Shalom und Sündenvergebung: Ein bleibender Auftrag


Die verschiedenen Texte am 2. Sonntag der Osterzeit des Lesejahres C finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,
seit April 20213 steht dieses Bild auf meinem Schreibtisch: Es zeigt Papst Franziskus, wie er am Boden kniet und in einem Gefängnis einem jungen Strafgefangenen nach der Fußwaschung den Fuß küsst. Kurz nach seiner Wahl feierte der Papst damals die Gründonnerstagsliturgie nicht im Lateran, seiner Kathedrale, sondern in einem Gefängnis. Warum er gekommen sei, wurde er damals von Gefangenen gefragt. Er habe kommen müssen, so antwortete er. Und auch vor 1 ½ Wochen ließ er sich noch in das nahe am Vatikan gelegene Gefängnis „Regina Coeli“ fahren. Dieses Bild verbindet sich für mich mit dem Auftrag Jesu an seine Jünger – an uns, die wir Ihm nachfolgen wollen -, den ER ihnen nach der Auferstehung am Ostertag gab: „Shalom“ ist Sein Gruß; Er zeigt ihnen die durchbohrten Hände und die Seite und Er gibt Ihnen nach der Geistsendung den Auftrag, die Sünden zu erlassen.
Das ist Sein Auftrag. Darum geht es. Der Auftrag ist so einfach und schlicht – und doch alles verändernd. Das Bild des Papstes erinnert mich daran:
- „Shalom“, Frieden. In der Bibel bedeutet es eine neue Weise der Gemeinschaft untereinander, die die Frucht der Versöhnung, der Gemeinschaft mit Gott ist. Als Jünger Jesu versuche ich, diese Haltung einzunehmen. Es ist nicht leicht, manchmal scheint es unmöglich, diese Gemeinschaft mit einem anderen zu leben – aber im Vertrauen auf Gottes Kraft, kann, darf ich nicht aufgeben. Papst Fanziskus hat das nicht nur den Gefangenen gezeigt: Du, ihr seid nicht aus der Sorge Gottes herausgefallen. ER nimmt euch an, ER möchte Gemeinschaft mit euch. Als Christ, in der Nachfolge Jesu, bin ich so für andere ein „sichtbarer Christus“! Eine unglaubliche Würde, ein unglaublicher Anspruch – und ich merke immer mehr, wie sehr ich Christus in mir noch Raum geben muss, damit ich Seinen Frieden vermitteln kann.
- „Sündenvergebung“ – es ist tragisch, dass dieses Wort bei uns beinahe zu einem Unwort geworden ist. Denn das, was es meint, ist das Zentralwort, um Jesu Sendung zu verstehen. Ganz am Anfang steht bei Johannes: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (1,29). Dafür ist ER gekommen. Sünde: nicht eine einzelne Handlung, sondern eine Haltung. Es ist die Verweigerungshaltung des Menschen: nicht vertrauen; nicht sein wollen, wie Gott es mir wünscht; nicht leben, wie es der Schöpfungsordnung entspricht. Das hat Konsequenzen: Vom Chaos in der Welt bis zur inneren Zerrissenheit des Einzelnen. Dazu hat Gott die Welt nicht geschaffen, die Gott gewollt hat: „Es war sehr gut!“ (Gen 1,31) Dieses „Sehr gut“ wird wiederhergestellt, bis in die kleinsten Verästelungen des Lebens hinein. Darum geht es. Am Ende Seines irdischen Weges beauftragt Jesu, dies in Seinem Namen zu tun: vergebt die Sünde; helft den Menschen, Ja zu sagen, seine Verweigerung, sein Nein, seine Traurigkeit zu zerbrechen. Ein Teil davon wird im Sakrament der Versöhnung lebendig, aber es geht um mehr, um viel mehr. Der Papst, am Boden kniend drückt aus: auch wenn du dich selbst hasst, nicht verzeihen kannst – du bist geliebt! Hör auf mit deinem Nein, versuche ein Ja. Mit einfachen Worten sagte er das damals in seiner Predigt.
Wir sind gerufen, in der Nachfolge Jesu diese Versöhnung, diese Vergebung, dieses Er-lösen vom eigenen Nein anzubieten, zu verkünden. Es beginnt mit uns selbst – aber es darf dabei nicht stehen bleiben. Es ist immer Jesus, der die Sünde vergibt: ER ruft aus dem Tod – und das ist das Nein zum Leben! – ins Leben zurück. Wie bei Lazarus. Aber ER bittet uns, wie damals bei Lazarus, dabei zu helfen, dass die Binden, die Lazarus noch festhielten, zu lösen. Helfen wir einander, frei zu sein: das geht nur mit Christus!
- Und ein Letztes gehört dazu, vielleicht ist das auch für uns das Schwerste: Wie Jesus die eigenen Wunden nicht zu verbergen, uns verletzlich zu zeigen.
Jedes Mal, wenn ich einen dieser Orte betrete, frage ich mich: Warum sie und nicht ich?
Der Papst an diesem Gründonnerstag zu Journalisten
Papst Fanziskus zog es zu den Schwachen, den Gefangenen, Alten und Kranken, dort brauchte er keine Fassade aufrechtzuerhalten, er konnte sein, wie er auch ist, war: schwach, krank, alt, sündig …
Vielleicht ist das sogar die größte Wohltat nach Ostern: die Wunden nicht mehr zu verbergen.
Danke, Franziskus, für Dein Zeugnis eines glaubwürdigen Jüngers Jesu.
Amen.
Herr Jesus Christus, Du zeigst Dich den Jüngern als Auferstandener und sendest sie – und Du sendest uns. Wir bitten Dich:
- Hilf Deiner Kirche und allen Getauften, dass wir Deine Sendung annehmen und so den Menschen das große Geschenk der Versöhnung vermitteln können.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Du bist gekommen, um die Sünde hinwegzunehmen. Schenke uns ein Gespür für die Wirklichkeit der Sünde in unserem Leben und lass uns so Heilung für uns und andere erbitten.
- Du zeigst Dich als Auferstandener mit Deinen Wunden: Hilf uns, die eigenen Wunden anzunehmen und schenke uns den Mut, gerade denen Aufmerksamkeit zu schenken, die Wunden tragen: durch Krankheit, Sucht, Scheitern, Einsamkeit, Not und eigene Schuld.
- Sei in diesen Wochen den in Rom anwesenden Kardinälen mit Deinem Geist des Rates nahe, damit sie den erkennen und wählen, der Deine Kirche als Papst führen soll.
- Wir bitten Dich für Papst Franziskus: nimm ihn auf in das Reich, das Du ihm und allen unseren Verstoreben verheißen hast.
Wie Thomas bekennen wir Dich als unseren Herrn und Gott, der in der Einheit mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
