Kiedricher Tradition lebendig halten
Kiedrich braucht Menschen, ...
... die eine Jahrhunderte alte Tradition weiter lebendig halten und in die Zukunft tragen.
Diesem Ziel hat sich ein Freundeskreis der Kiedricher Wallfahrt und der St. Michaelskapelle verschrieben, für den weitere Mitwirkende gesucht werden, die sich dort ganz nach ihren Interessen, Möglichkeiten und ihrem verfügbaren Zeitbudget einbringen können.
Kiedrich als Ganzes hat ein reiches materielles und immaterielles Kulturerbe, das Generationen von Vorfahren geschaffen, erhalten und über Jahrhunderte hinweg gepflegt haben. Ein besonders reiches Vermächtnis, wie man leicht feststellen kann, wenn man sich mit der spannenden Vergangenheit des gotischen Weindorfs befasst. Über Jahre wurden mit hohem finanziellen Aufwand und großem Engagement vieler Beteiligter die Basilica minor St. Valentin und die St. Michaelskapelle restauriert, beide Kirchen erstrahlen nun in neuem Glanz. Doch warum hat Kiedrich dieses herausragende Kirchenensemble, das für diesen ländlichen Ort überdimensioniert und vom Anspruch her ein städtisches Bauwerk, vergleichbar mit der St. Leonhard-Kirche in Frankfurt am Main, ist?
Mit der Reliquienschenkung ...
... des Klosters Eberbach fing es an.
Entscheidend für den gotischen Neubau der Pfarrkirche sei die ins frühe 14. Jahrhundert zu datierende Schenkung der Schädelreliquie des heiligen Valentin gewesen, berichtet Werner Kremer in seinem lesenswerten Buch „Sterne des Himmels“, das die Baugeschichte und die Steinmetzzeichen von St. Valentin beschreibt. „Ein um die Ruhe seines Klosters besorgter Abt von Eberbach gab sie nach Kiedrich, wo sich bald eine im deutschsprachigen Bereich beliebte Wallfahrt zu diesem Patron der Fallsüchtigen (Epileptiker) entfaltete“, erläutert Kremer weiter. Diese große Zahl an Pilgern machte nicht nur eine ausreichend große Kirche nötig. Der Bau der St. Michaelskapelle (1434-1444) war ebenfalls – neben der Verwendung des Untergeschosses als Beinhaus – der Nutzung für das rege Wallfahrtsleben geschuldet. Der Ort profitierte in verschiedenster Art und Weise von dieser Bautätigkeit und der Wallfahrt. So florierte nicht nur das kirchlich-geistliche Leben, sondern auch Handwerk, Gewerbe, Gastronomie- und Beherbungsbetriebe und mithin die gesamte Bevölkerung ganz unmittelbar.
Seltene Einheit von immateriellem ...
... und materiellem Kulturerbe.
Den Erhalt von Michaelskapelle und Kirche mit einer der ältesten noch spielbaren Orgeln Europas verdanken die Kiedricherinnen und Kiedricher ihrem Wohltäter Sir John Sutton (1820-1873). Der reiche und gebildete Kunstmäzen stammte aus einem alten englischen Adelsgeschlecht und verliebte sich auf einer Rheinreise im Jahr 1857 nachgerade in das gotische Schatzkästchen Kiedrich. Seiner Chorstiftung verdanken wir es außerdem, dass der im Jahre 1313 erstmals urkundlich erwähnte Lateinische Choralgesang im germanischen Dialekt bis heute gepflegt wird.
Wallfahrt und Kiedricher Choraltradition verbinden sich hier mit zwei besonderen und in ihrer Bedeutung herausragenden Gotteshäuser zu einer seltenen Einheit von immateriellem und materiellem Kulturerbe.
Pflege der Tradition bedeutet nicht, die Asche zu bewahren, sondern das Licht voranzutragen. In diesem Sinne hat der Ortsausschuss am Kirchort Kiedrich einen
Freundeskreis zur Erhaltung, Pflege und Gestaltung der Kiedricher St. Valentinus-Wallfahrt und regelmäßigen Nutzung der renovierten St. Michaelskapelle
ins Leben gerufen. Wer mit dabei sein möchte oder noch weitere Informationen benötigt, kann sich bei Diakon i.R. Hans-Jürgen Siebers melden: Tel. 06123 4611 oder eMail HJ.Siebers@ gmx .de.
Lars Christian Kink