Menschen retten – oder: Orientierung in Zeiten der Wahl
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Die Texte am 5. Sonntag des Jahreskreises des Lesejahres C, die Lesung (Jes 6, 1–2a.3–8 und 1 Kor 15, 1–11) und das Evangelium (Lk 5, 1–11), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
wofür stehen sie, die Parteien, die sich zur Wahl stellen? Wer sich in diesen Tagen Gedanken macht, wo am 23. Februar das Kreuz bei der Bundestagswahl gemacht wird, sollte wissen, wofür sie steht, die Partei. „Habe ich schon immer so gemacht!“, kann eine Begründung sein. Aber reicht die aus? Stehe ich hinter einem Programm, kann ich es verantworten, dass auch durch meine Unterstützung Gesetze formuliert werden, die als solche Konsequenzen für uns alle in diesem Lande haben werden? Wählen zu gehen ist eine der tragenden Säulen der repräsentativen Demokratie, es ist ein Grundrecht eines freien Bürgers. Ich wähle den, dem ich zutraue, uns alle am besten zu repräsentieren. Dafür muss ich wissen, wofür sie steht, die Partei, die ich wähle. In meiner persönlichen Erinnerung ist es lange her, dass eine Bundestagswahl mit so vielen Erwartungen, Befürchtungen und Ängsten verbunden war, wie es jetzt der Fall ist. Da steht etwas auf dem Spiel.
Wofür steht sie, die Botschaft Jesu? Das ist – gerade in diesen Wochen! – keine nebensächliche Frage. Wer sich als Christ auf den Weg machen will, sollte wissen, wohin dieser Weg führt. Der sollte wissen, wer Jesus ist – Gottes Sohn – und was Er für eine Botschaft in diese Welt brachte. Diese Botschaft ist nicht „kuschelig“, denn für sie wurde ER gekreuzigt. Das Christentum in der Spur Jesu bringt etwas in Bewegung, setzt sich ein, bringt eine Farbe in die Welt. Vor 1700 Jahren wurde diese Botschaft auf dem ersten großen Konzil in Nicäa bei Konstantinopel in die Worte des Credo gefasst. Wie setzen wir diese Worte in der Spur Jesu heute in Taten um?
Das eben gehörte Evangelium berichtet uns von der Berufung der ersten Jünger. Es erzählt uns aber auch davon, wozu sie berufen wurden – und werden:
Zunächst hören wir, wie das Volk in Scharen zusammenkommt, da es „das Wort Gottes“ hören will. Da ist ein Hunger nach einem Wort, das trägt, das mehr sagt als andere. Menschen strömen deswegen zusammen. Was genau Jesus sagt, wird von Lukas an dieser Stelle nicht erzählt. Was allerdings genau berichtet wird (von allen drei synoptischen Evangelisten, also Matthäus, Markus und Lukas): der konkrete Auftrag, den die ersten Jünger bekommen! Er lautet: „Von nun an wirst du – werdet ihr – Menschen fangen“. Die Übersetzung fängt nicht genau das ein, womit das Original spielt: Da ist natürlich einmal das Bild des Fischers, der erst Fische, dann Menschen fängt. Aber das Wort, das für „Menschen fangen“ benutzt wird, ist eben nicht das, was für „Fische fangen“ gebraucht wird. Es heißt: „retten“, ans Leben fangen. Die Fische wurden vom Leben in den Tod gefangen, um dem Menschen als Nahrung zu dienen. Die Menschen hingegen sollen aus dem Tod in das Leben hinein gerettet, gefangen werden, in das Leben mit Christus, in die Gemeinschaft mit Gott. Nur da ist Leben zu finden. Und in der Gemeinschaft mit Gott ist das Leben schon hier ein anderes, es bekommt eine andere, eine unterscheidbare Farbe. Dies zeigt sich in Worten, Gesten, Taten und grundsätzlich in der Haltung. Dies zu ermöglichen ist der Dienst, der Auftrag der Jüngerinnen und Jünger Jesu.
Dabei dürfen sich die Jünger auch genau darauf verlassen, wozu sie Jesus konkret ruft. Untermalt wird dies im heutigen Evangelium durch den vergeblichen bzw. wunderbaren Fischfang. Eigenes Bemühen führt trotz bester Anstrengungen nicht zum Erfolg. Aber dort, wo etwas ausdrücklich auf das Wort Jesu unternommen wird – auch wenn es uns unmöglich oder fragwürdig erscheint – wird es gelingen.
Menschen fangen, Menschen retten – zur Begegnung mit Christus hin. Und dieser Christus hat eine konkrete Gestalt, eine konkrete Meinung und Haltung. Wir kommen Ihm auf die Spur, wenn wir uns in die Evangelien vertiefen und diesen Christus dann anderen anbieten. In dieser Haltung gilt es für die Jüngerinnen und Jünger dann auch, Antworten auf aktuelle Fragen zu finden – und dafür Seine Nähe und das Gespräch mit IHM zu suchen. So gesehen zeigt uns die Botschaft Jesu immer einen Weg nach vorne, in ein verheißenes Land. Rückschau halte ich als Christus nur, um daraus zu lernen.
Wofür steht sie, die Botschaft Jesu? Mit dem Evangelium in der Hand und dem Bemühen, Ihm auch heute zu folgen, stelle ich mich den Herausforderungen dieser Zeit. „Von jetzt an sollt ihr Menschen fangen“.
Wofür stehen sie, die Parteien in dieser Wahl?
Amen
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns Menschen in seine Nähe ruft, wollen wir bitten:
- Wir beten als Deine Kirche für die, die wie die Menschen damals am See von Galiläa Hunger und Durst nach Deinem Wort haben: Gib dich ihnen auch durch uns zu erkennen.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Schenke uns wie den Jüngern damals die Erfahrung, dass im Hören auf Dein Wort und Deinen Auftrag die Welt in Deinem Sinne neu gestaltet werden kann.
- Wir bitten Dich für alle, die Du in Deine Nachfolge berufen hast: Lass sie auch in schweren und scheinbar fruchtlosen Zeiten auf Deine Begleitung und Weggemeinschaft zählen.
- In diesen Wochen bitten wir Dich um den Geist der Besonnenheit, der uns und unserem Land hilft, eine Regierung zu wählen, die dem Menschen und der Schöpfung dient.
- Wir bitten dich für unsere Toten: lass an ihnen Deine Verheißung in Erfüllung gehen und tröste die, die am Grab eines nahen Menschen trauern.
Denn Du bist ein Gott, der uns in seine Nähe ruft. Dir sei Dank, jetzt und in Ewigkeit.
Amen.
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