Neubeginn – oder: mich durch den Segen tragen lassen?


Liebe Schwestern und Brüder,
gestern Abend habe ich mit Ihnen auf das vergangene Jahr zurückgeblickt: ich fragte danach, ob der gute Hirte des Psalms 23 tatsächlich ein so guter Hirte war. Heute, zu Beginn des neuen Jahres, möchte ich den Blick nach vorne richten. In der Lesung aus dem Buch Numeri wird uns zu Neujahr der Segen des Aaron überliefert: Segen heißt „benedire“, etwas Gutes sagen. Das möchte ich mit Ihnen tun: gleich zu Beginn das Neue Jahr mit einem Segenszeichen versehen:
- „Der Herr segne dich und behüte dich“ - Ich kann die kommenden Monate sorgenvoll, mit Skepsis erwarten, oder mit der Haltung der Zuversicht: mit der „Blickrichtung zum Himmel“: Der Emmanuel, der Gott-mit-uns wird mit und bei uns sein. Weihnachten will uns nicht verzaubern, sondern verwandeln. Ich möchte die Menschen, Dinge, Ereignisse um mich herum in dieser Haltung auf mich zukommen lassen. Manches wird nicht so sein, wie ich es mir wünsche, wie ich es erwarte oder erhoffe – das heißt nicht, dass nicht der Segen Gottes darauf liegt. Diese Welt dreht sich nicht um mich. Ich bin ein Teil von ihr und als Christ daran beteiligt, dass sie zu ihren besten Möglichkeiten geführt wird. Für mich persönlich kann das nach einem Nachteil aussehen – aber nur dann, wenn ich den Blick auf den verliere, der mich behütet, der mich auf dem Weg begleitet, der mich zu meinen besten Möglichkeiten führen will.
- „Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig“ – dieses Segenswort spricht von einem mütterlichen Bild Gottes: So, wie eine Mutter sich über die Wiege beugt und das Kind anstrahlt und sich darin aller Schutz und alle Liebe ausdrückt, leuchtet Gottes Gesicht über mir. Was für eine unglaubliche Vorstellung! Dieser Gott wird mir zeigen, dass ER mich liebt. So kann ich ganz anders in die Zukunft gehen als mit dem unbestimmten Gefühl der Ungewissheit. ER sagt auch zu mir – wie wir es in diesen Tagen so oft in der hl. Schrift aus dem Mund der Engel hörten – „Fürchte dich nicht!“ Nein, das meint nicht ein Überbehütet-Sein und dass ich mir auf keinen Fall die Knie aufschürfen werde – es meint, dass ich in allem getragen und begleitet bin. Im Corona-Jahr 2020 wurde unsere ganze Gesellschaft mit der Tatsache konfrontiert, dass wir sterblich sind. Für nicht wenige war das ein Schock. Hier in unserer Kirche: machen wir die Augen auf! Wenn wir unsere Gebete sprechen – machen wir die Ohren auf! Gott hütet und behütet, egal, was kommt. Und ER wird dann auch mein Leben „heim“ führen. Zu einem Zeitpunkt, den ich nicht kenne und vor dem ich keine Angst zu haben brauche. Denn ER lässt Sein Angesicht über mir leuchten!
- „Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden“ – wenn Gott mir Seinen Frieden schenkt, dann kann dieser Friede auch von mir ausgehen! Ich möchte es mir zu einem Anliegen machen, dass Gottes Segen und Frieden durch mich erfahrbar wird. Gerade auch gegenüber denjenigen, denen ich mit Vorurteilen begegne, mit Reserviertheit und dem einen oder anderen Gedanken der Vergeltung. Gottes Segen über mir ist gleichzeitig auch eine Aufgabe, ein Dienst, ein Auftrag. Gerade im vergangenen Jahr konnten wir sehen, wie sehr dieser Segen nötig war und wie sehr er auch gefehlt hat. Hier sehe ich persönlich eine ureigene Aufgabe der Christen: unsere Welt zu einem Erfahrungsort von Gottes Gegenwart zu machen.
Unser Leben bekommen wir nicht durch die Impfung zurück – denn es war uns nie genommen! Was wir sahen: welch unterschiedliche Vorstellungen und Entwürfe von Leben es in unserem Land gibt. Ich will da gar nicht in eine Konkurrenz gehen, aber ich möchte auch nicht damit hinter dem Berg halten, was mich als Christ trägt.
Ich bin davon überzeugt, dass solche Zeuginnen und Zeugen des Glaubens auch heute – gerade heute – sehr gebraucht werden und Orientierung geben können: Was zählt, worauf kommt es an und vor allem: was trägt?
In diesem Jahr auf jeden Fall und ausdrücklich: Sein Segen! Amen.
Fürbitten
Herr Jesus Christus, Du selbst bist es, der mit uns in dieses neue Jahr geht. Wir bitten Dich:
- Lass uns als Menschen leben, die durch die Botschaft des Weihnachtsfestes ermutigt werden, Dir und Deiner Gegenwart unter uns Menschen den Weg zu bereiten.
(Christus, höre uns - Christus, erhöre uns)
- Lass Deine Kirche nicht müde werden, immer wieder neu danach zu fragen, was in Deinem Namen in dieser Welt zu tun ist und gerade denen beistehen, die am Rande leben und leicht vergessen werden.
- Schenke den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft gerade in den kommenden Monaten die Bereitschaft, ihr Planen und Handeln vor Dir zu verantworten und dem Wohl der Weltgemeinschaft zu dienen.
- Stärke all diejenigen, die den Kranken und Sterbenden beistehen; denjenigen, die sich in unseren Altersheimen den Menschen widmen: Lass durch sie spürbar werden, wie nahe Du jedem bist.
- Schenke den Verstorbenen des vergangenen Jahres Gemeinschaft mit Dir und lass die Hinterbliebenen aus der Begegnung mit Dir Dankbarkeit und neue Lebensfreude schöpfen.
Du bist das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende, der Du mit dem Vater und dem Heiligen Geist lebst und uns liebst in alle Ewigkeit. Amen.
