Im Kreuz ist Heil


Die Texte am 24. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Sir 27, 30 – 28, 7 und Röm 14, 7–9) und das Evangelium (Mt 18, 21–35), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
„denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende“ (Röm 14,9) – so hieß es eben in der 2. Lesung. Das Kreuz steht in diesen Wochen im Rheingau in einem besonderen Licht: „LICHT.reich“ ist die Ausstellung überschrieben und drei unserer Kirchen sind daran beteiligt. Das Kreuz als Ausstellungsstück?
- Das Lichtkreuz in Eltville hing am vergangen Donnerstag noch keine zwei Stunden, da kam am Ende des Gottesdienstes ein Gemeindemitglied aufgeregt auf mich zu: „Was halten Sie von dem Plastikkreuz? Soll das da wirklich hängen?“. Und bevor ich richtig antworten konnte, meinte er: „Holz! Es muss aus Holz sein! Christus ist am Holz gestorben!“ Ich spürte, wie bewegt er war. Gut, dachte ich, endlich kommen wir ins Gespräch; ins Gespräch über das Kreuz! Ins Gespräch über das zentrale Symbol unseres Glaubens.
Was ist es uns wert? Sehen wir es überhaupt noch? Dass es negativ wahrgenommen wird, sehen wir daran, dass es im öffentlichen Raum verschwinden soll. Dort wird es keinesfalls als Dekorationsartikel gesehen, sondern als Ausdruck der Religion: des Christlichen!
- In der Vergangenheit konnte man hierzulande in der Verkündigung oft den Eindruck haben, dass christliches Leben und Handeln daran gemessen wird, inwieweit wir uns am Wort Jesu orientieren: die Bergpredigt, die Gleichnisse, Seine Aufforderung zur Vergebung, zur Feindesliebe. Dabei schnitten und schneiden die meisten von uns schlecht ab! Christentum wurde so mehr und mehr als etwas Moralisches verstanden. Die Folge: Viele wandten sich ab – und der Rest hörte gar nicht mehr wirklich zu.
„Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende“.
Als ich mich in diesem Sommer wieder neu mit dem Hl. Franziskus beschäftigte, wurde mir deutlich, wie zentral die Gestalt des Gekreuzigten für ihn war: Zu Beginn erhielt er vor dem Kreuz von San Damiano den Auftrag „Bau meine Kirche wieder auf!“ Er lebte aus einer unmittelbaren Freundschaft zu Jesus Christus – und als Freund nahm er dessen Wort ernst. Aber Franziskus wollte noch mehr: Er wollte das Anliegen Jesu und vor allem das, was es Ihn gekostet hatte, mittragen und dabei so eng wie möglich mit dem Freund verbunden sein. Dabei ging es nicht einfach darum, dem Evangelium nur wortgetreu zu folgen, sondern der inneren Haltung seines Freundes nahezukommen. Dies geschah, als er in der Nacht zum 14. September 1224 (Kreuzfest!) auf dem Berg La Verna die Wundmale Christi empfing. Was ihn zwei Jahre lang bis zu seinem Tod körperlich leiden ließ, erfüllte ihn zugleich mit tiefem innerem Frieden.
- Die Lichtkreuze des Künstlers Ludger Hinse, die wir in unterschiedlicher Gestaltung in diesen Wochen im Rheingau sehen können, und die das Licht in so wunderbarer Weise brechen, sind in der Weise schön, da sie für mich diese Freude des Hl. Franziskus widerspiegeln:

Das Leid, der Schmerz, die Dunkelheiten der Existenz sind Teil unseres Lebens. In der radikalsten Weise ausgedrückt durch unsere „klassischen“ Kreuze. Nach dem Hebräerbrief wollte Christus uns in allem gleich sein (vgl. Hebr. 4,15) – gerade auch in dem, was viele von uns an Gott zweifeln und verzweifeln lässt. Auf vielen Kreuzen (wie hier bei uns in Eltville) ist ER mit geöffneten Augen zu sehen:

Es sind die Augen der Auferstehung! „Dein Leiden, Dein Sterben können Dich nicht von mir trennen“, so könnte es der Herr jedem von uns zusagen, „lass mich im Leiden Dein Freund sein – Du bist es auch in der Auferstehung!“ Denn: „Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende“.
Dies lässt mich im Leid nicht verzweifeln, nicht die Hoffnung verlieren. Das Licht des Lebens wird durch das Leid nicht verdunkelt – es wird „gebrochen“ und erstrahlt in einer Würde und Schönheit, wie es ohne das Kreuz Jesu niemals zu erkennen wäre.
So hat der Mann, von dem ich anfangs sprach, zutiefst recht: Das Kreuz mit dem Gekreuzigte ist notwendig – nur so wird unsere Not gewendet, nur so strahlt Licht in die Dunkelheit des Leidens.
„Denn Christus ist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende“.
Amen.
Herr Jesus Christus, Du bist gestorben und lebendig geworden, um Herr zu sein über Tote und Lebende. Dich bitten wir:
- Stärke diejenigen, die durch Leiden, Schmerz und Dunkelheit in ihrem Leben keine Hoffnung mehr sehen und an Dir und Deiner Nähe zweifeln. Lass sie die Macht Deiner verwandelnden Nähe erfahren.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Lass uns glaubwürdig davon Zeugnis geben, dass Du selbst gerade da an und in uns wirken kannst, wo wir unsere Ohnmacht und unser Versagen annehmen und durch Dich verwandeln lassen.
- Hilf Deiner Kirche, die Botschaft der Vergebung glaubwürdig zu verkünden und die Menschen zu ermutigen, die Freiheit, die die Vergebung schenkt, zu leben.
- Wir bitten Dich für diejenigen, die in den letzen Wochen Opfer von Naturkatastrophen: Lass sie auch durch die Solidarität der Weltgemeinschaft Dein Sorgen um sie erkenne.
- Lasse all unsere Toten in der Gemeinschaft leben, in die Du uns rufen möchtest (heute bitten wir Dich für..).
Gütiger Gott, Dein Sohn ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, ER, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und uns liebt in alle Ewigkeit.
Amen.
