbenes in mir, Vertrocknetes, was einmal zu meiner Lebendigkeit gehörte? Wo erlebte ich in der Vergangenheit, dass da wirklich etwas zum Blühen kam? Sich darüber zu freuen, anderen Hoffnung schenken – warum nicht auch mit einem Glas Glühwein?

Nikolaus – ich weiß von der Not eines anderen und lege im Stillen einen „Goldklumpen“ hin, ein Zeichen dafür: Ich denke an dich!

Maria – voller Erwartung. Auf was, auf wen warte ich? Ich mache eigene Erwartungen, Nöte, Bedrängnisse oder die anderer zum Gebet. Dafür möchte ich bewusster als sonst auf das Läuten des Angelus hören: Der Engel brachte die Botschaft – ich bin die Magd – das Wort wurde Fleisch. Dabei die Kerzen des Adventskranzes anzünden.

Johannes der Täufer: Sein Ruf „kehrt um, bereitet dem Herrn den Weg“ – dieser Ruf soll mir helfen, meine Weihnachtsbeichte vorzubereiten. Wo habe ich mich wieder von meiner Angst besiegen lassen, nicht darauf vertraut, dass ER der ist, der trägt? Eine stille Stunde in Kerzenschein und mit Musik kann mir dabei helfen.

Kerzenschein, Adventslieder, Vorweihnachtszeit – da ist jemand am Kommen, der Retter heißt. Wir brauchen Ihn, nicht nur im Advent.

Amen.

Fürbitten

Lasst uns zum Beginn des neuen Kirchenjahres den Herrn bitten, dass er ankommen möge in unserem Leben, in unserer Kirche und dem Leben der Welt:

  • Wir bitten Dich für alle Getauften, dass wir in unserem Reden und Handeln bezeugen, dass wir Dir nachfolgen: in den Aufgaben, die vor uns liegen; gegenüber den Menschen, denen wir begegnen; in der Zeit, die wir leben.
    (Komm, Herr Jesus – komm, Herr Jesus)
  • Wir bitten dich in diesen Wochen des Advent inständig darum, die Kräfte des Friedens und der Versöhnung zu stärken, um so das zu verwirklichen, was uns Menschen nicht zu gelingen scheint.
  • Für alle Menschen, die sich in der Sorge um die Zukunft verlieren; für die, die einsam sind und sich nach Freundschaft und Nähe sehnen; für die, die sich ängstigen und für die, die trauern – lass sie entdecken, wie nahe du ihnen bist.
  • Du kommst zu einer Stunde, in der wir es nicht erwarten: Lass uns vorbereitet sein auf das Ende unseres irdischen Lebens und nimm all unsere Verstorbenen auf in Dein Reich.

Du bist uns nahe und wirst wiederkommen, um die Welt zu vollenden. Wir danken Dir, der Du mit dem Vater und dem Geist lebst und uns liebst in alle Ewigkeit.

Amen.

Die verschiedenen Texte am 1. Advent des Lesejahres A finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.

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