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Loslassen und vergeben

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore an Silvester 2022 (Lesejahr A)
Loslassen und vergeben
Loslassen und vergeben
Frisch und voller Tatendrang oder bereits ausgebrannt nach Silvester? Wer "ballert" den heutzutage noch… schon wegen des Klimas und der Brandgefahr sollte man solche Traditionen vielleicht loslassen. Es gibt auch so genug was man sich vergeben könnte… © meineresterampe auf pixabay.com

Die Texte an Silvester im Lesejahr A, die Lesung (1 Joh 2, 18-21) und das Evangelium (Joh 1, 1-18), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Die in der Predigt zitierten Stellen (Eph 4, 24-5,2) aus dem Brief an die Epheser finden Sie online z.B. beim ERF Bibleserver.

Liebe Schwestern und Brüder,

immer wieder, wenn in den letzen Tagen und Wochen davon die Rede war, dass die Pandemie nun vorbei sei und die entsprechenden Schutzmaßnahmen nun fallen könnten, muss ich an ein Wort des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn denken, der zu Beginn der Pandemie sagte, dass wir uns am Ende dieser Zeit viel zu vergeben haben werden (22.4.2020 im Dt. Bundestag).

Ich erinnere hier daran, weil ich die Befürchtung habe, dass es wieder nicht geschieht: dass wir als Gesellschaft eine Krisenzeit erlebt haben, eine Herausforderung, eine Grenzsituation und am Ende versuchen, einfach wieder den Alltag zu leben. Das ist viel zu oft geschehen: Nach dem letzten Krieg, nach dem Mauerfall, dem „Ossi-Wessi-Konflikt“ in unserem Land – nie wurde danach innegehalten und ein wirklicher Neuanfang gewagt. Ein Neuanfang, der nicht nur äußere Trümmer beseitigen will, sondern sich auch den seelischen Wunden stellen muss. Mich schmerzt zudem, dass wieder einmal die Kirche sich nicht rührt, um ihren ureigensten Auftrag zu leben: der Versöhnung zu dienen!

- Während der Pandemie gab es viele Verwerfungen: Freundschaften zerbrachen; der Kollegenkreis entfremdete sich; Corona-Leugner und Übervorsichtige lebten in verschiedenen Galaxien; Nachbarn wurden bei der Polizei angezeigt, da sie sich angeblich nicht an die Lockdown-Auflagen hielten. Erkrankte wurden nicht nur isoliert, ihnen wurde Mitmenschlichkeit versagt. Auch ich habe einige Erfahrungen gemacht, die ich nicht einfach vergessen kann: die mich enttäuschten, verletzten, Distanz haben aufbauen lassen.

All das gilt es anzuschauen – und darüber zu sprechen. Das ist nicht nur psychologisch gesehen wichtig. Gerade als Christen sind wir einem anderen Miteinander verpflichtet – wenn wir diesen Namen „Christ“ zu Recht tragen möchten!

Im Epheserbrief heißt es: „Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gotte geschaffen ist“ (4,24). Das bedeutet: Keine Lüge, kein Zorn, dem Teufel keinen Raum geben, kein böses Wort, keine Bitterkeit, Wut, Geschrei, Lästerung – und:  vergebt einander, „weil auch Gott euch durch Christus vergeben hat!“ (4,32).

- Ich kann hier im Rahmen dieser Feier und dieser Predigt nicht weiter auf dieses Thema eingehen, möchte darauf aber in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder zurückkommen, da es hier nicht um eine Nebensache geht: um ein versöhntes Miteinander!

- Heute Abend, am Ende eines Jahres, kann in die Betrachtung der Vergebung auch das einfließen, was uns als Kirche und Gemeinde belastet, was uns in den Streit und oft auch in die Entfremdung führt. Dem Teufel wäre nicht besser gedient, als wenn hier unüberbrückbare Gräben aufgeworfen werden würden! Der Streit selbst ist nicht schlimm, im Gegenteil: Schon die Apostelgeschichte erzählt uns, wie es im Ringen um die Wege der jungen Gemeinde auch Streit geben kann. Wie er dann allerdings geführt wird, ist entscheidend.

- Am Ende des Jahres schaue ich auch an, was in mir unversöhnt ist, wo ich um Vergebung bitten könnte oder sollte – und wo ich selbst eine solche Vergebung anbieten kann. Möglicherwiese ist das jetzt noch nicht möglich. Aber ich kann hier und heute, gleich vor dem Allerheiligsten, einen Vorsatz fassen: „Herr, gib mir die Bereitschaft und die Kraft, Deinen Weg der Versöhnung zu gehen. Erneuere Deine Welt und Deine Kirche und fange bei mir an. Schenke mir den Mut zum ersten Schritt, lass mich Maß nehmen an Dir, der Du Dich klein gemacht hast, um einem jeden von uns nahe zu kommen. Du bittest mich, dass Weihnachten nicht folgenlos an meinem Leben vorbeiziehen möge und ich möchte Dir heute Abend meine Bereitschaft schenken, den neuen Menschen anziehen zu wollen – den Menschen, der nach Deinem Bilde geschaffen wurde. Du traust mir und uns viel zu – und heute möchte ich es wagen, damit neu Ernst zu machen und der Vergebung Raum zu geben. Einer Vergebung, die dem Leben dient und uns alle einander näher bringt. Lass mich so in das Neue Jahr gehen und vollende Du selbst, was ich Dir heute versprechen möchte“.

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

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