Wort-Gottes-Feiern sind "priesterlose Gottesdienste", die an Sonn- und Werktagen gefeiert werden können. Im Mittelpunkt steht die Feier des Wortes Gottes, der biblischen Botschaft. In der Zukunft unserer Pfarrei werden die geplanten Wort-Gottes-Feiern noch mehr an Bedeutung gewinnen. Deshalb hier ein paar kurze Darlegungen:
Schon im Zweiten Vatikanischen Konzil wird betont, dass Christus nicht nur in der Eucharistiefeier, sondern auch im "verkündeten aus ausgelegten Wort Gottes wirklich gegenwärtig ist". (1) Die Liturgie, insbesondere die Eucharistie, wird "als Quelle und Höhepunkt" des Tuns der Kirche bezeichnet. "Aber jeder Höhepunkt braucht eine Vorbereitung und jede Mitte ein Umfeld. Wir brauchen auch außerhalb der Messfeier Orte, an denen manches von dem nachklingen kann, was die Eucharistie selbst anstößt." (2)
Vielleicht ist das Tun der Kirche vergleichbar mit einem Berg, den man erwandern und besteigen möchte. Der Höhepunkt, der Gipfel ist die Eucharistie. Doch um dorthin zu kommen und das Ankommen dort und den Ausblick genießen zu können, braucht es auf dem Weg Stationen: Andachten, Gebete, Wort-Gottes-Feiern, die schon vorher erschließen helfen, was uns am Gipfel erwartet. Dort angekommen verweilen wir, dann wagen wir uns an den Abstieg - entlang der Quelle, die am Gipfel entspringt und ihr erfrischendes, belebendes Wasser hinunter ins Tal fließen lässt. Auch auf dem Rückweg braucht es Pausen zum Innehalten und Nachklingenlassen dessen, was uns auf dem Gipfel widerfahren ist. Wort-Gottes-Feiern sind solche Pausen: Orte, wo Gemeinde sich versammeln und sich hörend, betend und singend einander im Glauben stärken kann.
Die Wort-Gottes-Feiern sollen nicht als "Konkurrenzveranstaltung" zur Eucharistiefeier verstanden werden. Deshalb wird von den Bischöfen einhellig empfohlen, sie nur notfalls mit einer Kommunionspendung zu verknüpfen, falls in der Pfarrei keine Eucharistiefeier stattfinden kann.
Dieser Empfehlung hat sich unser Pfarrgemeinderat mehrheitlich angeschlossen.
Die Wort-Gottes-Feier soll vor allem ein Raum für die Erfahrung sein, dass Christus uns auch im Wort begegnen will. Das gefeierte Wort Gottes kann uns "Rüstzeug" für den "Aufstieg" zum Gipfel, als auch "Wegzehrung" für den Weg zurück ins "Tal" sein. Den Leib Christi seltener, dafür vielleicht wertschätzender und vorbereiteter zu empfangen, ist eine Chance, um unser Verständnis von Eucharistie und Gottesdienst zu hinterfragen und neu zu entdecken. Alleine die eigene "Standortbestimmung" und die Frage danach: "Was ist mir wichtig? Wozu gehe ich sonntags in die Kirche?" halte ich für eine wichtige spirituelle Bereicherung des Lebens in unserer Pfarrei.
Altbischof Franz Kamphaus sagte einmal in einem Interview mit der Kirchenzeiten "Der Sonntag":
"Das Gemeindeleben wird dort weitergehen, wo wir mit den Menschen vor Ort auch ein liturgisches Leben entwickeln. Und wenn ihre schöne Kirche ein Ort bleibt, wo etwas passiert, wo Menschen Gott und einander begegnen und wo ein Gespür wachgehalten wird für das Heilige und Allerheiligste. Dafür müssen wir sie befähigen, selbst Verantwortung zu übernehmen. (...) Ansätze dazu hat es ja auch gegeben. Erinnern wir uns (...) an Schulungen und Beauftragungen für Wortgottesfeiern. Neben der Eucharistie und mit Hochschätzung für ihren Vorrang [geht es darum,] neue Formen der Frömmigkeit zu entfalten und neue Rituale in den Herzen so zu verwurzeln, dass die Menschen sich gerne daran beteiligen. (3)
Auch Bischof Georg Bätzing empfiehlt in seinem Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit 2017 einen grundlegenden Perspektivenwechsel:
"Nicht mehr: Wer oder was ist die Kirche, sondern: Wozu und für wen sind wir heute da? Nicht mehr: Was hat die Kirche mir zu bieten, sondern: Was kann ich zum Wohle aller einbringen? Nicht mehr: Wer kümmert sich und wer übernimmt Verantwortung, sondern: Wo sind die Gaben, die Gottes belebender Geist uns schenkt?" (4)
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, benennt er unter anderem als zentrales Element: "Sich unter das Wort Gottes stellen". Er macht den konkreten Vorschlag, das "Bibel-Teilen" und "andere Formen der intensiven Beschäftigung mit der Heiligen Schrift zum regelmäßigen Bestandteil" von Treffen zu machen. Das kann auch in Wort-Gottes-Feiern geschehen. Darüber hinaus fördern gut vorbereitete, fundierte und ästhetisch ansprechende, mit Zeichenhandlungen ausgedeutete Feiern des Wortes Gottes das Bewusstsein dafür, dass "Gottes Wort (...) lebendig ist, wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, wie der Hebräerbrief (4,12) sagt. Jesus selbst begegnet uns darin. Er spricht uns an, und in seiner Gegenwart können wir uns gemeinsam vergewissern, wozu er uns anstiftet." (6)
Anke Jarzina, Pastoralreferentin
Quellenangaben
(1) Fischer, Balthasar: Die Grundaussagen der Liturgiekonstitution und ihre Rezeption in fünfundzwanzig Jahren, in: Becker, Hansjakob/Hilberath, Bernd Jochen/Willers, Ulrich: Gottesdienst-Kirche-Gesellschaft, Interdisziplinäre und ökomenische Standortbestimmung nach 25 Jahren Liturgiereform (Pietas Liturgica 5), 419
(2) Vgl. Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz (Hg.): Mitte und Höhepunkt des ganzen Lebens der christlichen Gemeinde, Impulse für eine lebendige Feier der Liturgie. (Die deutschen Bischöfe 74) Bonn 2003, 26-36
(3) "Der Sonntag", Kirchenzeitung für das Bistum Limburg, Ausgabe Ostern 2015
(4) Bätzing, Georg, Bischof von Limburg: Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit 2017, S. 3
(5) Ebd., S. 4
(6) Ebd.