"König und Herr - oder: Jesus, denk an mich"


Liebe Schwestern und Brüder,
wie konnte es dazu kommen: Heilen, Trost spenden, aufrichten; dem Tod entreißen, mit Gott versöhnen; zur Nachfolge einladen, als Rabbi angesehen und so als Hoffnungszeichen verehrt zu werden, um dann verlacht und verhöhnt, verspottet und zum grausamsten und demütigendsten Tod verurteilt zu werden, den die Antike kannte?!
In der Kirche fühlen nicht wenige ganz Ähnliches: Da galt für sie die Kirche als Heimat, als Schutzraum; da konnten wir uns mit ganz anderer Zuversicht den Stürmen des Lebens stellen; da gab es immer wieder das Vorbild einiger, die uns ermutigten, in unserem Bemühen um die Heiligung des Alltags und unseres Lebens nicht nachzulassen – und dann finden wir uns wieder in einer Situation, in der wir verlacht, beschimpft und verhöhnt werden und wir uns beinahe noch dafür rechtfertigen müssen, dazu zu gehören.
Natürlich – und da möchte ich nicht falsch verstanden werden – ist es ein Unterschied, wenn Jesus beseitigt wird, weil andere ihre Macht bedroht sehen, und demgegenüber die Kirche verspottet wird, weil sie Macht missbraucht hat. Dennoch ist die Kirche – und das sollte in all dem nicht verloren gehen oder übersehen werden – auch der „Leib Christi“ und ER das Haupt. Sie versteht sich nicht einfach als Institution, sondern möchte Jesu Handeln in dieser Welt sichtbar machen. Dabei geschah und geschieht auch weiterhin unglaublich viel Gutes.
- Als „König“ wurde Jesus von vielen gesehen. Als König der Juden. Selbst die eigenen Jünger wollten sich in diesem Titel sonnen, baten Ihn um besondere Ministerposten, wenn es denn endlich soweit sein und ER in Jerusalem Seine Herrschaft antreten würde. Bis dahin teilten sie gerne das Leben eines unbehausten Wanderpredigers, denn sie konnten sich ausmalen, was danach auf sie zukommen würde. Immer wieder wird in den Evangelien erzählt, wie Jesus versuchte, sich diesem Anspruch zu entziehen – und Er spürte, wie andere vor Ihm, dem „König“ Respekt, Achtung und Angst hatten. Dabei wollte Er doch als Bruder kommen!
All das brach zusammen, als sich die Schlinge um Jesus zuzog. Jesus als Messias und König, Religion als Machtinstrument – all das war nicht Seine Sache! Und als all das schließlich zusammenbricht, schildert uns Lukas eine unglaubliche Szene: Die Szene, in der ein verurteilter Verbrecher Jesus einfach mit Namen ohne jeden Titel anspricht und Ihn um das Paradies bittet. Am Ende – das erste Gebet an Jesus!
Dismas wird der Gute Schächer in der Tradition genannt. Er weiß, dass er Unrechtes getan hat. Aber der, der neben ihm hängt, ist unschuldig, der hat da nicht zu hängen. Er tut es aber dennoch. Jesus ist ganz unten angekommen – und genau dafür gekommen, dass auch die Hoffnung haben, die kein Anrecht darauf mehr haben könnten.
Als Kirche verlieren wir rasant vieles von dem, was uns als Prestige und Zeichen der Macht in den letzten Jahrhunderten zufiel, was Kirche angehäuft hat. Ich bin mir sicher: Genau das wird dazu führen, dass wir als „Leib“ dem „Haupt“ ähnlicher werden, ja dass wir Ihm besser entsprechen können. Es wird eine Kirche werden, die weniger macht und vor allem keine Macht hat, aber eine Kirche, durch die das verwandelnde Handeln Gottes sichtbar wird. Eine Kirche, in der sich die aufgehoben fühlen, denen die Vorliebe Jesus galt und gilt. Macht, Titel und Ehren vertragen sich damit nicht gut. Das müssen wir jetzt alle noch schmerzlich lernen – aber es wird heilsam sein.
Dann wird wieder neu – so wie einmal am Anfang – etwas davon sichtbar und spürbar sein, was die Menschen in dieses „Reich Gottes“ gelockt hat und was die Präfation heute so schön ausdrückt: Das Reich der Wahrheit, in dem es nicht um Recht-haben geht; das des Lebens, in dem Menschen befreit und angstfrei aufatmen können; das Reich der Heiligkeit, das mich einlädst, ganz der zu sein, der ich bin; ein Reich der Gnade, da wir alle begreifen, dass wir das Wesentliche im Leben eh nur geschenkt bekommen können; ein Reich der Gerechtigkeit, die mehr meint, als sein Recht zu bekommen; ein Reich der Liebe, die unser Markenzeichen sein sollte und dann eben auch das Reich des Friedens, das dort einzieht, wo der Mensch Gott und den Nächsten wie sich selbst liebt.
Jesus, hilf uns, dass wir so werden, wie es Dir und Deinem Heilsplan dient.
Amen.
Fürbitten
Herr Jesus Christus, Du rufst uns in Dein Reich. Wir bitten Dich:
- Lass uns die Wahrheit Deiner Gegenwart durch unser Leben glaubwürdig bezeugen.
Christkönig - wir bitten Dich, erhöre uns.
- Lass diejenigen, deren Leben schwer geworden ist, erfahren, dass Du ein Gott bist, der das Leben liebt.
- Schenke besonders den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Achtung vor der Heiligkeit des Lebens.
- Lass uns erfahren, dass Deine Gnade gerade dann in uns wirksame wird, wenn wir selbst unsere Schwachheit bekennen und annehmen.
- Mach Deine Kirche in unserer Welt zu einem glaubwürdigen Zeugen dafür, dass Gerechtigkeit immer mit Liebe verbunden ist.
- Lass unsere Verstorbenen in dem Reich des Friedens wohnen, zu dem wir alle unterwegs sind.
Du wirst dem Vater das Reich übergeben, in dem er mit Dir und dem Heiligen Geist lebst und herrscht in alle Ewigkeit. Amen.
