Kirche St. Valentinus und Dionysius
Kurzinformation
Kiedrich BASILICA MINOR
St. Valentinus und Dionysius und St. Michaelskapelle.
BAUGESCHICHTE
Erste karolingisch-romanische Kirche (um 1050?), dem hl. Dionysius geweiht, ist durch Fundamentfunde belegt.
Gotische Kirche erbaut nach 1300 bis 1380 auf den Fundamenten der romanischen Kirche. Erhalten sind die Seitenschiffe.
Schenkung von Reliquien (Schädelreliquie) des hl. Valentin von Kloster Eberbach im frühen 14. Jh. führte zu einer großen Wallfahrt nach Kiedrich. Er wurde dadurch der Hauptpatron der Kirche neben dem hl. Dionysius. Reliquien und Valentinusbüste auf dem Hochaltar. Patronat ab 1490: St. Valentinus u. Dionysius.
Der hl. Valentin wird verehrt als Patron der "fallenden Krankheiten" (Epilepsie und andere schwere Krankheiten) aber auch der Liebenden, der Brautleute und der Jugend. Die Wallfahrt nach Kiedrich wuchs ab 1454 stark an.
Die notwendige Erweiterung der St. Valentinuskirche (1460 bis 1493) beginnt mit dem großen Chorbau. Das großartige zweifache Sterngewölbe des Chors wurde 1481 fertiggestellt.
Die anschließende Erweiterung des Langhauses in eine Emporenhalle, wird 1493 abgeschlossen. Baumeister-Wappenschilder, mit den entsprechenden Jahreszahlen und Meisterzeichen des sehr wahrscheinlichen Baumeisters Wolfgang Tenc, belegen dies in den Gewölben.
INVENTAR
Fast vollständiges Inventar der Zeit um 1500 vorhanden. Sie wird deshalb das "Schatzkästlein der Gotik" genannt, auch weil man die Gotik nicht nur im Bau sehen, sondern auch in einem gotischen Dreiklang hören kann, in einer nur hier erhaltenen Sonderform der Gregorianik, im Spiel der spätgotischen Orgel und im Klang der mittelalterlichen Glocken.
Kiedricher Madonna, geschaffen um 1330 (auf einer Stele mittig unter dem Lettner).
Kreuzigungsgruppe um 1520 im Triumphbogen mit dem Corpus, von Peter Schro (Backoffenwerkstatt); die trauernde Maria und Johannes (Riemenschneiderwerkstatt) und den Engeln (Zukauf aus Nürnberg?).
Hochaltar entstand 1612 durch Johann Frieß als Grab-altar des Caspar zu Eltz ? 1619.
Johannesaltar geschaffen vor 1500 vom "Meister mit dem Brustlatz" mit Johannes dem Evangelisten, dem Täufer und Anna Selbdritt im nördlichen Seitenschiff.
Katharinenaltar als Grabaltar der Familie von Schwalbach von 1620 im südlichen Seitenschiff.
Margarethenaltar mit Skulpturen um 1450 auf der nördlichen Empore.
Marienaltar um 1480 auf der südlichen Empore.
Lettner wurde 1863/64 von Sir John Sutton wieder errichtet, bei Verwendung von Originalteilen (um 1493) des ursprünglichen Lettners.
Sakramentshaus geschaffen nach 1481 wurde neugotisch mit teilweise Originalteilen 1869/70 wiederaufgebaut.
Kanzel von 1493 aus Sandstein sechseckig ausgeführt, mit dem Stifter-Wappen des Johann Knebel von Katzen-elnbogen sowie der Jahreszahl 1493 und dem Steinmetzzeichen von Wolfgang Tenc.
Chorgestühl mit Tierfiguren entstand um 1490 von einem unbekannten Künstler.
Laiengestühl gefertigt 1510 von Erhart Falckener aus Abensberg in Bayern in Flachschnitttechnik mit zahlreichen Inschriften und floralen Darstellungen. Es ist ein äußerst seltenes vollständig erhaltenes gotisches Volksgestühl. (Falckener auch in Bechtolsheim/Rheinhessen.)
Fenster im nördlichen Seitenschiff entstanden größten-teils im 14. Jh., in der Sakristei um 1490, im südlichen Seitenschiff und im Chor 1870-78 gestiftet durch Sir John SUTTON 3. Baronet und geschaffen von den flämischen Glasmalern Jean de Bethune und Joseph Osterrath (Gent/B).
Orgel entstand um/nach 1500, zählt zu den ältesten spielbaren Deutschlands mit ca. 950 Pfeifen, davon ca. 80% alter Bestand; historische Spielanlage mit kurzer Oktav, mitteltönige Stimmung, 21 Register. Instandgehalten wurde sie von mehreren Kiedricher Orgelbauergenerationen.
Dank dem Wohltäter der Kirche, dem englischen Baronet Sir John Sutton, wurde die Orgel zwischen 1858 und 1860 in Brügge/B von Louis-Benoit Hooghuys instand- gesetzt, und die mächtigen Flügel des Prospektes wurden von dem Historienmaler August F. Martin beidseitig bemalt. Die grundlegende Restaurierung, 1985 bis 1987, durch Orgelbau Kuhn (Zürich/CH) sicherte den Bestand.
