Von der Not der Vergebung – Interaktive Predigt mit Filmsequenzen


Die Heilige Messe mit Predigt wird am Sonntag, 13.09.2020, ab 11.15 Uhr auf youtube übertragen. Hier können Sie sich dann auch die Filmsequenzen ansehen.
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Liebe Schwestern und Brüder,
es ist nicht leicht, was wir hier gehört haben, was uns zugemutet wird: Vergebung! Für ein wirklich freies und befreiendes Leben gehört sie dazu. Das wissen wir. Aber sie zu praktizieren ist oft so schwer. Nein, ich meine jetzt nicht kleinliche Familienfehden oder Nachbarschaftsstreitigkeiten, die bei Licht besehen alle Beteiligten nur beschämen müssten – da steht oft eine kindisch-narzisstische Selbstverliebtheit und Unreife dahinter. Nein, ich meine tiefe Verletzungen, Erschütterungen, die ein Leben durcheinander bringen, in den Fundamenten wanken lassen: 77 Mal vergeben? Ein einziges Mal scheint schon zu schwer.
Ich suche mir heute Hilfe im Film, der andere Ausdrucksmöglichkeiten hat, als das bloße Wort: In „Dead man walking“ begleitet Schwester Helen den Mörder Matthew Poncelet als Seelsorgerin auf der letzen Wegstrecke zur Hinrichtung. Dabei lernt sie auch die Angehörigen der beiden Opfer kennen. Völliges Unverständnis begegnet ihr dort: Wie kann sie einem Mörder beistehen? Dieser Mensch sei ein Fehlkonstrukt Gottes. Schauen wir rein:
Filmsequenz aus „Dead man walking“
Ich habe das – nicht so extrem – erlebt: dem anderen, dem „Täter“, wird jede Menschlichkeit abgesprochen. Ja mehr noch: Wer versucht, zu vermitteln, Gräben zu überbrücken, bekommt den tiefen Hass zu spüren, der sonst auf den Täter projiziert wird. Eine sehr christliche Familie, bei der ich den zaghaften Versuch unternahm, in einem Konfliktfall zu vermitteln, gerade weil der Hass das alltägliche Leben vergiftete, sprach 1 ½ Jahre nicht mehr mit mir. Dabei ging es mir gar nicht um ein Verständnis für den vermeintlichen Bösewicht – es ging um eine „Lösung“, das „Nach-Tragen“ der Schuld belastete alle sehr, vergällte das Leben. Bei der Vergebung geht es um Befreiung.
- Aber ja: es ist immer wieder schwer, scheinbar unmöglich. Was hilft es da, wenn Gott es verlangt, wenn es Teil meiner religiösen Grundüberzeugung ist? Wenn Gott sich leibhaftig neben mich stellen würde, um mich zur Versöhnung einzuladen – wäre Er erfolgreich? In „die Hütte“, diesem außerordentlichen Roman und Film, geht es um Mackenzie Philips, „Mack“ genannt. Der Hintergrund ist bitter: Seine jüngste Tochter wurde ermordet und in der Folge drohte seine Familie auseinanderzubrechen. Seine Verzweiflung, seine Selbstvorwürfe, seine Wut auf Gott, der nicht gerecht oder barmherzig sein kann, lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Da erhält er eine Wochenendeinladung von Gott selbst – an den Ort des Verbrechens: eine Berghütte. Es geht um Versöhnung. Ein schwerer Weg. Auch für Gott, der Mack als Mutter und dann auch ganz entscheidend als Vater begleitet. Deutlich wird: Vergebung ist nicht einfach und doch lebensnotwendig. Gott mutet Mack viel zu – vielleicht geht es nur so:
Filmsequenz aus „die Hütte“
Eine Vergebung, die aus dem Herzen kommt, kann sehr lange dauern. Das darf mich als gläubigen Menschen aber nicht davon abhalten, diesen Weg zu gehen. Ich gehe ihn nicht alleine. Es ist ein Weg mit Ihm.
Filmsequenz aus „Dead man walking“
In der Schlusssequenz von „Dead man walking“, nachdem das Todesurteil vollstreckt worden ist, sieht man Schwester Helen mit dem Vater der Ermordeten in der Kirche knien und beten. Als Christen können wir uns in der Nachfolge vor diesem Weg nicht drücken. Und: wir gehen ihn nicht allein. Wir gehen ihn miteinander und mit Gott. Amen.
Fürbitten
Herr Jesus Christus, in Deinem Namen versammelt, rufen wir:
Hilf Deiner Kirche, die Botschaft der Vergebung glaubwürdig zu verkünden und die Menschen zu ermutigen, die Freiheit, die die Vergebung schenkt, zu leben.
(Christus, höre uns - Christus, erhöre uns)
- Steh denen bei, die nicht verzeihen können, deren Trauer und Hass
eigenes und fremdes Leben vergiften.
- Lass uns dort, wo wir an anderen schuldig geworden sind, um Verzeihung bitten und zugefügten Schaden wiedergutmachen.
- Hilf uns, den Weg der Vergebung denen gegenüber zu beschreiten, die an uns schuldig geworden sind.
- Schenke unseren Verstorbenen Heimat bei Dir und verzeih ihnen, was sie schuldig geblieben sind.
Denn Du trittst beim Vater für uns ein, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.
