Vom Erlöschen der Lampe Gottes – oder: von der Weitergabe des Glaubens
Die Texte am 2. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres B, die Lesungen (1 Sam 3, 3b–10.19 und 1 Kor 6, 13c–15a.17–20) und das Evangelium (Joh 1, 35–42), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
aus einem mir nicht ersichtlichen Grund wird am Anfang der heutigen Lesung etwas ganz Wichtiges nicht gesagt, einfach ausgelassen. Hören wir noch einmal: „Der junge Samuel versah den Dienst des Herrn unter der Aufsicht Elis. In jenen Tagen waren Worte des Herrn selten; Visionen waren nicht häufig. Eines Tages geschah es: Eli schlief auf seinem Platz; seine Augen waren schwach geworden, und er konnten nicht mehr sehen. Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen, und Samuel schlief im Tempel des Herrn …“ (1 Sam 3,1-3).
Wenn ein eigentlich so unwichtiges Detail wie eine Lampe genannt wird, hat das in der jüdisch-christlichen Symbolsprache noch mehr zu sagen. Es meint dann auch das Licht des Wortes Gottes, ja Gott selbst. Die Berufung des Samuel geschah zu einer Zeit der Glaubenskrise. Samuel wird der letzte große Richter in Israel sein, bevor das Königtum eingerichtet wird und die Könige das Volk politisch aber auch religiös leiten sollen. Der Priester Eli, dem Samuel anvertraut wurde, war alt geworden und er wusste, dass seine Zeit abgelaufen war, auch seine Glaubenskraft. Aber er ist noch in der Lage, den jungen und unverbrauchten Samuel auf Gott und Seine Gegenwart, ja die persönliche Kontaktaufnahme hinzuweisen. Ist das nicht wunderbar! Das wohl Schönste, das einem Menschen passieren kann: die persönliche Erfahrung der Nähe Gottes. Die kann man nicht machen, auch nicht erzwingen. Sie ist Geschenk – und Gott bietet sie an. In so vielfältiger Weise. Wir müssen nur die Sinne dafür schärfen und einander darauf hinweisen, so wie das Eli bei Samuel tat.
Wenn wir einerseits die Geschichte Israels von damals nicht mit unserer heutigen vergleichen können, ist doch auch bei uns sehr wenig bis selten zu erleben, dass Menschen von ihrer Erfahrung der Nähe Gottes sprechen. Warum auch immer. Sicherlich aber auch darum, weil „Worte des Herrn selten geworden“ sind. Ich habe immer wieder den Eindruck, ER kommt nicht „durch“. Vielleicht trauen wir uns nicht zu erzählen, hinzuweisen. Und ja, das ist auch riskant (ich erzählte am letzten Sonntag davon). Dabei ist das so entscheidend und wichtig!
Im Evangelium hörten wir davon, wie die ersten Jünger auf Jesus aufmerksam gemacht wurden: Zuerst wies Johannes der Täufer zwei zukünftige Jünger auf „das Lamm Gottes“ hin und dann erzählten sie selbst und ermöglichten so die Begegnung mit Jesus. „Er führte ihn zu Jesus“ (Joh 1, 42), heißt es von Andreas, der seinen Bruder Simon auf Jesus hinwies, aus dem dann Petrus wurde. Wenn wir Jesus finden und treffen, dann werden wir erst wir selbst, dann entdecken wir, wer wir sind, was für Möglichkeiten in uns stecken und wozu ER uns im Reich Gottes berufen will. Dafür sind wir doch geschaffen worden!
In diesen Wochen wird in vielen unserer Kirchorte das „Ewig Gebet“ begangen. Da geht es letztlich genau darum: Die Begegnung mit Jesus zu ermöglichen, Sein Sprechen mit jedem und jeder. In dieser Monstranz, in dem unscheinbaren Stück Brot. „Rede, denn dein Diener hört“ (1Sam 3,9) – ermutigen wir uns dazu. Gerade auch die jungen Menschen. Sprich mit Ihm und du wirst entdecken, dass Seine Stimme in dir gar nichts Fremdes ist. Du kennst sie und hast es vielleicht gar nicht für möglich gehalten, dass ER es wirklich ist.
- Ich möchte dazu ausdrücklich ermutigen. Und gleichzeitig einladen, keine Erwartung damit zu verbinden, ob das unserer Gemeinde zu mehr Wachstum verhilft oder nicht. Gott hat Seine Pläne mit uns, Seiner Kirche. ER ist und bleibt ihr treu und bestimmt ihre Gestalt.
Als Samuel ein alter Mann geworden ist, muss er trotz aller Mühe, die er aufgewendet hatte, um das Volk wieder näher an den Herrn zu führen, erleben, dass das Vertrauen in den Herrn nicht gewachsen ist: Das Volk will einen König, so werden, wie die anderen Völker auch (vgl. 1Sam 8,5ff.). Auch die eigenen Söhne Samuels sind korrupt geworden. Das alles macht es allerdings möglich, dass ein König, David, erscheint, aus dessen Stammbaum dann der Messias kommen wird.
Vertrauen wir einfach darauf, dass ER mit und durch uns handeln wird. Machen wir einander auf Ihn und Seine Gegenwart aufmerksam, auf Seinen Wunsch, mit jedem ins Gespräch zu kommen.
Die Lampe Gottes ist noch lange nicht erloschen!
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns zur Freude eines Lebens in Seiner Gemeinschaft einlädt, bitten wir:
- Der Priester Eli ermutigte den jungen Samuel, der Stimme Gottes zu antworten: Mach uns als Kirche und hier in der Gemeinde aufmerksam dafür, wie Du gerade Kindern und Jugendlichen Deine Nähe anbieten möchtest, um sie in ihrem Leben zu begleiten.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Johannes der Täufer machte auf Dich aufmerksam: Hilf allen Getauften, die Begegnung mit Dir zu suchen und so gerade diejenigen auf Dich hinzuweisen, die nach Sinn und Orientierung fragen.
- Du hast die beiden Jünger gefragt, was sie suchen. Hilf uns, unserer Suche nach Erfüllung Raum zu geben und Dich so immer besser kennenzulernen.
- Du bist gekommen, um Krankheiten zu heilen, Dämonen auszutreiben und die Frohe Botschaft zu verbreiten. Lass uns diesen Auftrag voller Freude und Zuversicht in Deinem Namen erfüllen.
- Schenke unseren Verstorbenen Angehörigen, Freunden und denjenigen, an die keiner mehr denkt, die Erfüllung ihrer tiefen Sehnsucht nach Dir.
Du bist ein Gott, der uns ruft, der das Ziel unserer Sehnsucht ist.
Dir sei Dank und Ehre, jetzt und in Ewigkeit,
Amen.