Orgelpositiv (Tragorgel, im Chor) 17. Jh., aus Flandern, mit 5 Registern und mitteltöniger Stimmung war ein Geschenk Suttons an den Pfarrer Zimmermann.
Glocken im Turm erklingen in der Tonlage: f´ (1389), c´ (1513), e´ (1513), d´ (1868); im Dachreiter: 15. Jh.
AUF DEM KIRCHHOF
Kreuzigungsgruppe innerhalb einer spätgotischen Maßwerkgalerie, sicherlich von dem ursprünglichen Lettner der Basilica minor. Die Schächer stammen aus der Backoffen-Werkstatt, das Kruzifix von 1622.
14 Kreuzwegstationen entstanden 1877 bis 1880 im Atelier von H. H. Cypers und Stolzenberg in Roermond/NL, während der Kulturkampfzeit (Bismarck- und Falkdarstellung in der 5. Station). Sie wurden von Sir John Sutton (13 Stationen) und der Fürstin Sophie zu Löwenstein gestiftet.
Grabplatten zwischen den Kreuzwegstationen stammen aus der Kirche (vom 15. bis 17. Jh.)
Grabkreuze vom 17. und 18. Jahrhundert.
Grabstätte Sir John SUTTON 3.Baronet (Kirchhof-Nord) ? 1873 in Brügge/B und 1974 nach Kiedrich umgebettet. Sir John Sutton war der größte Wohltäter Kiedrichs.
KAPELLE ST. MICHAEL
Der Erzengel Michael gilt als Geleiter der Toten in die Ewigkeit. Die ihm geweihte Kapelle hat im Untergeschoss einen Karner (Beinhaus).
Die St. Michaelskapelle wurde vermutlich von Nicolaus Eseler dem Älteren geplant und von seinem Vater Peter Eseler in den Jahren 1434 bis 1444 erbaut und zählt zu den berühmtesten spätgotischen Bauten am Rhein.
Besonderheiten: Durchbrochener steinerner Turmhelm, Außenkanzel zum Predigen an den Valentinus-Wallfahrtstagen, Chörlein (Chorerker) an der Ostseite; innen Netz- und Sterngewölbe, doppelseitige Madonna von Peter Schro um 1520 (Backoffenschule) im siebenarmigem eisernen Leuchterkorb (geschaffen 1512 vom Kiedricher Schmied Clesgin Spengler).
Die St. Michaelskapelle ist von April bis Oktober täglich von 10.00-18.00 Uhr geöffnet.
CHORALHOCHAMT
In diesem Gottesdienst singen die "Kiedricher Chorbuben", Buben, Mädchen und Männer aus der Gemeinde, unter Leitung des Chorregenten Gregorianischen Choral in der Notation und Form des "Gotisch-Germanischen Dialektes", hier in der Alt-Mainzer Fassung. Diese musikalische Sonderform wird regelmäßig nur noch in Kiedrich gepflegt und ist seit 1333 nachgewiesen.
Gottesdienste: am 1. Sonntag des Monats ein Deutsches Amt, das Choralhochamt um 09.30 Uhr am 2., 3. und 4. Sonntag. Aktuelle Info. auf der Homepage, oder im Zentralen Pfarrbüro Eltville oder in der Kontaktstelle Kiedrich.
Chormuseum: dort befinden sich handgeschriebene und gedruckte Notenbücher aus fast acht Jahrhunderten. Öffnung: nach Voranmeldung.
Kiedricher Chorbuben
Suttonstr. 1, D-65399 Kiedrich, Tel. 06123-2810, Fax 06123-794773
Mail: info@kiedricher-chorbuben.de
Internet: www.kiedricher-chorbuben.de
Die Kiedricher Ortskirche St. Valentinus und St. Dionysius wurde am 29. Juni 2010, am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus, von Papst Benedikt XVI. zu einer BASILICA MINOR erhoben.
Literatur, Postkarten, Tonträger und sonstige Info
von der Kirche und ihren Kunstschätzen sowie CDs und Musikkassetten von Orgel und Chor können während der Öffnungszeiten in der Kirche, im Geschäft Krechel, Marktstraße 18, und sonntags nach dem Hochamt am Verkaufstisch in der Kirche erworben werden.
Kirchenführungen:
Sonntags im Anschluss an das Hochamt (kostenfrei, mit der Bitte um eine Spende zum Erhalt der Basilica St. Valentinus) - nach Vereinbarung.
Führungen an Werktagen nur nach Vereinbarung (E-mail), auch mit Orgelanspiel (Kosten nach Rücksprache)
Anmeldung bei:
Kath. Pfarrei St. Peter und Paul Rheingau, Kirchort Kiedrich, Marktstr. 26, D-65399 Kiedrich,
Tel. 06123-7037740 (Bürozeit Kiedrich: Mo. 15.00-16.00 Uhr, Do. 10.30-12.30 Uhr)
Mail: pfarrei@ peterundpaul-rheingau .de
Internet: www.peterundpaul-rheingau.bistumlimburg.de
W. Kremer