Zeugen für die Gegenwart des Herrn
- Zeugen für die Gegenwart des Herrn
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zu Christi Himmelfahrt 2022 zum Download.
Die Texte zu Christi Himmelfahrt des Lesejahres C der Lesungen (Apg 1, 1–11 und Eph 1, 17–23 oder Hebr 9, 24–28; 10, 19–23) und das Evangelium (Lk 24, 46–53) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
in diesen Tagen besuchte ich den scheidenden Geschäftsführer der „Stiftung Kloster Eberbach“, Martin Blach, zu einem Abschiedsbesuch und dankte ihm auch im Namen der Gemeinde für das jahrelange vertrauensvolle Miteinander. Denn das Kloster ist nicht einfach nur ein Museum. Es ist ein besonderer Ort. Es steht für – ja, wofür steht es? Es steht vor allem dafür, dass Menschen sich aus dem Glauben heraus zu einem gemeinsamen Leben entschieden hatten und in Eberbach etwas hinterließen, das heute noch staunen lässt. Kiedrich hat den Mönchen viel zu verdanken, nicht zuletzt und gerade auch die Überlassung der Reliquie des Hl. Valentin. Sie wollten dort ihre Ruhe haben – und hier führte der Trubel zum Aufblühen.
In der Stimmung des Abschieds schaute ich auf der Rückfahrt über den Rheingau: Wie viele wunderbare Zeugnisse des Glaubens stehen hier! Werden wir es verhindern können, dass sie bald das Schicksal von Kloster Eberbach teilen und Museen werden? Die Kirchenkrise, in der wir uns befinden, ist ja letztlich eine Glaubenskrise: Macht wird missbraucht, wenn der Glaube schwindet; Gottesdienst wird langweilig, wenn nicht mehr vermittelt wird, um wen es geht und nichts mehr das Herz ergreift; gesellschaftliche Relevanz wird dann wichtig, wenn eigene Glaubensüberzeugungen nicht mehr tragen.
- Eine Erneuerung des Glaubens kann immer nur aus dem Wort Gottes kommen, aus der Begegnung mit Ihm. Der heutige Festtag (wer kann mit ihm noch etwas anfangen? Er ist zum „Vatertag“ geworden – wobei zu wünschen ist, dass Väter wieder Väter sind. Aber an diesem Tag?) kann so verstanden werden, dass sich Christus aus der Gegenwart Seiner Jünger verabschiedet und diese nun selber schauen müssen, wie sie zu Rande kommen! Tatsächlich kann man öfter genau diesen Eindruck haben: Dass wir in der Kirche schauen, wie wir „zurechtkommen“!
- „Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ (Apg 1,11), werden die Jünger bei der Himmelfahrt von zwei nicht näher genannten „Männern in weißen Gewändern“ gefragt. Aber Vorsicht: Wenn im Text davon die Rede ist, dass Jesus von einer „Wolke“ aufgenommen wurde, so ist das genau so zu verstehen, wie auch schon beim Exodus des Volkes Israel. Die Wolke, die den Zug der Israeliten begleitete, war Zeichen der Gegenwart Gottes. Wenn nun Jesus von einer „Wolke“ aufgenommen wurde, dann meint das genau das: ER ist gegenwärtig, bei den Seinen, bei denen, die Ihn aufnehmen, die sich Seinem Schutz unterstellen. ER begleitet Sein Volk und ER ist nicht mehr begrenzt durch eine menschliche Gestalt. Keine Begrenzung, ER ist da, und wir, Seine Kirche, sind Zeugen dafür. Wir sind – wir sollen – Zeugen dafür sein, das Jesus sich einmischt, dass ER wirkt, da ist. Wir sollen Zeugen dafür sein, was passiert, wenn wir Ihn wirklich „machen“ lassen, wenn ER durch uns wirken kann. Christen schauen nicht selbstvergessen in den „Himmel“, sondern voll Interesse auf die Erde. Dorthin also, wo ER sich in der „Wolke“ verbirgt und immer wieder auf sehr überraschende Weise angetroffen werden kann. Für den, der sich auf die Suche macht, für den, der die Sehnsucht danach hat, diesen immer anderen Christus zu entdecken. Dies ist eine durchaus spannende Angelegenheit, muss ich mich doch immer wieder auf Überraschungen gefasst machen. Andererseits: Wenn ich mich „einrichten“ will, mich nur darüber freue, was „schon immer“ so war und eine solche Wiederholung auch erwarte – dann ist das auch mühsam und ich stehe in Gefahr, die Sache, nämlich die Kirche, über die Person, Christus, und über die Personen, die Menschen also, zu stellen.
- Wofür wollen wir stehen? Das ist eine Entscheidung, die ich, die wir grundsätzlich treffen müssen. In der Frühzeit von Kloster Eberbach gaben die dortigen Mönche ein lebendiges Zeugnis für ein Leben mit dem „in der Wolke verborgenen Christus“ und der Zulauf war enorm. Das harte Leben schreckte nicht, wenn es dafür so viel an Lebensqualität zu gewinnen gab. Irgendwann ist dieser Aufbruchsgeist verschwunden. Das geschieht ja oft, wenn man meint, alles liefe so automatisch weiter, wie es immer war. Nein, der Geist, aus dem etwas lebte, muss immer auch der Geist sein, aus dem ich selbst lebe, damit es weitergeht. Ein Kennzeichen dieses Geistes ist die Freude, die die Jünger auszeichnete. Auch heute!
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der zum Vater heimgekehrt, immer bei uns ist und uns als Seine Zeugen sendet, bitten wir:
- Lass uns als Deine Kirche glaubwürdiger davon Zeugnis geben, dass vor Dir jedes Menschenleben wertvoll und geliebt ist und Du dem Menschen nur die Liebe nachträgst.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Für die Ukraine und alle Teile dieser Welt, wo Waffen die Stimme des Friedens zum Schweigen bringen wollen. Schenke Du das, was uns Menschen unmöglich scheint: Ein friedliches Miteinander.
- Wir bitten dich für unsere Kinder und Jugendlichen: Lass sie auch durch ihre Eltern Deine Nähe und Freundschaft erfahren, so dass auch sie es wagen, ihre Zukunft mit Dir zu gestalten.
- Für die Männer, die Väter sind oder es werden; für die, die ihre Vaterrolle nicht annehmen können oder wollen; für die, denen das Fehlen eines Vaters eine Wunde zugefügt hat und für die, deren Väter ihnen Leid zugefügt haben.
- Für unsere Verstorbenen: Schenke ihnen die Fülle des Lebens, das Du uns allen verheißen hast.
So bitten wir Dich, der Du mit dem Vater und dem Geist lebst und wirkst in alle Ewigkeit.
Amen.